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Stelle im Mangfalltal seit Monaten unbesetzt

Fällt Weihnachten aus? Pfarrer Andreas Strauß über die Folgen des Seelsorger-Mangels

Die Emmaus-Kirche in Feldkirchen-Westerham gehört zur evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Bruckmühl mit Feldkirchen-Westerham. Bislang hatten sich das komplette Gebiet der Kirchengemeinde zwei Pfarrer geteilt. Seit Juni 2024 ist dort Pfarrer Andreas Strauß auf sich alleine gestellt.
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Die Emmaus-Kirche in Feldkirchen-Westerham gehört zur evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Bruckmühl mit Feldkirchen-Westerham. Seit Juni 2024 ist dort Pfarrer Andreas Strauß auf sich alleine gestellt.

Vom Zweier-Team zum Einzelkämpfer: Seit dem Abschied von Pfarrer Samuel Fischer im Juni muss sich Pfarrer Andreas Strauß alleine um die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Bruckmühl mit Feldkirchen-Westerham kümmern. Was dabei alles auf der Strecke bleibt.

Bruckmühl/Feldkirchen-Westerham – Dass nicht nur die katholische, sondern auch die evangelisch-lutherische Kirche unter einem Mangel an Pfarrern leidet, davon kann Pfarrer Andreas Strauß ein Lied singen. Bis Juni 2024 hatten der 61-Jährige und sein Kollege Samuel Fischer die Aufgaben in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Bruckmühl mit Feldkirchen-Westerham unter sich aufgeteilt. Nach dem Abschied Fischers in Richtung Franken ist Strauß nun seit Monaten auf sich allein gestellt. Wie wichtig in dieser fordernden Zeit das ganze Team ist, welche Maßnahmen dafür sorgen könnten, dass es wieder mehr Pfarrerinnen und Pfarrer gibt und ob aufgrund der Stellenvakanz Weihnachtsangebote auf der Kippe stehen, zu diesen und weiteren Fragen hat Strauß im OVB-Interview Stellung genommen.

Nach dem Abschied von Pfarrer Samuel Fischer im Juni sind Sie als Pfarrer für die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Bruckmühl mit Feldkirchen-Westerham, zu der neben Bruckmühl und Feldkirchen-Westerham auch noch die Gläubigen aus Holzolling und Naring zählen, alleinverantwortlich. Ist denn mittlerweile ein Nachfolger für die vakante Seelsorger-Stelle in Sicht?

Pfarrer Andreas Strauß: Unsere vakante Stelle ist für Pfarrer, Diakone, Religionspädagogen und Absolventen einer anerkannten biblisch-theologischen Ausbildungsstätte, beispielsweise der CVJM-Hochschule (Christlicher Verein Junger Menschen) in Kassel oder des Johanneums in Wuppertal, ausgeschrieben. Wir sind also ziemlich breit aufgestellt. Dennoch ist derzeit kein Nachfolger in Sicht.

Während Sie sich in den vergangenen Jahren vornehmlich auf die Gläubigen in Bruckmühl konzentrieren konnten, sind Sie seit Sommer auch für die Emmaus-Kirchengemeinde in Feldkirchen-Westerham Ansprechpartner. Wie ist diese Doppelbelastung überhaupt zu stemmen? Was bleibt dabei auf der Strecke?

Pfarrer Strauß: Eine Doppelbelastung wäre nicht zu stemmen. Ich tue, was ich kann und notwendig ist. Das sind insbesondere die Kasualien wie Trauungen, Taufen oder Beerdigungen. Auf der Strecke bleiben zum großen Teil das Engagement und die Präsenz vor Ort im kommunalen Raum. Bei Doppelterminen, die wir uns früher aufgeteilt hätten, beispielsweise die Einweihung des neuen Kindergartens in Feldkirchen am 20. September und der Beginn des Konfirmandenunterrichts am gleichen Nachmittag, muss einer für mich entfallen. Im genannten Beispiel war das leider die Einweihung des Kindergartens. Im Konfirmandenunterricht arbeitet eine große Zahl von sogenannten Konfi-Teamern mit, Jugendliche, die sich nach ihrer eigenen Konfirmation hier engagieren. Für die Gottesdienste haben wir ein Team von Ehrenamtlichen, die Gottesdienste und Andachten selbst vorbereiten und durchführen. Die Geburtstagsbesuche bei Senioren über 70 werden zum Glück schon seit vielen Jahren auch von ehrenamtlichen Mitarbeitern übernommen.

Wie wichtig ist in einer derartigen Phase das gesamte Team – von den Sekretärinnen bis zu den Vertrauensleuten?

Pfarrer Strauß: In der Vakanz, wie eigentlich überhaupt, spielt das Team eine überragende Rolle. Das gilt für alle, vom Pfarramtsteam bis zum Kirchenvorstand. Deren, zum Teil langjährige, Erfahrung ist unverzichtbar. An dieser Stelle ist unbedingt auch das große Engagement vieler Ehrenamtlicher zu nennen. Neben dem bereits genannten sind sie entscheidend beteiligt beim Mesnerdienst, Erstellung des Gemeindebriefes, Seniorenausflügen, Seelsorgekreis, Kirchenkaffee und vielem mehr. Hier wird deutlich, dass nicht der Pfarrer die Gemeinde ist, sondern die Gemeinde aus den Gläubigen besteht, die sich nach ihren Gaben und Fähigkeiten beteiligen. Diese bereits im Neuen Testament mehrfach beschriebene Tatsache bekommt neues Gewicht und neue Gestalt.

In wenigen Wochen beginnt mit der Adventszeit eine extrem fordernde Zeit für das Kirchenpersonal. Wird es zu Einschränkungen bei Gottesdiensten oder anderen Angeboten kommen? Auf was müssen sich die Gläubigen einstellen?

Pfarrer Strauß: In der Adventszeit feiern wir die Gottesdienste fast wie gewohnt, auch in der gewohnten Vielfalt – von liturgischen Gottesdiensten über Familiengottesdienste bis zum Singgottesdienst. Am vierten Advent gibt es in Bruckmühl keinen Gottesdienst um 9 Uhr, sondern um 17 Uhr die erste Aufführung des diesjährigen Kindermusicals zu Weihnachten. An Heiligabend wird es nur eine Christvesper geben, und zwar um 17 Uhr in der Emmauskirche in Feldkirchen. Für die Zeit nach Weihnachten bieten unser Gemeindebrief und unsere Website www.bruckmuehl-evangelisch.de zuverlässige Informationen.

Nach Monaten in der Doppelverantwortung für zwei Gemeinden: Konnten Sie Unterschiede in den Kirchengemeinden ausmachen und wenn ja, welche?

Pfarrer Strauß: Im Prinzip nicht. Ich stelle aber fest, dass Taufanfragen im laufenden Jahr vermehrt aus Bruckmühl kommen. In den Jahren zuvor kamen sie eher aus Feldkirchen-Westerham.

Nicht nur die katholische Kirche, auch die lutherisch-evangelische Kirche hat mit einem Mangel an Pfarrern zu kämpfen. Was muss sich ändern, um diesem Trend entgegenzuwirken?

Pfarrer Strauß: Wir sollten doppelgleisig fahren: Zum einen ist das Gebet wichtig. Bereits in den 70er-Jahren hatte der damalige evangelische Landesbischof Hermann Dietzfelbinger zum Gebet für Pfarrernachwuchs aufgerufen. Zum anderen würde ich die Ausbildung genauer ansehen und gegebenenfalls reformieren. Braucht es tatsächlich dieses ausführliche, sehr in die Breite und Tiefe angelegte Studium mit drei alten Sprachen, um ein „guter“ Pfarrer zu sein? Wäre es vielleicht sinnvoll, nach einer Art Bachelor-Studium eine erste Gelegenheit zum Einstieg in den Beruf zu ermöglichen? Nur wer eine akademische Karriere anstrebt oder es für sich persönlich möchte, muss noch einen Master machen.

Für potenzielle Kandidaten für die vakante Stelle: Mit welchen Aspekten würden Sie für ein Engagement in der Region werben?

Pfarrer Strauß: Wir bieten eine klar definierte Stelle – ohne darin „eingesperrt“ zu sein – in einem sehr guten kollegialen Team mit gegenseitiger Unterstützung, Zusammenarbeit und Ideenaustausch in einer Kirchengemeinde, die eine vom Evangelium begeisterte, missionarisch-einladende und lebensnahe Verkündigung sowie Gemeindearbeit schätzt und sie selbst versucht zu leben, mit einer aktiv gelebten Vielfalt von Frömmigkeitsstilen als Basis. Dazu haben wir zwei schöne Gemeindezentren, in denen man gut arbeiten kann. Nicht zuletzt leben hier Menschen, die freundlich und offen, bodenständig und veränderungsbereit sind, in einer der schönsten Gegenden Deutschlands. Einziger Wermutstropfen: Wir besitzen keine Dienstwohnung beziehungsweise kein Pfarrhaus. Das heißt, wenn wir wissen, wer auf die Stelle kommt, mit oder ohne Familie, dann müssen wir uns wieder auf die Suche machen, etwas Passendes anzumieten.

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