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„Aktuelle Situation sehr unternehmerfeindlich“

Ist im Handwerk bald „Feierabend“? So geht es Betrieben in den Regionen Rosenheim und Traunstein

Bild links: Ein Haus wird gebaut. Doch aktuell gehen die Aufträge dafür im Handwerk zurück. Was heißt das für die Zukunft der Branche? Rechts oben: Rudi Schiller, Kreishandwerksmeister in Rosenheim. Rechts unten: Gerhard Kotter, Kreishandwerksmeister Traunstein
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Steigende Kosten, Materialknappheit, Fachkräftemangel. Und jetzt gehen auch noch die Aufträge im Handwerk zurück. Was heißt das für die Zukunft der Branche?

Das Handwerk hat mit vielen Problemen zu kämpfen. Betriebe blicken in eine düstere Zukunft. Ist die Folge, dass wir bald mehr auf Handwerker verzichten müssen? Welche Bereiche es in den Landkreisen Rosenheim und Traunstein besonders trifft, und wo das Handwerk Unterstützung braucht.

Rosenheim/Traunstein – Steigende Kosten, Materialknappheit, Fachkräftemangel. Handwerksbetriebe in Bayern haben zu kämpfen. Und jetzt gehen auch noch die Aufträge zurück. Darauf machte Franz Xaver Peteranderl, Präsident des bayerischen Handwerkstages, aufmerksam.

Ist das auch in der Region so? Rudi Schiller, Kreishandwerksmeister in Rosenheim, erklärt, dass die Auftragslage bei vielen Handwerksbetrieben für das Jahr 2023 gut bis befriedigend eingeschätzt wird. Im Bauhauptgewerbe teilen sich jedoch die Unternehmen des Landkreises in zwei Bereiche auf. Zum einen die Betriebe, die Ihren Schwerpunkt in der Modernisierung haben: „Sie verzeichnen keinen Rückgang“, erklärt Schiller.

2024 Verschlechterung erwartet

Anders sehe es jedoch bei Unternehmen aus, die hauptsächlich im Bereich Neubau arbeiten. Sie haben einen Einbruch zu verzeichnen. Schiller begründet das damit, dass in den Landratsämtern die Baugenehmigungen im Wohnbau um etwa 35 Prozent gesunken seien. „Das wirkt sich natürlich auch auf die Unternehmen im Handwerk aus“, sagt Schiller. Vor allem Betriebe, die größere Wohnbauprojekte ausführen, sehen die Situation sehr angespannt. Ursachen seien die Preissteigerungen in allen Bereichen, die gestiegen Kosten für Kredite, „und natürlich verunsichern die Krisen um uns herum“.

Gemischt ist es auch im Landkreis Traunstein. Andreas Weinzierl, Obermeister der Schreiner-Innung Traunstein, berichtet, dass die Auftragslage nicht zurückgehe. Auch bei den Metzgern sei die Auftragslage stabil. „Trotz Inflation ist die Kundschaft treu geblieben“, sagt Hans Reiter, Obermeister der Metzger-Innung Traunstein-Berchtesgadener Land. Dennoch betont er, dass der Personalmangel im Verkauf ein großes Problem darstelle. „Das geht sogar so weit, dass die Geschäfte gezwungen sind, teilweise am Nachmittag oder einen ganzen Tag zu schließen.“

Anders im Bauwesen. „Die Aufträge gehen zurück, da die Rahmenbedingungen für unser Gewerk negativ sind“, klagt Hans Peter Kaindl, stellvertretender Obermeister der Bau-Innung Traunstein-Berchtesgadener Land. Und dabei zählt er die Probleme Fachkräftemangel oder die Zinssituation auf, aber auch, dass es keine verlässlichen Rahmenbedingungen durch die Bundesregierung gebe.

Besonders schwer treffe es im Landkreis Traunstein den Bereich Sanitär, wie Josef Pflügl, Obermeister der Sanitär-Innung Traunstein mitteilt. „Der Bereich Sanierung ist bei einem Rückgang von 80-90 Prozent quasi tot, gerade beim Thema Heizung, Holzheizung und thermische Solaranlagen“, sagt Pflügl. Zudem seien Kunden verunsichert beim Thema Wärmepumpen. So habe sich die Auftragslage im Jahr 2023 deutlich verschlechtert, „und 2024 wird es eine extreme Verschlechterung geben“.

Hier lässt sich ein oberbayernweiter Trend erkennen. Jens Christopher Ulrich, Stabsstellenleiter der Handwerkskammer für München und Oberbayern, bestätigt, dass vor allem Handwerksunternehmen im Wohnungsbau weniger neue Aufträge verzeichnen. Als Grund spricht auch er die hohe Inflation und den Zinsanstieg an. „Die haben dem Wohnungsbau einen herben Dämpfer verpasst. Immer mehr Neubauprojekte werden storniert oder zumindest auf unbestimmte Zeit verschoben“, sagt Ulrich.

Aktuelle Situation „unternehmerfeindlich“

Einige Berufe können auf eine Besserung in der Weihnachtszeit hoffen. Zum Beispiel das Lebensmittelhandwerk, erklärt Rosenheims Kreishandwerksmeister Schiller. Das bestätigt Reiter von der Metzger-Innung Traunstein-Berchtesgadener Land. „Weihnachten wurde schon immer sehr gut eingekauft, genauso wie Sylvester“, sagt Reiter. Im Schreinerhandwerk spiele Weihnachten jedoch keine Rolle, heißt es von Obermeister Weinzierl. Ulrich fügt hinzu, dass eine Besserung auch nur erfolge, „wenn sich die Konsumlaune der Verbraucher wieder bessert“.

Links: Rudi Schiller, Rosenheimer Kreishandwerksmeister. Rechts: Gerhard Kotter, Traunsteiner Kreishandwerksmeister.

Weiter sei die Politik gefordert zu handeln. „Die aktuelle Situation ist sehr unternehmerfeindlich“, betont Gerhard Kotter, Kreishandwerksmeister in Traunstein und dem Berchtesgadener Land. Es brauche weniger Bürokratie. Die Politik solle sich zudem um mehr Unterstützung und Wertschätzung von Unternehmern im Handwerk bemühen. Vor allem, um die Branche für die jüngere Generation attraktiver zu machen. „Denn wir Handwerker sind in den meisten Fällen Familienunternehmen“, sagt Kotter.

Oberbayerischer Stabsstellenleiter Ulrich betont, dass auch die Lohnzusatzkosten sinken müssen, „die liegen mittlerweile bei über 40 Prozent“. Dafür sei die Politik auf Bundes- und EU-Ebene verantwortlich. Ebenso müsse die Politik dringend die Bauwirtschaft wieder ankurbeln. Laut Ulrich sei auch mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz ein wichtiger Grundstein für qualifizierte Zuwanderung gelegt. „Hier müssen nun noch die Verfahren beschleunigt werden.“

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