Kreisgruppe Rosenheim sieht Probleme im Neubau
Bund Naturschutz droht mit Klage: So reagieren das Landratsamt und der Betreiber der Kampenwandseilbahn
Der Bund Naturschutz will gegen den Neubau der Kampenwandseilbahn klagen. Das sagen der Betreiber, das Landratsamt, Landrat Otto Lederer und der Initiator einer Petition gegen den Neubau dazu.
Aschau/Rosenheim – „Noch mehr Menschen auf der Kampenwand schaffen noch mehr Probleme“, steht in der Pressemitteilung der Kreisgruppe Rosenheim des Bund Naturschutz.
Die neue Bahn sei in der Lage, in der gleichen Zeit mehr als dreimal so viele Menschen auf die Kampenwand zu transportieren. Besonders an Wochenenden und Feiertagen erwarte der Bund Naturschutz daher eine zunehmende Überlastung des Gebiets.
Konfliktpotenzial wegen Radfahrern?
Ermöglicht die neue Bahn den Transport von Mountainbikes auf den Berg, befürchtet Kreisgruppen-Vorsitzender Rainer Auer, dass „es Konflikte zwischen den Wanderern und den abfahrtsorientierten Radfahrern“, geben könnte. Eine Kampenwand als Downhillpiste sei unter allen Umständen zu vermeiden. Auch wegen der Sonderfahrten seien die Mitglieder besorgt, weil das den Wunsch nach mehr Party- und Eventveranstaltungen auf der Sonnenalm dokumentiere.
Gleichzeitig sei der Verkehr zum Parkplatz an der Talstation problematisch. „Die Gäste reisen fast alle mit dem Pkw an“, heißt es in der Mitteilung. Es werde eine weiter steigende Verkehrsflut durch Aschau befürchtet. Darüber hinaus sorge sich der Bund Naturschutz um den Wald an den Hängen der Kampenwand. In der Bauphase müssten Teile des Schutzwaldes gefällt werden: „Mit völlig ungeklärten Folgen, insbesondere bei den zunehmenden Starkregenereignissen!“
Es gibt noch keinen konkreten Plan
Alle Stimmberechtigten votierten bei der Jahreshauptversammlung für die juristische Überprüfung des Sachverhalts durch einen eigenen Rechtsanwalt. „Es gibt noch keinen konkreten Plan, sodass wir ein Datum nennen könnten, wann wir klagen“, sagt Vorsitzender Auer. Vorerst werde der Anwalt des Bund Naturschutz auf Landesebene die juristische Situation bewerten und weitere Schritte planen. Womöglich mit der juristische Vertretung der Bürgerinitiative „Rettet die Kampenwand“.
Mögliche Zusammenarbeit mit Bürgerinitiative
„Wir sind uns da ziemlich einig und würden deshalb auch diesen Schulterschluss nutzen“, sagt Auer. Eine Zusammenarbeit mit der Initiative schließe er nicht aus. Eine Klage sei zeitaufwendig und teuer. Den Versuch wolle der Bund Naturschutz nur unternehmen, wenn entsprechende Aussichten bestehen. Ob das der Fall ist, werde kommende Woche geklärt.
Die Bürgerinitiative „Rettet die Kampenwand“ mit über 6500 Unterstützern wird dem Bund Naturschutz nach Angaben von Initiator Peter Weimann aktiv zur Seite stehen. Der Neubau der Kampenwandseilbahn sei ein weiterer Schritt zum Ökozid der bayerischen Natur und Heimat. Angesichts des Klimawandels und den Starkregenereignissen sollte Weimann zufolge jedem klar sein, dass solche Projekte nicht mehr zu verantworten sind. „Sie stehen im krassen Widerspruch zur Nachhaltigkeit und zum Naturschutz“, sagt der Initiator.
„Regional orientiert, familiär und kleinmaßstäblich“
Das sieht der Betreiber der Kampenwandseilbahn anders, wie ein Sprecher mitteilt: „Die Bahn ist mittlerweile über sechzig Jahre alt und bedarf deshalb der Erneuerung. Erhalten bleibt die Fahrstrecke, erhalten bleibt aber vor allem der Charakter der Bahn, und das heißt: Die Kampenwandseilbahn ist auch in Zukunft regional orientiert, familiär und kleinmaßstäblich.“ Bei dem Neubau handle es sich um das „ökologisch verantwortungsbewusste Projekt eines mittelständischen Familienbetriebs aus der Region.“
Die neuen Gondeln seien die kleinsten auf dem Markt verfügbaren Modelle, sie könnten auch Fahrgäste mit Mobilitätseinschränkungen befördern. Die geringfügig höhere Kapazität werde die Wartezeiten verringern.
Zudem müssten nur vereinzelt Bäume für ein „temporäres Transportsystem für das Baumaterial“ gefällt werden. Da es sich um einen Schutzwald handelt, bleiben die Wurzeln dem Sprecher zufolge im Boden und sichern so den Hang. Die Fläche wachse anschließend wieder zu und werde nach Ansicht von Fachleuten schon nach wenigen Jahren nicht mehr von der umliegenden Natur zu unterscheiden sein.
Anzahl der Sonderfahrten soll sich nicht ändern
Die tägliche Betriebszeit der Bahn bleibe von 9 bis 18 Uhr. Auch bisher fahre die Bahn nach dieser Zeit, um das Personal der Sonnenalm nach Feierabend ins Tal zu befördern. Dies gelte auch für Gäste, die an Familienfeiern teilnehmen. An zwei Terminen im Jahr herrsche traditionell langer Betrieb bis 3 Uhr morgens: an Sonnenwende und Silvester. Diese Sonderfahrten seien vom Landratsamt genehmigt. „Ihre Zahl bleibt gegenüber heute unverändert“, versichert der Sprecher. Die tatsächliche Zahl der Fahrten richte sich nach der Nachfrage der Gäste. Im Jahr 2019, dem letzten Jahr des uneingeschränkten Betriebes, fanden an 80 Tagen Sonderfahrten statt.
„Die Kampenwandseilbahn hat am Straßenverkehr in Aschau einen Anteil im einstelligen Prozentbereich, der künftige Zuwachs, so sich denn überhaupt einer einstellt, wird kaum messbar sein“, entgegnet der Sprecher der Kampenwandseilbahn. Entsprechend sei der Parkplatz an der Talstation ausreichend und bleibe vollumfänglich nutzbar. Die Kampenwandseilbahn sei auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.
„Gute Chancen“ für den Betreiber
Der Bescheid zum Neubau wird Landratsamt-Sprecher Michael Fischer zufolge derzeit erstellt. Es bestehe noch Klärungsbedarf in Detailfragen, zu denen noch Rückmeldungen, auch von externen Stellen, fehlen. Daher könne er noch nicht sagen, wann der Bescheid erlassen werden kann. „Die Chancen auf einen positiven Bescheid stehen jedoch gut“, sagt Fischer.
Zum Beschluss der Mitgliederversammlung der Kreisgruppe Rosenheim des Bund Naturschutz sagt Landrat Otto Lederer: „In einem Rechtsstaat ist es selbstverständlich, dass das Handeln der Verwaltung auch juristisch überprüft werden kann und das ist gut so. Dieser Weg steht natürlich auch den Mitgliedern des Bund Naturschutz offen.“
