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Untersuchung gleicht Unwetterwarnung

Auslaufmodell Kirche? Ab wann wir uns nicht mehr als christliches Land bezeichnen können

Große Welle von Austritten aus der katholischen Kirche
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Die Mitglieder rennen den Kirchen davon (Symbol)

Immer mehr Menschen kehren den Kirchen den Rücken. Jetzt gibt es eine neue Statistik der ökumenischen Gemeinschaft - und die Zahlen sind sehr deutlich. Das sind die Gründe.

München – In drei Jahren kann man Deutschland wohl nicht mehr als christliches Land bezeichnen: 2027 werden die Konfessionslosen erstmals die 50-Prozent-Marke überschreiten und die Bevölkerungsmehrheit stellen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat kürzlich auf ihrer Synode ihre 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung vorgelegt. Erstmals zusammen mit der katholischen Kirche – als ließen sich in ökumenischer Gemeinschaft die niederschmetternden Ergebnisse besser verkraften.

Die christliche Großwetterlage, wie sie in der gut 100-seitigen Untersuchung gezeichnet wird, gleicht einer Unwetterwarnung: Konnte man in den vergangenen Jahren immerhin noch feststellen, dass sich eine Mehrheit in Deutschland noch als gläubig bezeichnete, selbst wenn sie die Kirche als Institution ablehnte, wenden sich nun nach der repräsentativen Forsa-Umfrage immer mehr Menschen komplett vom Glauben ab. Für fast acht von zehn Befragten hat Religion überhaupt keine oder nur eine geringe Bedeutung.

Nur noch vier Prozent der Katholiken kirchennah

Sogar unter den Kirchenmitgliedern bezeichnen sich nur noch vier Prozent der Katholiken und sechs Prozent der Protestanten als gläubig und kirchennah. 36 Prozent der Katholiken und 33 Prozent der Evangelischen erklären immerhin noch: „Ich fühle mich der Kirche verbunden, auch wenn ich ihr in vielen Dingen kritisch gegenüberstehe.“ Nur neun Prozent der 5282 zwischen dem 14. Oktober und 22. Dezember 2022 befragten Menschen haben noch Vertrauen in die katholische Kirche; der Schwesterkirche vertrauen 24 Prozent. 43 Prozent der noch katholischen und 37 Prozent der noch evangelischen Christen sind „austrittsgeneigt“: Auf ein Ende der Gewitterstimmung können daher beide großen Kirchen in Deutschland nicht hoffen.

96 Prozent der interviewten Katholiken und 80 Prozent der Protestanten können sich nur eine weitere Mitgliedschaft vorstellen, wenn ihre Kirche sich grundlegend verändert – und senden so ein klares Signal für Reformen in beiden christlichen Kirchen. Die Entwicklung, dass sich kirchlich-religiöse Menschen spirituellen Alternativen zuwenden, scheint gestoppt. Vielmehr legt die Untersuchung nahe, dass im Bereich der als säkular bezeichneten Personen, bei denen früher die Gleichgültigen gegen Religion die große Mehrheit hatten, inzwischen Religion als etwas kulturell Fremdes und sogar die eigene Identität Bedrohendes empfunden wird. Diese Menschen lehnen Religion dezidiert ab.

Wenn es aber um Fragen der Kindererziehung (37 Prozent) und schwierige Lebensumstände (34 Prozent) geht, hat Religion noch immer bei vielen Relevanz. Zudem wird den Kirchen von einer Mehrheit beschieden, dass sie eine wichtige zivilgesellschaftliche Rolle spielen und die Demokratie stärken. Die Mehrheit ist auch für eine Beibehaltung des Religionsunterrichts – allerdings soll er über alle Religionen informieren (85 Prozent) der Befragten.

Religiöse und kirchennahe Menschen sind deutlich mehr ehrenamtlich engagiert: 49 Prozent der Katholiken, 46 Prozent der Evangelischen – und nur 33 Prozent der Konfessionslosen. Christen bilden demnach den Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält.

Auch wenn die Untersuchung zeigt, dass die Religiosität von Generation zu Generation abnimmt, ist die Reichweite der Kirchen in die Gesellschaft hinein weiter groß. Dieses Potenzial gelte es, strategisch zu nutzen, empfiehlt die Studie den Kirchen.

„Wir bleiben dran“

Die katholischen Bischöfe wollen sich mit der Studie im Februar auf ihrer Vollversammlung befassen. Der Vorsitzende der Pastoralkommission, der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf, macht klar: „Sicherlich geht es nicht um die Perspektive der kleinen Herde beziehungsweise des heiligen Rests, der sich schmollend zurückzieht und abschottet.“ Der Würzburger Bischof Franz Jung betonte, dass die katholische Kirche Reformen vorbereite. „Wir arbeiten an der Erneuerung der Kirche. Wir bleiben dran. Bleiben Sie drin!“, appellierte der Bischof an die Gläubigen.

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