Aus dem Gerichtssaal
Mit Drogen abkassiert? So fiel das Urteil für einen Mann (26) aus dem Wasserburger Altlandkreis aus
Ein 26-jähriger Facharbeiter aus dem Wasserburger Altlandkreis ist wegen Drogenhandels festgenommen worden. Um straffrei davonzukommen, redete er sich um Kopf und Kragen.
Wasserburg – Ein 26-jähriger Facharbeiter aus dem Altlandkreis Wasserburg musste sich wegen Drogenhandels vor dem Rosenheimer Schöffengericht verantworten. Bis zum April 2020 ging der gelernte Industrie-Mechatroniker regelmäßig seinem Beruf nach. Als dies wegen der Pandemie problematisch wurde, suchte sich der Angeklagte wohl einen anderen Geschäftszweig. Der Angeklagte konsumierte schon seit zehn Jahren Cannabis. Die Droge habe er wegen seines ADHS-Problems eingenommen, erklärte der 26-Jährige vor Gericht. Später hätte er härtere Rauschmittel konsumiert, unter anderem Speed, Amphetamine und Kokain. So hätte er die bereits notwendigen Kontakte gehabt, um selbst mit Drogen dealen zu können.
Der Facharbeiter hätte sich mit einem anderen Dealer zusammengetan, mit dem er zu verschiedenen Rock-Festivals in Tschechien, Slowenien und Kroatien gefahren wäre, um Rauschmittel zu verkaufen. Daneben hätte der Angeklagte auch Kunden aus seinem persönlichen Umkreis bedient. Bei einem seiner Käufer fand die Polizei 170 Gramm Cannabis. Dieser Konsument gab den 26-jährigen Angeklagten als Lieferanten an. Als die Beamten seine Wohnung durchsuchten, fanden sie eine ganze Palette an Drogen: Marihuana, LSD, Kokain und Amphetaminpaste.
Weitere Anklage
Bei seiner Verhaftung war der Angeklagte bemüht, durch die Offenlegung seiner Lieferanten und Kunden durch die „Kronzeugen-Regelung“ laut Paragraf 31 des Betäubungsmittelgesetzes, eine Strafmilderung zu bekommen. Wobei er wohl dachte „viel hilft viel“, sodass er einen seiner Kunden als „großen Drogenlieferanten“ benannte. Tatsächlich hatte er diesen beliefert – mehr aber nicht. Somit kam für den 26-Jährigen eine weitere Anklage wegen „falscher Verdächtigung“ § 164 StGB hinzu. Hierbei entging er jedoch einer Bestrafung, weil der Käufer selbst wegen Drogenerwerbs verurteilt wurde. Somit sei die Verdächtigung des Facharbeiters nicht vollends falsch gewesen und damit straffrei.
Viel schwerer wog jedoch sein Handeltreiben von Drogenmengen, die einen Wert im fünfstelligen Bereich darstellten. Außerdem hätten die Beamten bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten einen Laptop gefunden, auf dem eine Schuldnerliste aus seinen Drogengeschäften befand. Der psychiatrisch-forensische Gutachter Dr. Josef Eberl vom InnSalzachKlinikum konnte dem Angeklagten keine eingeschränkte Schuldfähigkeit nachweisen. Jedoch sei es absehbar, dass der Proband wegen seiner nachgewiesenen Drogensucht ohne Therapie wieder in alte strafbare Verhaltensmuster zurückfallen würde, so Eberl. Aus diesem Grund und weil ein Therapieerfolg durchaus wahrscheinlich sei, regte er eine Therapie im Maßregelvollzug einer geschlossenen Anstalt an, meinte der Experte.
Die Staatsanwältin akzeptierte zwar, dass der Angeklagte in weiten Teilen der Anklage geständig sei, konnte bei ihm jedoch keinerlei Einsicht oder gar Reue erkennen. Auch den Paragraf 31 wollte sie nur teilweise zugestehen. So beantragte sie eine Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Darüber hinaus stimmte sie – wie vom Gutachter empfohlen – für eine Therapie im Maßregelvollzug gemäß § 64 StGB. Wenigstens drei Monate “Vorab-Vollzug“ beantragte sie, bevor der Angeklagte an der Therapie teilnehmen könne. Das durch den Drogenhandel verdiente Geld in Höhe von 21.000 Euro müsse dazu als Wertersatz vom Angeklagten eingezogen werden.
Akquiriert, verkauft und kassiert
Den Sachverhalt sah Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Marc Herzog anders. Er legte Wert auf die Tatsache, dass, wie vom Polizeibeamten bestätigt, ein bis dahin unbekannter Dealer verurteilt werden konnte. Ebenso konnte über die Käufer der Drogen eine Strafe verhängt werden. Dazu sei das Geständnis des 26-Jährigen von hohem Wert gewesen. Auch wenn das Schuldbekenntnis teilweise “überschießend“ gewesen sei, sei dem Facharbeiter nur Beihilfe anzulasten. Er beantragte eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, dazu die bereits von der Staatsanwältin beantragte Therapie nach § 64 StGB.
Das Rosenheimer Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Matthias Knoblauch wählte die Mitte von beiden Anträgen: Drei Jahre Haft und Unterbringung im Maßregelvollzug. „Es handelte sich bei ihnen keineswegs nur um Beihilfe. Sie haben akquiriert, verkauft und kassiert. Das ist aktives Tun und keine Beihilfe.“ Sofern der 26-Jährige die Therapie erfolgreich absolviere, könne ihm die restliche Strafe erlassen werden. Der Wertersatz in der Höhe von 21.000 Euro ist von Gesetzes wegen zu vollziehen, so der Richter.