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Riesenraupe des seltenen Schmetterlings gefunden

Hannibal Lecter lässt grüßen: Totenkopfschwärmer in Gärten von Tuntenhausen und Feldkirchen

Gefräßig wie die Raupe Nimmersatt ist auch die Raupe des Totenkopfschwärmers, die Sylvia Gasteiger in ihrem Tuntenhausener Garten entdeckte.
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Gefräßig wie die Raupe Nimmersatt ist auch die Raupe des Totenkopfschwärmers, die Sylvia Gasteiger in ihrem Tuntenhausener Garten entdeckte.

Sorge um eine neue Plage wie den Borken- oder asiatischen Moschusbockkäfer machte sich jetzt Sylvia Gasteiger aus Tuntenhausen. Doch der gefräßige Besucher, den sie in ihrem Garten entdeckte, ist weder eine Plage, noch ist er gefährlich. Er sticht und beißt auch nicht, hat dafür aber eine Tarnkappe und kann wie ein Mäuschen piepsen.

Tuntenhausen – Die Tuntenhausenerin fand auf den Blättern ihrer Kartoffelpflanze eine dicke Riesenraupe mit einer Länge von etwa zwölf Zentimetern. Noch dazu war diese äußert gefräßig, denn, so beschreibt Gasteiger: „Sie hat an einem Tag die kompletten Blätter einer Kartoffelpflanze abgefressen.“

Von Riesenraupe geht keine Gefahr aus

Die Tuntenhausenerin hatte von der Palmrüssler-Plage auf Mallorca gehört, die den Palmenbestand der Insel bedroht. Doch müssen nun auch die Gartenbesitzer und Landwirte im Mangfalltal um ihre Bäume oder Ernte fürchten?

„Von einer Plage der Palmenmotte im Landkreis Rosenheim ist uns nichts bekannt“, erklärt Pressesprecherin Ina Krug nach einer Recherche bei den Experten des Landratsamtes Rosenheim. „Doch einer unserer Gebietsbetreuer hat aufgrund des Bildes der Raupe die Vermutung, dass es sich hier möglicherweise nicht um die Palmenmotte, sondern um die Raupe des Totenkopfschwärmers handeln könnte.“

Kartoffeln und Tomaten sind beliebt

Dies würde nämlich auch erklären, warum die Raupe an der Kartoffelpflanze gefressen hat, da sich Raupen dieser Art von Nachtschattengewächsen ernähren. Die Palmmotte dagegen ernähre sich wirklich „nur“ und ihrem Namen entsprechend von Palmpflanzen.

„Es gibt keinen Grund zur Sorge“, bestätigt auch Biologe Harry Klottig, der Leiter des Naturerlebnis Bruckmühl. Auch er identifiziert die leuchtend-gelbe Raupe als die eines Totenkopfschwärmers: „Er ist äußerst selten bei uns und kommt ab und zu über die Alpen als Wanderfalter“, erklärt er und fügt augenzwinkernd hinzu: „Hannibal Lecter lässt grüßen!“ Denn aus dem Film „Das Schweigen der Lämmer“ ist der Falter mit dem Totenkopf auf dem Rücken gut bekannt. Allerdings bekam er dort keine rühmliche Rolle, denn Serienmörder „Buffalo Bill“ platzierte die Puppe des Falters im Mund seiner Opfer.

Doch welche Rolle spielt der Totenkopfschwärmer Acherontia atropos hier? „Nur eine Gastrolle“, meint Stefan Kattari senior und erklärt: „Der Totenkopfschwärmer ist ein Wanderfalter aus dem Mittelmeerraum. Er ist in unseren Breiten äußerst selten anzutreffen. Nur in sehr warmen Sommern kommen vereinzelt Exemplare bis zu uns. Dann legen sie ihre Eier auf Kartoffel- und Tomatenstauden ab.“

Auf den Feldern sterbe die Brut durch die Spritzmittel gegen den Kartoffelkäfer ab. In Gärten dagegen habe der Nachtfalter bessere Chancen. Deshalb fand nicht nur Sylvia Gasteiger in Tuntenhausen ein Exemplar in ihrem Garten, sondern auch Margit Wohlrab aus Feldkirchen-Westerham. „Die auf dem Foto abgebildete Raupe wird sich in etwa vier Wochen verpuppen“, schätzt Stefan Kattari.

Dieses Exemplar entdeckte Margit Wohlrab aus Feldkirchen-Westerham auf ihrer Terrasse.

Der Grassauer gilt als absoluter Experte, denn schon seit den 1960er-Jahren beschäftigt er sich mit Schmetterlingen aller Art. Die absolute Leidenschaft des 73-Jährigen aber sind nachtaktive Exemplare wie der Totenkopfschwärmer. Sein umfangreiches Wissen teilt Kattari gerade in und mit der Sonderausstellung „Nachtleben im Chiemgau – Spinner, Spanner, Schwärmer und Eulen“. Sie ist im Museum „Salz & Moor“ in Grassau noch bis zum 17. Oktober zu sehen und wurde mit dem Bayerischen Biodiversitätspreis 2022 ausgezeichnet.

Doch welche Überlebenschancen haben die Raupen in Mitteleuropa? „Wenn es zu kalt ist, können sie nicht schlüpfen und sterben in der Puppe. Doch wenn die Temperaturen bis Oktober nicht unter vier Grad gehen, wird der Falter schlüpfen“, ist sich Kattari sicher. Margit Wohlrab hält schon jeden Tag Ausschau, um den geschlüpften Falter mit seiner außergewöhnlichen Zeichnung und der spektakulären Flügelspannweite von bis zu zwölf Zentimetern zu sehen. „Aber das ist außerhalb von Laboren sehr schwierig“, so der Experte.

Raupe gräbt sich ein, Falter kommt raus

„Die Raupe gräbt sich in den Boden ein und bildet einen unterirdischen Kokon. Dann verpuppt sie sich. Der Falter schlüpft aus der Puppe und gräbt sich mit seinen Vorderbeinen aus einer Tiefe von zehn Zentimetern aus der Erde. Unbeschädigt“, beschreibt er das Wunder der Natur.

Ihm selbst ist es erst einmal gelungen, einen frisch geschlüpften Totenkopfschwärmer zu erblicken. „Ich beobachtete, wie sich die Raupe in einer Sand-Torf-Kiste vergraben hatte. Die habe ich im Fußraum des Autos dann mit in den Urlaub nach Kroatien genommen. Und eines Tages saß er dann auf dem Beifahrersitz.“ Kattari hat den Falter sozusagen auf seiner Heimreise ein Stück mitgenommen. „Alle Totenkopfschwärmer kehren zurück in den Mittelmeerraum“, weiß er. „Sie haben eine gute Orientierung und fliegen mit einer Geschwindigkeit von etwa 60 Kilometern pro Stunde.“

Der Totenkopfschwärmer hat noch eine andere Besonderheit, wie Harry Klottig erklärt: „Das erwachsene Tier geht gern in Bienenstöcke und ernährt sich vom Honig. Der Falter wird von den Bienen geduldet, da er anscheinend eine chemische Tarnkappe trägt und damit geruchlos ist.“ Mit seinem kurzen Rüssel durchsteche er die Wabendecken und sauge die Wabe aus. „Wenn er es übertreibt und zu dick wird, kommt er nicht wieder aus dem Bienenstock heraus. Dann wird er doch gestochen und stirbt“, so Kattari.

Ein Tipp vom Experten: „Wer doch einen Totenkopfschwärmer entdecken sollte, kann ihm einen Löffel Honig zur Stärkung anbieten.“ Und vielleicht bedankt er sich dann ja auch mit einem Lied, denn: „Es ist einer der wenigen Falter, die pfeifen können“, sagt Klottig. Und Kattari beschreibt: „Er piepst wie ein Mäuschen.“

Die besondere Maserung hat dem Falter seinen Namen gegeben und ihn zum Filmstar gemacht.

Während der Falter und auch die Raupe aufgrund ihrer farblichen Pracht begeistern, kann die dicke Raupe dem einen oder anderen durchaus auch ein wenig Angst einflößen: „Wie jede Schwärmerraupe hat sie am Ende ein Horn, das furchtsame Menschen für einen Stachel halten könnten“, ist Kattari bewusst.

Doch auch durch ihre intensiven, manchmal ruckartigen Bewegungen verschaffe sie sich Respekt – vor allem bei kleinen Hunden.

„Die Raupe ist ungefährlich, deshalb bitte nicht erschlagen“, mahnt der Experte an. Nicht nur, weil bis auf drei Kohlweißlingsarten alle Schmetterlinge sowie ihre Eier, Raupen und Puppen unter Schutz stehen, sondern vor allem, „weil wir darauf achten müssen, dass die wenigen Exemplare, die wir noch haben, erhalten bleiben“.

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