Kritik am Bildungswerk Rosenheim
Es hat „geknallt“: Vortrag von Klimakleber Alt sorgt für Aufruhr in Rosenheims Schullandschaft
Ende Juni besuchten Schüler der Q11 des Ignaz-Günther-Gymnasiums und des Karolinen-Gymnasiums Vorträge des Jesuitenpaters Jörg Alt. Dort berichtete er über seine Aktionen als Klima-Kleber. Das sorgte bei Eltern für Kritik am Bildungswerk Rosenheim und an den Schulen. Nun reagieren die Beteiligten.
Rosenheim – Nach einem Vortrag über die Klimakrise ist Rosenheims Schullandschaft in Aufruhr. Ende Juni besuchte die Q11 des Ignaz-Günther-Gymnasiums und des Karolinen-Gymnasiums den Vortrag von Pater Jörg Alt, um über das brisante Thema zu reden. In seinen öffentlichen Vorträgen ging er auf die aktuellen Probleme und seine Forderungen ein. Außerdem sprach der Jesuitenpater über seine Beweggründe, sich mit Aktivisten auf den Straßen festzukleben.
Doch das sei nicht bei allen Eltern gut angekommen. Sie seien empört, dass Schulen ihre Schüler zu Vorträgen eines „Klima-Klebers“ schicken. „Sie sagten, die Schulen hätten damit ihre Neutralitätspflicht verletzt“, erklärt Christof Langer. Der Experte arbeitet als theologischer Referent am Bildungswerk Rosenheim.
Negative Resonanz für Christof Langer ein Schock
Regelmäßig lädt er Schulen zu Veranstaltungen ein. „Ich möchte, dass Schulen Persönlichkeiten kennenlernen, die mit Herzblut hinter einer Sache stehen“, sagt Langer. So auch bei Pater Jörg Alt. „Er macht in seinen Vorträgen deutlich, dass die Klimakrise bald ihren Höhepunkt erreicht hat“, erklärt Langer. Politische Maßnahmen müssten jetzt ergriffen werden, denn sonst sei es zu spät. „Das Kleben auf den Straßen ist für den Pater kein Vergnügen“, sagt Langer. Für Alt sei es die einzige Möglichkeit, um auf die aktuelle Lage aufmerksam zu machen. Auch wenn diese Aktionen höchst umstritten sind.
Zweifellos ist die Klimakrise ein Thema, das jeden Menschen betrifft. Ganz besonders die Jugendlichen, die noch lange mit den fatalen Auswirkungen leben müssen. „Hier kann sich keiner raushalten, denn es geht uns alle etwas an“, sagt Langer. Ein Grund, warum er diese Veranstaltung bei den beiden Gymnasien angeboten hat.
Die negative Resonanz sei für Langer ein Schock gewesen. Denn es führte auch zu Auswirkungen auf seine Arbeit. „Ich habe das Karolinen-Gymnasium zu einer Veranstaltung des Verkehrsclubs Deutschland eingeladen“, sagt Langer. Die Organisation ist für nachhaltige Lobbyarbeit bekannt, unter anderem für ihren Einsatz für mehr Fuß- und Radwege. „Dafür wollte ich die Jugend sensibilisieren“, sagt der Theologe. Doch dann sei die plötzliche Absage der Schule gekommen. Direkt habe er nicht mit der Schulleitung sprechen können. „Ich habe erfahren, dass sie bis auf weiteres keine Veranstaltungen vom Bildungswerk oder von mir besuchen dürfen“, sagt Langer.
Eltern vom Karolinen-Gymnasium protestieren
Viel Kritik von Seiten der Eltern soll vom Karolinen-Gymnasium gekommen sein. Die Schule reagierte auf Anfrage des OVB auf die Äußerungen von Langer. „Unsere Schule ist immer offen für gesellschaftspolitische Themen“, sagt Schulleiterin Sigrid Rechenauer. Deshalb besuchen die Schüler viele Veranstaltungen, um sich kritisch mit neuen Themen auseinandersetzen zu können. „Wir sind eine staatliche Schule und damit zur politischen Neutralität verpflichtet“, sagt Rechenauer. Die Schüler sollen durch Vorträge verschiedenen Sichtweisen und Informationen gewinnen.
„Kein Abbruch der Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk“
Zudem sei ihr Gymnasium eine sozialwissenschaftliche Schule. Ihre Aufgabe bestehe auch darin, den Schülern immer wieder neue Anreize für Diskussionen zu geben. Ein Grund, warum die Vorträge von Pater Alt vorgeschlagen wurden. Rechenauer war an diesem Tag nicht vor Ort. Von den Schülern und Lehrern wisse sie, dass sie recht begeistert waren. „Die Schüler hatten großes Interesse an einer Diskussion mit dem Referenten und brachten engagiert ihre Argumente vor.” Vor allem Schüler der Naturwissenschaft seien positiv angeregt vom interessanten Austausch. Eines sei Rechenauer wichtig zu erwähnen: „Zu keiner Zeit kam es zu einem Abbruch der Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk.” Zur vermeintlichen Kritik der Eltern hat sich die Schulleiterin bislang nicht geäußert.
Positiver war die Rückmeldung auf den Klima-Vortrag am Ignaz-Günther-Gymnasium. „Es ist ein Thema, das unseren Schülern unter den Nägeln brennt”, sagt Schulleiter Dieter Friedel. Daher hätten sich Schüler als auch Lehrer durchweg zustimmend geäußert. „Für die Schüler war es interessant, unterhaltend und aufrüttelnd”, sagt Friedel. Positiv sei auch die kritische Sichtweise des Referenten.
Die Schulklasse besuchte den Vortrag im Rahmen des Ethik- und Religionsunterrichts. Die Schüler seien interessiert an den radikalen Aktionen des Paters. „Sie haben erfahren, was diese Aktionen bislang in der Gesellschaft bewirkt haben”, erklärt Friedel. Um sich mit diesem Thema besser auseinanderzusetzen, sei der Besuch des Vortrags gut gewesen. „Das Besondere war, die Erfahrungen aus erster Hand erzählt zu bekommen”, sagt Friedel. Negative Äußerungen von seitens der Eltern habe es an dieser Schule nicht gegeben.
Alt kommt zu Podiumsdiskussion nach Rosenheim
Um vor allem auf die Kritik von Eltern-Seite zu reagieren, kommt Pater Alt am Donnerstag (20. Juli) zu einer Podiumsdiskussion in das katholische Bildungszentrum Rosenheim. Denn eine solche Situation wie in Rosenheim habe er vorher noch nicht erlebt, sagt Alt. Gegen 19 Uhr stellt sich der Pater den Fragen und Anregungen der Bürger. „Als es geknallt hat, hat es mich geärgert, aber nicht überrascht”, sagt Alt. Im Vorfeld habe er Sorge gehabt, dass seine Ansichten als „zu politisch” gewertet werden könnten. „Aber alles, was ich sage, ist belegbar”, so Alt. Und seiner Meinung nach sollten Schulen diese Themen mehr fördern, da es um die Zukunft der jungen Leute gehe.