Polizei ermittelt
Erneut Hakenkreuz-Zeichen in Wasserburg: „Unüberlegte Schmiererei“ oder gezielte Volksverhetzung?
Schon wieder sind in Wasserburg Haken-Kreuz-Schmierereien entdeckt worden, diesmal im hinteren Bereich des Parkplatzes am Penny-Markt. Eine besorgniserregende Entwicklung?
Wasserburg – Schmierereien mit der Spraydose sind auch in Wasserburg mittlerweile im Stadtbild sehr präsent. Beispiel Rote Brücke, das Wahrzeichen der Stadt. Kaum hat die Straßenmeisterei das Bauwerk gesäubert, sind schon wieder neue Schriftzüge und Zeichen da. Doch jetzt hat eine aufmerksame Passantin sogar Hakenkreuz-Abbildungen entdeckt. Sie machte die Polizei Wasserburg auf die Zeichen aufmerksam, die auf einer Wand am Penny-Markt am Bruckmühlweg zu sehen sind. Hier entdeckten die Beamten auch einen Containerschuppen, der ebenfalls mit einem Hakenkreuz beschmiert wurde. Die Polizeiinspektion Wasserburg ermittelt wegen des Verwendens von verfassungswidrigen Kennzeichen sowie Sachbeschädigung.
Gefühlt nehmen Schmierereien mit verbotenen nationalsozialistischen Symbolen in der Stadt zu. Im November vergangenen Jahres beispielsweise wurde eine Skulptur auf dem Inndamm verschandelt: ebenfalls mit Hakenkreuzen und der rechten Szene zuzuordnenden Zahlenkombinationen sowie Zeichen. Auch auf der Fassade des Einkaufszentrums in der Salzburger Straße wurden damals Symbole dieser Art entdeckt. Der oder die Täter konnten nach Angaben der Polizei nicht ermittelt werden.
Neun Fälle im Jahr 2023
2023 registrierte der Inspektion Wasserburg neun Fälle dieser Art in ihrem Einzugsbereich, berichtet auf Anfrage Thomas Öxler, stellvertretender Dienstgruppenleiter. Sieben Schmierereien mit verfassungswidrigen Zeichen seien im Stadtgebiet, eine in Eiselfing, eine in Griesstätt entdeckt und angezeigt worden. Drei bis vier Fälle seien aufgeklärt worden: Es habe sich um Jugendliche gehandelt, bei denen kein Zusammenhang mit politisch motivierter Kriminalität festgestellt worden sei, so Öxler. Neun Fälle in einem Jahr: Von einem großen Problem im Raum Wasserburg könne deshalb nicht gesprochen werden. Trotzdem ermittle die Polizei mit Nachdruck.
Auch Steffi König, Sprecherin des Bündnisses „Wasserburg.bunt“, hofft, dass der erneute Vorfall eher „eine unüberlegte Schmiererei ist“. Trotzdem sollte er nicht verharmlost werden. Schließlich handele es sich nicht nur um eine ärgerliche Sachbeschädigung, die zeige, dass Gemeingut oder Eigentum nicht wertgeschätzt werde, sondern auch um das Aufbringen verfassungswidriger Symbole und damit um eine Straftat. König hofft, dass der oder die Täter ermittelt werden können.
Polizei sucht Zeugen
Die Polizei geht davon aus, dass die Verunreinigungen vor nicht allzu langer Zeit, also in dieser oder der vergangenen Woche, entstanden sind, weil die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt diesbezüglich sehr aufmerksam seien und Fälle melden würden. Die Polizeiinspektion Wasserburg erbittet mögliche Hinweise auf den Verursacher unter der Telefonnummer 08071/9177-0.
Hakenkreuz-Schmierereien werden in Wasserburg, eine Stadt, die Wert auf ihre Vielfalt und das friedliche Miteinander von Vertretern verschiedener Kulturen und Nationalitäten legt, nicht geduldet. Grundsätzlich lässt sich jedoch feststellen: Beschwerden über Schmierereien jeglicher Art nehmen zu. Auch Leser melden immer wieder verärgert, wenn sie Sprayereien entdecken. Meistens handelt es sich um merkwürdig anmutende Schriftzüge und um mit der Spraydose aufgetragene Zeichen, die keinen Bezug zu verfassungsfeindlichen Thematiken haben.
„Kaum noch eine freie Fläche“
Karlheinz Rieger, der als Mitarbeiter der Wasserburger Zeitung fast täglich in der Stadt unterwegs ist, stellt grundsätzlich fest, dass Schmierereien, mit, aber auch ohne politische Hintergründe, zunehmen: „Es scheint, dass es kaum noch eine freie Fläche gibt, die nicht mit teilweise sinnlosen Zeichen oder Schriftzügen beschmiert wird.“ Regelmäßig hält er die Verunreinigungen mit der Kamera fest. „Je mehr Schmierereien es gibt, desto mehr Nachahmer“, so seine Vermutung. „Es ist fast so, als würde die eine Schmiererei den nächsten reizen, auch eine Markierung zu hinterlassen. Es kommt mir vor, als wenn sich diese Leute benehmen wie Hunde, die beim Gassigehen ihre Duftspur hinterlassen.“
Was Rieger besonders ärgert: Es gibt auch Bereiche wie in der Unterführung am Burgerfeld-Kreisel, die mit Erlaubnis der Stadt liebevoll mit Graffiti gestaltet wurden, das danach jedoch von weiteren Sprayereien überdeckt wurde. Echte Kunstwerke würden so verschandelt. Wer sich gerne kreativ austoben möchte, kann dies außerdem in Wasserburg tun: Die Künstlergemeinschaft AK 68 führt regelmäßig Street-Art-Aktionen durch. Dafür nutzt der Verein sogenannte „lost places“: die mittlerweile abgerissene Essigfabrik oder bis vor wenigen Wochen noch das Umspannwerk an der Priener Straße, das dem neuen Wertstoffhof weichen wird. Sogar Größen der Graffiti-Kunst wie „Mr. Woodland“ haben sich hier schon kreativ ausgetobt. Jugendliche durften mit Streetart-Künstlern arbeiten. Eine weitere Aktion ist laut AK-68-Vorsitzende Katrin Meindl demnächst geplant.
Schmierereien mit politischen und extremistischen Symbolen oder aggressiv anmutenden Schriftzügen, die ausgrenzen und diffamieren, sind unerwünscht und nicht erlaubt. Außerdem stören sie das Stadtbild. Beispiel Rote Brücke: Das beliebte Fotomotiv lässt sich laut Rieger kaum noch von einer Stelle aus fotografieren, ohne dass Schriftzüge zu sehen sind. „Ich bin ein erklärter Graffiti-Fan, das kann sehr schön sein. Doch solche Schmierereien sind ein großes Ärgernis“, findet er. „Diese Zunahme von Sprayereien erinnert mich an Berlin, wo kaum eine Hauswand ohne auskommt. Doch Wasserburg ist nicht Berlin. Das muss ein Ende haben“, findet eine Leserin, die anonym bleiben möchte.
In eigener Sache
Über Schmierereien berichten oder nicht? Diese Frage stellt sich immer wieder auch die Redaktion der Wasserburger Zeitung und von wasserburg24.de. Denn Tatsache ist: Über unsere Berichterstattung rücken die Taten in den Fokus der Öffentlichkeit. Das könnte Nachahmer auf den Plan rufen. Oder in bestimmten Kreisen dazu führen, dass man sich über die Aufmerksamkeit freut. Trotzdem: Ignorieren ist auch kein Weg, finden wir. Zumal die Polizei Zeugen sucht. Außerdem geht es darum, den Blick zu schärfen: Vielleicht fällt der eine oder andere Sprayer bei seinem Tun auf, wenn die Sensibilität gegenüber Sachbeschädigungen größer wird. Außerdem: Hakenkreuz-Schmierereien stellen eine Straftat dar.

