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Suchtberatungsexperten im Gespräch

Drogen-Alarm in der Region: Wie beliebt Benzos und Opioide bei Jugendlichen sind

Aufmacher
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Corona, Ukraine-Krieg, Inflation: Gerade Jugendliche wissen oft noch nicht, wie sie mit den negativen Weltnachrichten umgehen sollen. Manche greifen zu starken Drogen, um die Sorgen abzuschalten. Zwei Suchtberatungsexperten sprechen über die Gefahren.

Immer mehr Jugendliche greifen in Bayern zu Benzodiazepinen und Opioiden. Auch in Rosenheim schlagen die Experten Alarm – und warnen vor schwerwiegenden Folgen.

Rosenheim – Wenn Monika Schindler durch den Riedergarten geht, kommt es immer wieder vor, dass sie leere Tablettenpackungen entdeckt. „Zum Teil sogar von starken Schmerzmitteln“, sagt die Suchtberatungsexpertin der Diakonie Rosenheim.

Bei Jugendlichen in Bayern steige laut dem Datenportal des Bundesdrogenbeauftragten der missbräuchliche Konsum von Benzodiazepinen und Opioiden. Waren es laut dem Institut für Therapieforschung München im Jahr 2011 noch 2,3 Prozent, so stieg die Zahl in 2019 auf 8,7 Prozent.

„Das ist auch bei uns in Rosenheim schon seit 2019 ein riesiges Thema“, sagt Schindler. Jeder dritte Jugendliche habe ihrer Erfahrung nach diese Drogen bereits ausprobiert. Gründe hierfür seien einerseits die Hip-Hop-Szene, in der drogenverherrlichende Lieder eine Rolle spielen und andererseits Weltkrisen wie Corona oder der Ukraine-Krieg. Krisen wie diese würden bei vielen Jugendlichen einen Weltschmerz und Angstzustände auslösen, die durch die beruhigende Wirkung der Drogen gedämpft werden könnten.

Das sind die Gefahren

Wie im Mutterleib – so hätten einige jugendliche Konsumenten die Wirkung in Gesprächen mit Monika Schindler beschrieben. Dieses Gefühl kann aber einen hohen Preis haben: Bei beiden Substanzarten kann man laut Schindler innerhalb einer Woche körperlich abhängig werden.

„Die Wirkung und Gefahren der Drogen werden unterschätzt“, sagt Monika Schindler. Deshalb sei es wichtig, darüber aufzuklären. In der Medizin werden laut Schindler einige dieser Drogen als starke Schmerzmittel verwendet. Eine Überdosis dieser Mittel kann zu einer lebensgefährlichen Atemdepression führen und die Medikamente sollten deshalb nur unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden.

Die Entzugserscheinungen sind laut Schindler unter anderem Müdigkeit, Schwindel und Erbrechen. „Wer abhängig ist, muss in eine Klinik gehen, das kann man nicht alleine lösen“, sagt Schindler. Bei akuten Vergiftungen könne man sich an das Romed Klinikum Rosenheim wenden, laut Elisabeth Siebeneicher, Pressesprecherin der Romed-Kliniken, begibt sich die Mehrheit der Drogenabhängigen aber in spezialisierte Fachkliniken. Eine dieser Kliniken ist die Heckscher Klinik, die auch einen Standort in Rosenheim hat. Katharina Bühren, die ärztliche Direktorin der Klinik, kann keine genauen Zahlen nennen, doch laut ihr sei die Anzahl der Patienten seit 2022 deutlich angestiegen.

Auch bei Alexander Huber, Polizeihauptkommissar des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, gibt es noch keine konkreten Zahlen zum Substanzmissbrauch in Rosenheim für das Jahr 2023. Eine allgemeine Kriminalstatistik werde erst im März veröffentlicht. Im Jahr 2022 habe es 357 Gesamtfälle in der Stadt Rosenheim gegeben, im Jahr zuvor 306. Von einer Problematik will Huber aber nicht sprechen.

Leichter Zugang

Die meisten Konsumenten kaufen die Drogen im Internet. „Das geht ganz einfach, im Darknet, auf Social Media oder über bestimmte Internetforen“, sagt Schindler. Andere würden zu den Schmerzmitteln ihrer Verwandten greifen oder spielen eine Krankheit vor, um Medikamente verschrieben zu bekommen.

Auch Ludwig Binder, Geschäftsführer der Rosenheimer Suchtberatungsstelle Neon, beobachtet den Trend. „Manche Jugendliche betreiben Ärztehopping – sie erzählen vielen Ärzten eine erfundene Leidensgeschichte und bekommen mehrere Rezepte gleichzeitig“, sagt er. Die meisten jugendlichen Konsumenten sind laut Binder bereits mit Drogen vertraut und in einer entsprechenden Szene vernetzt.

Lieber früh zu einer Beratungsstelle

Eindeutige Anzeichen für einen Missbrauch von Benzos und Opioiden gebe es oft nicht. Verhaltensweisen wie sozialer Rückzug, eine Persönlichkeitsveränderung und ein unerklärlich hoher Geldverbrauch könnten laut Neon aber darauf hinweisen. Präventiv können Eltern darauf achten, den Kindern und Jugendlichen beizubringen, wie man mit Stress und den eigenen Gefühlen umgeht. „Wer mit Drogen vor den eigenen Problemen wegläuft, lernt nie, diese zu bewältigen“ sagt Binder.

Allerdings sei es laut Monika Schindler wichtig, nicht übertrieben misstrauisch zu sein. „Man sollte als Elternteil vor lauter Sorge nicht das Zimmer der Kinder durchsuchen“, sagt sie. Wichtig sei es, mit den Jugendlichen im Gespräch zu bleiben und im Zweifelsfall lieber früher als später zu einer Suchtberatungsstelle zu gehen.

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