Feldkirchen-Westerham benötigt keinen Nachtragshaushalt
Finanzierung mit „Kniff“ gestemmt: Prinzip „Linke Tasche, rechte Tasche“ sichert Wärmenetz
Dass ein kommunales Wärmenetz in Westerham aufgebaut werden soll, hatte die Gemeinde Feldkirchen-Westerham bereits entschieden. Nun steht auch die Finanzierung. Wie die Kommune einen aufwendigen Nachtragshaushalt mit einem „Kniff“ umgeht.
Feldkirchen-Westerham – Ende Juli hatte der Feldkirchen-Westerhamer Gemeinderat das Projekt „Wärmenetz“ auf den Weg gebracht. Jetzt steht auch die Finanzierung. In seiner Sitzung am Dienstag (13. August) segnete der Gemeinderat einstimmig den Vorschlag der Kämmerei ab, Haushaltsreste aus dem Jahr 2023 für das Projekt zu verwenden. Mit diesem Vorgehen nach dem Prinzip „Linke Tasche, rechte Tasche“ (O-Ton Bürgermeister Johannes Zistl) kommt die Kommune um einen Nachtragshaushalt für das laufende Haushaltsjahr herum.
Abwärme soll jährlich rund 3600 Megawattstunden Energie liefern
Bereits ab der Heizperiode 2025/2026 will sich die Kommune Abwärme, die das Unternehmen Mativ Gessner in Westerham erzeugt, zu nutze machen, und damit nicht nur zwei große Unternehmen vor Ort, sondern auch ein Gewerbegebiet sowie ein Wohngebiet mit Energie für Heizungen und Warmwasser versorgen. Die Gemeinde rechnet damit, dass durch die Abwärme, die sonst ungenutzt verpufft, jährlich fast 3600 Megawattstunden Energie erzeugt werden. Für Phasen eines hohen Energiebedarfs sollen zudem zusätzlich ein Biomasse- sowie ein Erdgas-Kessel in den Wärmekreislauf einbezogen werden.
Geplant ist, das komplette Wärmenetz anhand eines Kommunalunternehmens in der Hand der Gemeinde zu belassen. Für ein Unternehmen, das die technischen Grundlagen der Energieerzeugung – also vom Biomasse-Kessel bis zu den Netzpumpen – sicherstellt, wird sich Feldkirchen-Westerham zudem einen externen Partner ins Boot holen, der per europaweiter Ausschreibung gesucht werden soll.
Schwierigkeiten bereitete bislang allerdings noch die Finanzierung des Projekts mit einem Investitionsvolumen von rund 7,6 Millionen Euro. Denn im laufenden Haushalt ist für die Realisierung des Nahwärmenetzes nur ein Bruchteil der benötigten Summe eingeplant. Eine Verschiebung des Projekts nach hinten ist jedoch nicht möglich, da eines der Unternehmen, das als Großabnehmer fest eingeplant ist, bereits jetzt mit einem defekten Heizbrenner zu kämpfen hat und wohl nur noch eine Heizperiode überbrücken kann.
Landratsamt Rosenheim forderte Nachtragshaushalt der Gemeinde
Um eine saubere Finanzierung des Projekts sicherzustellen, hatte das Landratsamt Rosenheim daher einen Nachtragshaushalt von der Kommune gefordert. Eine aufwendige und zeitintensive Angelegenheit, die die Kommune jetzt aber abwenden konnte. „Das Problem war, dass wir zwar einen gedeckten Haushalt, aber rechtlich kein Geld für diese Maßnahme haben“, umschrieb Bürgermeister Zistl die Schwierigkeit. Die Kämmerin Jennifer Ziegelmann aufgrund eines laut Zistl „einfachen Kniffs“ letztlich aber umschiffen konnte. Und der nur möglich ist, da das Haushaltsjahr 2023 noch nicht endgültig abgeschlossen ist.
Und so funktioniert der Kniff nach dem Prinzip „Linke Tasche, rechte Tasche“: Haushaltsreste aus verschiedenen Projekten, die von 2023 ins Jahr 2024 mitgenommen werden können, werden nun nicht mehr diesen Projekten zugeordnet, sondern dem Projekt Wärmenetz zugeführt. Was aber nicht bedeutet, dass andere Projekte verzögert oder komplett fallengelassen werden.
Rechnungsstellung für Arbeiten am Dorfplatz erfolgt erst 2025
Beispiel „Erweiterung Bücherei inklusive Volkshochschul-Anbau am Dorfplatz“: Die Haushaltsreste dieses Projekts aus dem Jahr 2023, die ins Jahr 2024 übernommen werden können, werden nun dem Projekt „Industrielle Abwärme“ zugeschlagen. Denn die Rechnungsstellung für die Arbeiten am Dorfplatz wird erst im Jahr 2025 erfolgen, die finanziellen Mittel auch dann erst benötigt werden. Ähnlich verhält es sich mit finanziellen Mitteln bei zwei Hochwasserschutz-Projekten sowie der Sanierung des Kindergartens Bucklberg.
Dieser Vorgehensweise stimmte der Feldkirchen-Westerhamer Gemeinderat schließlich ohne Gegenstimme zu. Zumal Bürgermeister Zistl (Ortsliste Vagen) betonte, dass auch seitens der Aufsichtsbehörde, des Landkreises Rosenheim, in diesem Punkt keine Vorbehalte bestünden: „Das ist mit der Finanzaufsicht im Landratsamt auch schon so abgeklärt.“
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