Kopfschütteln in Flintsbach
Einbruch in Burgruine Falkenstein – trotz Lebensgefahr: Was sucht ein Dieb im leeren Bergfried?
Einbruch in eine Burgruine. Auf die Idee muss man auch erst einmal kommen. Ein hoffnungsvoller Unbekannter sorgt in Flintsbach für erheitertes Kopfschütteln.
Flintsbach – Das Gelände rund um die Burgruine Falkenstein ist seit den heftigen Niederschlägen Anfang Juni gesperrt. Der Starkregen hatte an der Burgruine große Schäden angerichtet. „Durch freigelegte Elektroleitungen besteht Lebensgefahr“, erklärt Simone Beigel, Sprecherin des Landratsamtes.
Sperrung und Lebensgefahr haben in den vergangenen Wochen bisher Unbekannte ignoriert: In den Bergfried der Burg Falkenstein wurde eingebrochen. Bürgermeister Stefan Lederwascher, auch Vorsitzender des Fördervereins der Burg, und das langjährige Mitglied des Fördervereinsvorstandes, Hans Weiß, können darüber nur den Kopf schütteln. Denn der Bergfried ist leer.
Bis zum Verkauf der Burg an die Umwelt-, Kultur- und Sozialstiftung des Landkreises war der Bergfried Domizil des Jägers der Henkel’schen Forstverwaltung, erklärt Weiß. Als die Familie Henkel die Burg Falkenstein 2009 meistbietend verkaufte, zog der Jäger aus. Mit Sack und Pack. „Da ist nichts mehr drin“, sagt Weiß, „ein Dieb kann höchstens die Toilettenschüssel mitnehmen.“
Lederwascher, der vor wenigen Tagen mit seiner Amtskollegin Michaela Schneidhofer aus Hernstein in Niederösterreich auf der Burg unterwegs war, sind am Bergfried keine Beschädigungen aufgefallen. Ja, die Tür habe offen gestanden, sagt er, aber ob sie aufgebrochen wurde, habe er nicht gesehen. Denn: Über den Sommer standen immer mal wieder Fenster oder Tür offen, zur Belüftung der Burgruine. „Mir ist dort sonst nichts aufgefallen.“ Nun bekommt der Bergfried ein neues Schloss. Darüber informierte die Landkreis-Stiftung die Vorstandsmitglieder des Fördervereins.
Der Zaun, der das Gelände aus Sicherheitsgründen von oben absperrt, fiel vermutlich Vandalismus zum Opfer. Die Umwelt-, Kultur- und Sozialstiftung im Landkreis Rosenheim hat jedenfalls Strafanzeige erstattet. Laut Landratsamt ist ein Sachschaden von etwa 325 Euro entstanden.
„Schwerwiegender ist die Gefahr, die durch das unbefugte Betreten besteht. Losgetretene Steine und die aufgebrochene Tür sind nicht nur ein Sicherheitsrisiko, sondern können auch der Bausubstanz zusätzlich schaden“, heißt es aus der Pressestelle des Landratsamtes.
Deswegen dürfen derzeit nur Befugte auf das Gelände. Dazu gehört selbstverständlich der Bürgermeister und Fördervereinsvorsitzende. Lederwascher hatte jüngst Besuch von seiner Kollegin Michaela Schneidhofer aus Hernstein in Niederösterreich. Hernstein – 1700 Einwohner, 35 Kilometer südwestlich von Wien – hat gemeinsame Wurzeln mit Flintsbach, gehörte bis Ende des 13. Jahrhunderts zum Besitz der Falkensteiner. Das änderte sich, als die Falkensteiner die Burg auf dem Rachelfelsen aufgaben, weiter hinab an den Hang über dem Dorf zogen. Zu entnehmen ist das dem „Codex Falkensteinensis“
Einmalig im deutschsprachigen Raum
Der „Codex Falkensteinensis“ ist das einzige „urbar Salbuch und Traditionsbuch“ (Recht-, Besitz- und Güteraufzeichnung) einer weltlichen Herrschaft im Mittelalter, im deutschsprachigen Raum. Der Codex Falkensteinensis entstand in der Zeit von 1166 bis kurz vor 1200 auf Veranlassung von Graf Siboto IV. Ein Großteil der Gemeinden des Landkreises Rosenheim leitet daraus ihre erste urkundliche Erwähnung ab. Das Original des Codex Falkensteinensis wird im Hauptstaatsarchiv München aufbewahrt.
Wie die Burg auf dem Rachelfelsen ist auch Burg Hernstein heute nur noch ein Ruinenrest. Mit dem Neubau des Schlosses Hernstein durch die Habsburger unterhalb der alten Burg wurde diese dem Verfall preisgegeben.
Bürgermeister wünschen sich Ortsfreundschaft
Nach dem Besuch der Mauerreste der „Urburg“ des Falkensteiner Geschlechts auf dem Rachelfelsen, geschichtliche Wurzel beider Dörfer, ging das straffe Besuchsprogramm der beiden Ortsoberhäupter weiter über die „neue“ Burg Falkenstein zur „Alten Post“, zum Mehrgenerationenhaus und zur Feuerwehr. Die interessierte Michaela Schneidhofer besonders, schließlich ist sie selbst Feuerwehrfrau. Eine von 250 aktiven Feuerwehrleuten in Hernstein.
Beide Bürgermeister waren sich einig, „den aufgenommen Faden weiter zu spinnen“, um zu einer Ortsfreundschaft zu kommen. Das Ganze soll ohne jeden Zwang und vor allem auf Vereinsebene geschehen.
