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Handwerkskammer-Sprecher Jens Christopher Ulrich

Nachwuchsmangel im Handwerk? So dramatisch ist die Lage in Rosenheim

Jens Christopher Ulrich über handwerkliche Berufe
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Jens Christopher Ulrich, Stabsstellenleiter und Pressesprecher der Handwerkskammer für München und Oberbayern, klärt über die Nachwuchssorgen in Rosenheim auf.

Am Samstag (16. September) ist der Tag des Handwerks. Im OVB-Interview erklärt Jens Christopher Ulrich, Stabsstellenleiter und Pressesprecher der Handwerkskammer für München und Rosenheim, wie die aktuelle Lage in Rosenheim ist und was für einen handwerklichen Beruf spricht.

Rosenheim – Während einige Handwerker sich vor Aufträgen kaum retten können, gestaltet sich die Suche nach jungen Nachwuchs schwieriger. Einige Betriebe sprechen davon, dass der Handwerk aussterben könnte. Ob dieser Berufszweig bei der jüngeren Generation unattraktiver wird und wie die Lage in Rosenheim ist, erklärt Jens Christopher Ulrich, Stabsstellenleiter und Pressesprecher der Handwerkskammer für München und Oberbayern.

Wie viele Menschen üben in Rosenheim ein Handwerk aus und wie viele Betriebe gibt es?

Jens Christopher Ulrich: 2022 waren im Rosenheimer Handwerk (Stadt und Landkreis) im Jahresdurchschnitt 24.500 Personen tätig. Der Handwerksanteil an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten betrug 15,3 Prozent. Die Zahl der Auszubildenden über alle Lehrjahre hinweg, lag 2022 bei 2.067. Dabei betrug der Handwerksanteil an allen Azubis 37 Prozent. Die Zahl der Handwerksbetriebe lag im vergangenen Jahr bei 7.311. Der Anteil an allen Unternehmen betrug 19,8 Prozent. Die Zahlen für 2023 gibt es noch nicht.

Man hört immer wieder, dass der Bereich „Handwerk“ Nachwuchssorgen hat. Stimmt das?

Ulrich: Anfang September 2023 haben in Oberbayerns Handwerksbetrieben 6.442 junge Leute eine Ausbildung begonnen. Das ist ein Plus von 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In Rosenheim verzeichnete das Handwerk 567 neue Azubis. Im Vorjahr waren es 598. Von Nachwuchssorgen würde ich daher nicht sprechen. Klar ist aber auch: Das Handwerk bietet derzeit mehr Lehrstellen an, als es besetzen kann. Deshalb sind auch nach Beginn des Ausbildungsjahres noch viele Lehrstellen zu vergeben.

Sind Handwerksberufe für die jüngere Generation „unattraktiver“ geworden?

Ulrich: Das Handwerk ist für junge Leute weiterhin ein attraktiver Wirtschaftsbereich, in dem man schnell Karriere machen kann. Gleichzeitig besuchen immer mehr junge Leute das Gymnasium, um Abitur zu machen und anschließend zu studieren. Ebenso wechseln viele Realschüler nach ihrem Abschluss an die FOS, um die Fachhochschulreife zu bekommen. Auch dadurch gehen der beruflichen Bildung viele junge Leute verloren. Das gilt für die gesamte Wirtschaft.

Was spricht dafür, einen Handwerksberuf zu ergreifen?

Ulrich: Unser Land steht vor vielen großen Herausforderungen – und damit ist nicht nur die Umsetzung der Energiewende gemeint. Um all dies zu schaffen, brauchen wir gut ausgebildete Handwerkerinnen und Handwerker. Diese haben nach bestandener Gesellen- beziehungsweise Abschlussprüfung quasi eine Jobgarantie als Fachkraft. Was unsere Betriebe mit ihren Mitarbeitenden täglich leisten, kann nicht einfach ins Ausland verlagert oder von einer künstlichen Intelligenz erledigt werden.

Und wie könnte man mehr junge Leute für den Handwerk gewinnen?

Ulrich: Indem wir zeigen, wie erfüllend die Arbeit jeden Tag sein kann: Bei uns entstehen dauerhaft nachhaltige Produkte, die man anfassen kann. Das ist im Studium und bei vielen Bürojobs anders. Außerdem müssen wir den Jugendlichen und ihren Eltern aufzeigen, dass man im Handwerk mit einer Aus- und entsprechender Weiterbildung schnell Karriere machen, ein Unternehmen aufbauen oder einen bestehenden Betrieb übernehmen kann.

Werden Handwerksberufe immer noch hauptsächlich von Männern ausgeübt oder ist es mittlerweile ausgeglichener?

Ulrich: Es gibt Handwerksberufe, in denen der Frauenanteil deutlich wächst, dem Maler- und Lackierhandwerk zum Beispiel. Auch im Bäckerhandwerk oder bei den Hörakustikern nimmt der Frauenanteil kontinuierlich zu. Auf der anderen Seite haben wir aber gerade in vielen technischen Berufen Nachholbedarf. Das gilt auch für den Bau, wo die physische Komponente bei der Arbeit dank technischer Hilfsmittel und veränderter Abläufe keine so große Rolle mehr spielt, wie beispielsweise noch vor 15 Jahren.

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