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Kita-Leiterin 38 Jahre im Dienst Wasserburgs

Sie war zugleich Psychologin und Eheberaterin: Erzieherin Hannelore Meerstein verabschiedet sich

Freut sich nach 38 Jahren im Dienste der Stadt Wasserburg auf den Ruhestand: Hannelore Meerstein, hier bei der Verabschiedung im Stadtrat mit Bürgermeister Michael Kölbl.
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Freut sich nach 38 Jahren im Dienste der Stadt Wasserburg auf den Ruhestand: Hannelore Meerstein, hier bei der Verabschiedung im Stadtrat mit Bürgermeister Michael Kölbl.

Diese Frau hat in Wasserburg Kindergartengeschichte geschrieben: Hannelore Meerstein war 29 Jahre Kita-Leiterin und 38 Jahre im Dienste der Stadt. Ein „kinderreiches“ Leben in einem Beruf, in dem die Pädagogin heute noch viel mehr ist: Psychologin, Erziehungs- und sogar Eheberaterin.

Von Thomas Rothmaier

Wasserburg – „Eigentlich hätte mich die Stadt Wasserburg schon viel früher haben können“, bemerkt Hannelore Meerstein – augenzwinkernd. Nämlich nach einem Pflichtpraktikum in einem der damals noch so genannten „Kindergärten“ der Stadt, Ende der 1970-er Jahre. Doch erst am 1. September 1984 war es dann so weit, nachdem sich der Stadtrat in einer der vorangegangenen Sitzungen für sie entschieden hatte. Zunächst für den Einsatz im Kindergarten (Kiga) Reitmehring. Dann ab April 1993 im neu geschaffenen Kindergarten „Nördliche Burgau“, den der neue Stadtteil gleichen Namens notwendig machte.

Die Erzieherin war oft auch Psychologin

Wobei: Den Kindergarten gab es damals noch gar nicht. Noch vor der ersten Stunde ihres Dienstbeginns hatte Hannelore Meerstein vom damaligen Bürgermeister Dr. Geiger offiziell den Auftrag bekommen, die komplette Einrichtung, samt Fliesen, Möbel, Spielsachen und Teppichen auszuwählen und zu beschaffen. Mit der dreijährigen Tochter im Schlepptau fuhr sie damals von Firma zu Firma, damit der Kindergarten plangemäß am 1. September 1993 eröffnen konnte.

„Sie können das“

„Sie können das“, hatte ihr Altbürgermeister Geiger damals Mut gemacht, ihr gleichzeitig weitestgehende Freiheiten erteilt. Mit 22 Kindern, eingruppig, mit noch einer Kollegin in Teilzeit, ging es an den Start. Zum Vergleich: Im Juli 2022 waren es 87 Kinder, dreigruppig, samt einer Kinderkrippe und 13 Kolleginnen.

Geändert hat sich nicht nur die Kinderzahl, sondern insgesamt Grundlegendes, berichtet Meerstein. Die Bürokratie wurde deutlich herausfordernder, beginnend bei der regelmäßig zu erarbeitenden Einrichtungskonzeption über die Dokumentationsbögen und sonstige Maßgaben des Bayerischen Bildungsplans.

Gleichfalls wurden die Eltern spürbar kritischer, anspruchsvoller und nicht immer umgänglicher. „Es war damals noch nicht so viel Dampf im Kessel wie heute“, so die langjährige Erfahrung. Die Kinder wurden nach ihren Angaben im Laufe der Jahre deutlich verhaltensauffälliger, sprachärmer und gesteuert von Smartphone und Computer-Einflüssen. Nicht zuletzt zu Ungunsten der eigenen Entwicklung und des Sozialverhaltens, so die ehemalige Leiterin.

Daher war Hannelore Meerstein nicht selten die Psychologin, sowohl für die Kinder als auch für die Eltern. Gab Tipps, musste sogar in Einzelfällen als „Eheberaterin“ einspringen. Anspruchsvoll und herausfordernd war das, wie sie bekennt. Dennoch hat sie immer eine „klare Linie“ gesetzt. Und auch nicht selten Dank dafür bekommen. Sowohl bei Eltern, im Team und auch von Seiten der Stadtverwaltung, so die Feststellung.

Stets offen für Neuerungen

Auch die Kindheitspädagogik änderte sich umfassend, verordnet von „oben“, vom Ministerium und den Aufsichtsbehörden. Doch darauf war die Einrichtung stets gut vorbereitet. „Ich habe immer eine Rezeptur von normaler Pädagogik, von Montessori und Waldorf gemixt“, was sich dann auch mit sichtbarem Erfolg bestätigte und Meerstein nach wie vor ein wenig stolz macht. Deshalb waren auch Neuerungen wie „Experimentieren“, „mathematische Bildung“ und „Literary“ keine unmittelbare Herausforderung. „Wir haben uns immer schon im Vorhinein weiterentwickelt“, so Meerstein, „stets mit dem Team“.

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Gerne erinnert sie sich noch an 1996 und die Folgejahre zurück: „Ab da brummte der Laden“, die Anmeldelisten waren mehr als voll. Und so war ein Umzug im Jahr 2002 unumgänglich. Der Kindergarten, der ab 1993 im jetzigen Mehrgenerationenhaus sein Domizil fand, wurde zu klein. Man wechselte über die Straße, in die heutigen Räumlichkeiten am Willi-Ernst-Ring. Sogar die Kinder packten damals mit an, neben Eltern und Großeltern. Und natürlich das Personal. Jede Kiste wurde händisch getragen. Ohne Umzugshilfe. Alles allein. „Es war eine tolle Zeit – mit stets tollem Personal.“

Jüngstes Kind war nur ein halbes Jahr alt

Ab 2002 Jahr gab es für die Kinder dann auch ein warmes Mittagessen. Aus der Mikrowelle. Zunächst für die zehn Prozent, deren Eltern gebucht hatten. Doch das änderte sich schnell. Heutzutage essen 90 Prozent aller Schützlinge in der Kindertagesstätte (Kita), das Essen liefert eine Großküche. Eine Selbstverständlichkeit wurde auch die Ganztagesbetreuung, wobei es in der „Burgau“ bereits davor „Wechselgruppen“ gab. Eltern konnten Betreuungszeiten sowohl für Vor- oder Nachmittag buchen.

2008 hielt die Krippenbetreuung Einzug. Das jüngste bisher zu betreuende Kind war gerade einmal ein halbes Jahr alt. „Es hat bei uns essen, sprechen und gehen gelernt“, so Meerstein. „Unsere Krippe ist eine Familie. Das war mir immer wichtig“. Im gleichen Jahr kam auch die Frühbetreuung ab 7 Uhr.

Mit dem Elternbeirat hatte Meerstein stets ein hervorragendes Verhältnis. Kränze binden in ihrem privaten Wohnzimmer für ein Kita-Fest, die Teilnahme am Nationenfest oder auch die gemeinsame Organisation des alljährlichen St. Martins-Umzuges sind nur einige der Erinnerungen an die nahezu perfekte Zusammenarbeit.

Viel Rückhalt in einem „tollen Team“

Zur rechten Zeit trifft sie auch „Ehemalige“, frühere Schützlinge aus „ihrer“ Kita. Jetzt meist schon erwachsen. Erst kürzlich wollte sie einer zum Essen einladen.

Wenn Kinder aus Migrantenfamilien Bayerisch lernen

Und auch zu den Migranten-Familien hatte sie einen hervorragenden „Draht“, was angesichts der stellenweise 80 Prozent Anteil in der Kita nur von Vorteil war. „Und teilweise ham‘s dann auch bayrisch g‘redt“, wie Meerstein lachend sagt.

Doch: Es gab auch schlimme Zeiten. Besonders, als kurz nach dem fünfjährigen Jubiläum der Einrichtung ihre damals engste Kollegin urplötzlich verstarb. Mit ihr hatte sie die Kindertagesstätte aufgebaut. Der Schmerz sitzt nach wie vor tief.

Dennoch: „Es war für mich eine schöne Zeit. Besonders der Rückhalt im Team“, schwärmt sie.

Im Ruhestand freut sie sich jetzt besonders über das allmorgendliche Ausschlafen. Und darüber, dass sie alle Aufgaben nicht mehr in einem Tag unterbringen muss.

Im Wasserburger Rathaus wird sie aber nach wie vor gern gesehen sein. Wie sollte es nach 38 Jahren anders sein. Nur jetzt als „Gast“.

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