Die wohl ungewöhnlichste Verhandlung des Verwaltungsgerichts
Kampenwand-Showdown vor dem Klo: Was passiert mit der Seilbahn?
Kommt die neue Seilbahn oder nicht? Darüber wurde am Fuße der Kampenwand zwischen Toilette und Kassenhaus vor den Vertretern des Bayerischen Verwaltungsgerichts verhandelt. Bei der Klage des Bund Naturschutz gegen die erteilte Baugenehmigung sah die Richterin zwei große Probleme.
Aschau im Chiemgau – Dass eine mündliche Verhandlung außerhalb des Bayerischen Verwaltungsgerichts München stattfindet, ist eigentlich schon außergewöhnlich genug. Einen ungemütlicheren Ort zur Besprechung der Klage des Bund Naturschutz gegen die erteilte Baugenehmigung einer neuen Seilbahn hätte man sich allerdings wohl kaum aussuchen können.
Am Eingang zur 65 Jahre alten Kampenwandbahn, zwischen Toilette, Zigarettenautomat und Ticketschalter, quetschten sich alle Beteiligten unter das Vordach, um dem strömenden Regen zumindest halbwegs zu entkommen. Statt eines Tischs gab es einen Fenstersims, statt einer Robe mehrere Schichten Pullover und Regenmäntel.
Richterin verschafft sich einen Überblick
Der Grund für diese ungewöhnliche Szenerie wurde erst im Laufe der Verhandlung klar: Die Vorsitzende Richterin Elisabeth Zollner-Niedt wollte sich selbst ein Bild von der potenziellen neuen Bahn machen, die der Geschäftsführer Eric Zbil so gerne hätte und die vom Rosenheimer Landratsamt bereits genehmigt wurde. „Dabei ist das genau genommen gar kein Neubau, sondern eher die wohl radikalste Änderung an einer Seilbahn”, meinte Zollner-Niedt.
Statt den traditionellen Gondeln mit jeweils vier Sitzplätzen soll eine moderne, rund 20 Meter breite Seilbahn entstehen, die den Durchlauf an Kunden künftig verdreifachen könnte. Statt 450 Personen pro Stunde könnten theoretisch bis zu 1530 Besucher hinauf- beziehungsweise herunterfahren.
„Zu viel” findet der Bund Naturschutz, der deswegen Klage gegen die erteilte Baugenehmigung vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht einlegte. Der wachsende Besucherdruck, insbesondere durch die geplanten Sonderfahrten, würden demnach Flora und Fauna extrem schaden. Insbesondere das in der Gegend ansässige Birkhuhn kam bei der Verhandlung immer wieder zur Sprache. „Die Population des Huhns wäre in ihrem Bestand überregional gefährdet”, ist Lisa Eberlein, Rechtsanwältin und Vertreterin des Bund Naturschutz, überzeugt.
Ist das Birkhuhn gefährdet?
Auch die Richterin sah nach der Besichtigung beim Thema Birkhuhn durchaus „ein mögliches Problem, vor allem in der ersten Jahreshälfte“. Dann nämlich haben die Hühner ihre Paarungszeit und ziehen anschließend ihren Nachwuchs groß. Zu viele Menschen rund um die Bergstation könnten das Tier in dieser Zeit gefährden. Der Vertreter des Bahnbetriebes, Rechtsanwalt Dr. Christian Teuber, wies jedoch darauf hin, dass es nur zu einer Störung kommen würde, wenn die Leute vom vorgegebenen Weg abweichen. Was aber gerade im Hinblick auf die Sonderfahrten bei diversen Festen auf der Sonnenalm nicht der Fall sein dürfte.
Das zweite Problem von Zollner-Niedt war die eventuell notwendige Rodung von sogenannten Naturwaldbeständen. Ihre Sorge mit Blick auf das auf dem Fenstersims ausgebreitete Kartenmaterial: „Wir können auf den Plänen nicht erkennen, was wo genau gerodet werden soll.” Wenn also aufgrund der deutlich breiteren Gondeln ein Stück Naturwald auf einem Grundstück des Freistaates durchkreuzt werden würde, kann der Bahnbetreiber laut der Richterin die Bäume dort nicht einfach umhauen. „Ohne einen genauen Plan geht da gar nichts”, meint Zollner-Niedt.
Naturwald als mögliches Problem
Bei den abschließenden Stellungnahmen versicherte Anwalt Teuber, nachweisen zu können, dass die Seilbahn keinen Naturwald touchiert und kündigte einen Schriftsatz dazu an. Mit Blick darauf und dem „nicht sehr kurzen Protokoll” schloss die Richterin die Verhandlung vor der Kampenwandbahn mit dem Hinweis, dass sich eine Entscheidung wahrscheinlich bis in die kommende Woche ziehen werde.
„Eine mündliche Verhandlung ist dann nicht mehr notwendig.” Alle Beteiligten werden schriftlich darüber informiert, wie das Gericht geurteilt hat. Und: Ob die Klage gegen die Baugenehmigung der Kampenwandbahn erfolgreich war. Wahrscheinlich nicht zuletzt aufgrund der äußeren Bedingungen, waren alle Parteien damit einverstanden, ein weiteres Zusammentreffen zu dem Thema erst einmal auszuschließen.