Prozess gegen Mann aus Raum Wasserburg
350 Gramm Marihuana gekauft und trotzdem eine milde Strafe? Das sprach für den Angeklagten
Aus diesen Gründen fällt das Rosenheimer Schöffengericht ein mildes Urteil gegen einen Cannabis-Nutzer – trotz des Besitzes einer großen Menge der Droge
Altlandkreis Wasserburg – Seit Sommer 2020 traf sich ein gelernter Spengler mit einem Drogenhändler bei Wasserburg, um mittels Cannabis seine Schmerzzustände zu bekämpfen, die ihn seit einer früheren Unfallverletzung belasteten. Dabei geriet er mehr und mehr in die Drogenabhängigkeit. „Ich hab damals eben genommen, was zu kriegen war,“ berichtete er vor dem Schöffengericht Rosenheim unter dem Vorsitz von Richter Matthias Knoblauch.
Auf der Kundenliste des Dealers
Dass er hier unter Anklage stand, rührte wie so oft daher, dass sein Dealer (zwischenzeitlich verurteilt) aufgeflogen war und sich bei ihm eine „Kundenliste“ fand, anhand derer die Staatsanwaltschaft nun dessen Kunden ausfindig machen konnte und diese wegen Erwerbs und Besitzes, oder gar „Handeltreibens“ von und mit Betäubungsmitteln anklagte. Weil er noch im August 2021 von seinem Dealer 350 Gramm Marihuana gekauft hatte, unterstellte nun die Strafverfolgungsbehörde, dass er damit Handel getrieben habe. So lautete nun auch die Anklage. Dies bestritt der Angeklagte vehement. Er habe sich einen Vorrat zum eigenen Verbrauch angelegt, um nicht so oft mit dem Dealer in Kontakt treten zu müssen.
Des Weiteren sei er inzwischen von den Drogen losgekommen. Damals habe er seinen Beruf nicht mehr ausüben können und habe sich hilflos den Schmerzen ausgeliefert und ohne Perspektive gefühlt. Das habe letztlich in die Drogenabhängigkeit geführt. Inzwischen habe sich seine Lebenssituation grundlegend geändert. Er sei 2022 nach Köln umgezogen, wo er nun eine erfüllende Anstellung gefunden habe. Dort sei er sogar zum Geschäftsführer aufgestiegen. Mit dieser fordernden Aufgabe im Rücken seien nun irgendwelche Drogen für ihn überhaupt kein Thema mehr.
Staatsanwalt ändert Anklage
Der Staatsanwalt akzeptierte in seinem Schlussvortrag, dass es sich möglicherweise bei dem Angeklagten tatsächlich nicht um einen Dealer gehandelt habe. So änderte er die Anklage auf lediglich Erwerb und Besitz von unerlaubten Betäubungsmitteln, zumal es keinerlei weitere Hinweise auf einen Weiterverkauf der Drogen gegeben hatte. Auch spräche für den Angeklagten, dass er bisher noch nie strafrechtlich belangt worden sei. Es würde sich hier darüber hinaus um einen „minder schweren Fall“ handeln, was den Strafrahmen ebenfalls weiter nach unten schiebe. Deshalb beantragte er eine Gefängnisstrafe von 12 Monaten, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Eine Geldbuße von 2000 Euro würde den Eindruck eines Freispruches verhindern.
Der Verteidiger Rechtsanwalt Alexander Kohut unterstrich den Wert des umfassenden Geständnisses seines Mandanten. Der Tat-Nachweis hätte ansonsten nur sehr schwer, wenn überhaupt geführt werden können. Einen „minder schweren Fall“ hielt auch er für gegeben, was für den bislang unbescholtenen Mandanten eine angemessene Strafe von acht Monaten Haft mit Bewährung bedeuten sollte.
Gericht erteilt Abstinenzweisung
Das Schöffengericht erkannte eine Strafe von neun Monaten Haft für angemessen, setzte diese zur Bewährung aus und erteilte eine Abstinenzweisung die Drogen betreffend, auf dass der Angeklagte dauerhaft von seiner Abhängigkeit loskommen möge.