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Weihnachten im Gasthaus Schmid

„Ein Teil vom Glück“: Warum der Wirt von Tuntenhausen auch mit 65 nicht in Rente geht

Hans Schmid mit seiner Uschi beim Kochen.
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Hans Schmid mit seiner Uschi beim Kochen.

Wirklich stade Zeiten kennt Hans Schmid nicht. Nur am Heiligen Abend nimmt sich der Wirt von Tuntenhausen eine kleine Auszeit. Dem OVB hat er erzählt, warum er mit 65 noch nicht in Rente geht, und was für ihn ein Teil vom Glück ist.

Tuntenhausen – Es gibt nur wenige Tage im Jahr, an denen die Küche im Gasthaus Schmid in Tuntenhausen kalt bleibt. Der Heilige Abend ist einer davon: „Am 24. Dezember fahren wir als ganze Familie gemütlich runter“, freut sich Hans Schmid auf die kleine Auszeit zum Weihnachtsfest.

Für ihn ist Stress in der staden Zeit nichts Besonderes. Seit er denken kann, verbringt er das Weihnachtsfest wie fast alle anderen Feiertage auch mit seinen Gästen. Vor 64 Jahren wurde er in die Tuntenhausener Gastwirtschaft hineingeboren, die seit fast 100 Jahren seiner Familie gehört. Und so war es ganz normal, dass er schon von Kindesbeinen an in jeder freien Minute in der Wirtschaft oder auf dem Hof eingespannt war. „Denn früher gehörte auch noch ein Stall dazu. Die Schweine sind immer mitgelaufen“, erinnert er sich.

Schon mit 27 Jahren war er der Wirt von Tuntenhausen

Als ältester Sohn von Hans und Paula Schmid gab es für ihn nie einen anderen Weg, als der künftige Wirt von Tuntenhausen zu sein. „Diese Frage hat sich mir nie gestellt.“ Also lernte er Metzger, war kurz darauf Meister seines Handwerks und schon mit 27 Jahren der Wirt von Tuntenhausen.

Sein Vater starb früh. Der Sohn nahm sein Erbe voller Ehrfurcht an und pflegt es bis heute mit großem Pflichtbewusstsein: „Es ist mein Auftrag, die Wirtschaft zu erhalten und dem Ort ein guter Wirt zu sein.“

Drei Geschwister, eine Leidenschaft

Nur einmal in all den Jahren saß der Familienrat beisammen, um zu entscheiden, wie es mit der fast 500-jährigen einstigen „Realen Tavern Gerichtsbarkeit“ weitergehen solle. „Vor 15 Jahren mussten wir neue Brandschutzbestimmungen umsetzen und entscheiden, ob wir auf unseren großen Saal verzichten und dort vielleicht sogar Wohnungen einbauen, um sichere Einnahmen zu haben“, erinnert er sich. „Wir brauchten eine zweite Fluchttreppe, Brandschutztüren im ganzen Haus, eine neue Lichtanlage und vieles mehr.“

Die Familien entschied sich für die hohe Investition, denn: „Wir wollten kein kastriertes Gasthaus. Es sollte in seiner Grundstruktur erhalten bleiben.“ Die drei Geschwister Hans, Sabine und Franz teilen die Leidenschaft für die historische Wirtschaft aus Liebe zu ihrer Heimat und Traditionsbewusstsein. „Wir wollten einfach nicht, dass sie peu à peu stirbt.“

Fluch und Segen zugleich

In seinen 64 Lebensjahren hat der Wirt von Tuntenhausen die Selbstständigkeit als Segen und als Fluch erlebt. Auch wenn Hans Schmid ein zurückhaltender, stiller Mensch ist, bedauerte er es mit 18 Jahren schon ab und an, dass er arbeiten musste, wenn andere feierten. Vor allem bei Fasching, Dorfball oder Dirndlkranzl, denn „da war mordsmäßig was los“. Inzwischen wird in der Dorfwirtschaft nicht mehr so oft und anders gefeiert. „Die Jugend macht heute viel selbst“, beobachtet Schmid. Dafür feiern die Tuntenhausener bei ihm ihre Familienfeste. Im Januar wird beim Wirt seit 30 Jahren traditionell Theater gespielt. Die Ortsvereine halten ihm die Treue. Und die Wallfahrer können auch nach 500 Jahren noch direkt neben der Wallfahrtskirche einkehren.

Rente ist für Hans Schmid kein Thema

Natürlich sei es anstrengend, von morgens bis in die Nacht im Gasthaus zu stehen, räumt der 64-Jährige ein. „Die Füße tun schonmal weh, das Kreuz auch“, gibt er zu. Doch auf den Gedanken, mit 65 aufzuhören und das Rentnerdasein zu genießen, käme er nie. Seine Gäste liegen ihm am Herzen. Er begleitet die Familien schon sein ganzes Leben lang, hat ihre Feste über Generationen ausgerichtet, mit ihnen Geburt, Taufe, Kommunion, Firmung, Hochzeit, runde Geburtstage und manchmal auch Abschied gefeiert. „Wenn sie beim Hinausgehen dann leise zueinander sagen, dass sie froh sind, noch einen Wirt im Ort zu haben, dann ist das für mich ein Teil vom Glück“, beschreibt Hans Schmid seine Motivation.

Es ist ein Geben und Nehmen

Es ist ein Geben und Nehmen in Tuntenhausen. Der Wirt fühlt sich für seinen Ort verantwortlich, die Menschen empfinden das Gleiche für ihren Wirt. „Ohne sie hätte unsere Wirtschaft die Corona-Pandemie nicht überlebt“, weiß er. Der Lockdown traf ihn über Nacht. Mit täglichen To-Go-Angeboten versuchte er, sich über Wasser zu halten. „Von der großen Solidarität war ich überwältigt. Nicht nur die Tuntenhausener kamen zu uns, sondern Menschen aus der ganzen Region, die ich gar nicht kannte.“

„Wirt ist man mit Herzblut. Eine Wirtschaft führt man zu 100 Prozent“, hat er die Worte seines Vaters noch im Ohr. Und genau so betreibt Hans Schmid auch sein Gasthaus. Mehr als zehn Tage Urlaub im Jahr erlaubt er sich nicht. Ruhe gönnt er sich seit vielen Jahren nur montags und erst seit August auch dienstags.

Alles frisch und hausgemacht

Alles wird frisch und aus regionalen Produkten zubereitet. Seine Weißwürste, Wiener und Schweinswürstl macht der Metzgermeister selbst. Das Kochen hat er sich bei Vater und Mutter abgeschaut. Sein Anspruch ist hoch: „Die Qualität muss stimmen, sonst könnte ich mich damit nicht identifizieren.“ Und deshalb geht kein Gericht aus der Küche, das nicht abgeschmeckt wurde.

Das Gasthaus Schmid in Tuntenhausen.

In Respekt vor den Lebewesen gibt es bei Schmid nicht nur Braten, Schnitzel oder Steaks. Er verarbeitet alle Teile eines Tieres. „Hesse, Haxe, Füße und Schwarte ergeben ein herrliches Aspik.“ Die Saucen werden traditionell aus Knochen und Gemüse hergestellt. Der Braten darf stundenlang auf den Stahlplatten des alten Küchenherdes schmoren, den sein Vater noch von Holz auf Öl umgestellt hat. „Den werde ich nie austauschen, denn der brät närrisch gut“, schwärmt Schmid vom Herzstück seiner Küche.

Der Gast steht auch an Weihnachten im Mittelpunkt

Er ist dankbar dafür, dass seine Schwester Sabine und seine Partnerin Uschi sein Faible für die Gastronomie teilen und ihm mit Leidenschaft zur Seite stehen. Er schwärmt vom bayerischen Kartoffelsalat seiner Schwester, von den Salaten und Gemüselasagnen seiner Uschi. Über sie sagt er ohnehin: „Ohne meine Partnerin und ihre unglaublich große Unterstützung würde das alles gar nicht gehen.“ Sie stehe zu ihm, zum Betrieb und opfere durch die immens viele Arbeit ihre Freizeit. „Das ist alles andere als selbstverständlich und das ist auch für mich keineswegs selbstverständlich“, zeigt sich Schmid dankbar.

Ab und an blättert er auch noch im alten Kochbuch seiner Großmutter: Die Rezepturen für Böfflamott, Käsespätzle und viele Desserts hat er dort gefunden. Und eines will Schmid noch unbedingt klarstellen: „Ich habe ein solch tolles Serviceteam, ohne das gar nichts laufen würde.“

An Heiligabend genießt die Familie nun ihre kleine Auszeit. Doch wirklich kalt bleibt die Küche der Schmids natürlich nicht, denn sie leben und wohnen auch im Gasthaus. Und so wird auf dem alten Ofen zumindest eine kleine Portion zubereitet. Am ersten Weihnachtsfeiertag beginnen dann schon wieder die Vorbereitungen fürs große Festessen, das sie ihren Gästen am 26. Dezember kredenzen wollen: Hirschbraten, feine Steaks und traditionellen Braten, wie sie die Tuntenhausener aus ihrem Gasthaus Schmid kennen.

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