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OVB-Mitarbeiterin Elisabeth Kirchner hat‘s getestet

Kein Diplom, aber jede Menge Spaß: So groß ist der Suchtfaktor bei der Jodelwanderung in Bernau

Lehren den Teilnehmern das Jodeln: (von links) Angelika Schartel und Josefine Lechner am Adersberg vor der malerischen Kulisse der Hochplatte.
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Lehren den Teilnehmern das Jodeln: (von links) Angelika Schartel und Josefine Lechner am Adersberg vor der malerischen Kulisse der Hochplatte.

Ho – eh – di – ri! In Bernau am Chiemsee werden sogenannte Jodelwanderungen angeboten. OVB-Mitarbeiterin Elisabeth Kirchner hat das Angebot getestet.

Bernau – Ein Tag wandern und jodeln – wer denkt bei Letzterem nicht an Maria und Margot Hellwig, an Fred Fesls Erzherzog-Johann-Jodler oder an Loriots Sketch über die Jodelschule und das Jodeldiplom. Josefine Lechner sieht das anders. Sie sagt, das Jodeln kommt von innen raus. Ein Selbstversuch.

Gemeinsam mit einer Gruppe von elf weiteren Mitstreitern, die bis aus München über Wasserburg, Raubling und Traunreut kommen, starten wir am Parkplatz in Abling oberhalb von Bernau zu unserer Rundwanderung über die Herren- und Lindlalm. Josefine Lechner, die über das Portal „HeimatEntdeckerTouren“ Wanderungen und Jodeln anbietet, sagt, dass Jodeln nichts Sphaerisches ist: „Es bringt Leichtigkeit und Freude, Jodeln verbindet und ist einfacher als gedacht.“ Es sei Ausdruck purer Lebensfreude.

Registerwechsel zwischen Brust- und Kopfstimme

Ihre Mitstreiterin Angelika Schartel erklärt, dass das Jodeln anders sei als das Singen. Beim Jodeln geht es um den Registerwechsel zwischen Brust- und Kopfstimme und das Aneinanderreihen von Vokalen. Die Kraft der eigenen Stimme spüren wirke wohltuend auf Körper und Seele. Josefine Lechner ergänzt, dass es durchaus rau, archaisch klingen darf, und: „Es muss nicht schön klingen.“

Oberhalb von Abling ist der erste Stopp: Als erstes machen wir Lockerungsübungen für die Stimme, dann singen Josefine Lechner und Angelika Schartel den „Hochrieser“ vor. Nur Kühe schauen uns zu, weit und breit ist niemand zu sehen, und schon jodeln wir mit. Selbst mir, die ich in einem Kammerchor klassische Töne gewohnt bin, fällt das „djo-e- ri-di“ leicht, auch dass wir uns in der Gruppe in Ober- und Unterstimme aufteilen, ergibt sich wie von Zauberhand. Dabei hatten viele meiner Mitwanderer angegeben, nicht singen zu können. Auf dem Wanderweg halten wir immer wieder an, repetieren die vorausgegangen Jodler und lernen einen neuen. Angelika deutet mit der Hand die Tonlage an, erst wird die erste, dann die zweite Stimme geübt, dann jodeln wir gemeinsam.

Hüpfende Melodie erinnert an Zicklein

Mitten im Wald an einer Wegkreuzung erinnert ein Schild an das ehemalige landwirtschaftliche Anwesen Stachl am Brand, der Keller war lange wohl die einzige Wasserzisterne in dieser Gegend. Hier üben wir den „Goas-Suacha“ ein, bei seiner hüpfenden Melodie kann man sich tatsächlich ein Zicklein vorstellen. Immer wieder bieten sich auf der Wanderung fantastische Ausblicke, nach Norden weitet sich der Blick auf den Chiemsee und den Simssee, im Westen das Priental und nach Osten und Süden die Chiemgauer Alpenkette und weit darüber hinaus. Josefine kann jeden einzelnen Vor-Gipfel und jeden Gipfel mit Namen benennen, über Wildkräuter und Blumen sowie zur Kulturgeschichte der Almen weiß sie auch so einiges.

Die Wanderung ist nichts für eilige oder nach Höhenmetern strebende Wanderer. Die vielen Stopps dienen dem Innehalten, dem Genießen der Landschaft und natürlich dem Jodeln. Bei der Lindl-Alm gibt es sogar einen dreistimmigen Jodler. „Jetzt traut’s euch“, ermuntert Angelika, einige Mitwanderer sind schließlich Wiederholungstäter: „Drei ha über d’Alm her.“ Nach und nach suchen wir anderen uns unsere Stimme und fallen mit ein. Mehr oder weniger sind wir auf dem Wanderweg allein, vielleicht fällt es uns deshalb leicht, mitzujodeln. Oder liegt es an der schönen Landschaft, die einen zum juchzen animiert. Wer weiß.

Ursprünglich war das Jodeln wohl eine Art Verständigung zwischen Sennern und Holzknechten, auch die Lockrufe für das Vieh auf den Almen wie zum Beispiel: „Heh, do, heh do!“ ähneln den Jodel-Silben Ho – eh – di – ri. Das Jodeln ist im deutsch- und französischsprachigen Alpenraum heimisch, aber beispielsweise auch im oberösterreichischen Inn- und Mühlviertel. Beim Adersberger Hof haben wir schon sechs unterschiedliche Jodler drauf, den Passailer (aus der Steiermark), den Riduljö und den Wurzhorner (aus Ramsau bei Dachstein) haben wir zwischendurch nämlich auch noch einstudiert. Es ist kein Show-Jodeln, es gibt auch kein Jodeldiplom, aber dafür die Einsicht, dass es wirklich eine Art Lebensgefühl ist. Da kann man nicht gegen an, das kommt von innen raus.

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