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Einige Stationen der Geschichte: Eine Anzeige zum Neustart unter Johann Dichtl 1997 (links oben), eine Anzeige der Fischküche aus den 1920er Jahren (links mitte) und eine Anzeige anlässlich der Übernahme durch die Brauerei Flötzinger 1996 (links unten).
Seit kurzer Zeit kann man wieder das historische Sudhaus der „Fischküche“ in Rosenheim besichtigen. Anlässlich dessen haben wir uns auf einen Streifzug durch das Zeitungsarchiv begeben und für euch einige interessante Quellen zur Geschichte des Traditionslokals zusamnmengetragen.
Rosenheim - „Gestern Sonntag früh halb 4 Uhr ist Herr Benedikt Bierbichler sen., Gasthof- und Weißbierbrauerei-Besitzer, wohlvorbereitet durch den Empfang der heiligen Sterbesakramente, von dreimonatlichemn überaus schweren Leiden erlöst worden“, vermeldet das „Rosenheimer Tagblatt Wendelstein“ am 3. September 1928, „Er erreichte ein Alter von 65 Jahren. Ein Leben reichster Arbeit, größter Enthaltsamkeit und äußerster Sparsamkeit ist mit Herrn Bierbichler zu Ende gegangen.“ Er sei als Gastwirtssohn in Brunnenbach bei Kochel geboren worden. Schon mit 13 Jahren habe er das Elternhaus verlassen müssen, da seine kinderreiche Familie „in dürftigen Verhältnissen lebte“. In der Folge habe er sich als Hüterknabe, Flößer und zuletzt als Fischer verdingt.
Bilder: Das Alte Sudhaus der Fischküche wurde renoviert und so schaut es Innen aus
Nach seiner Eheschließung mit 24 Jahren habe ihn dann „die Sehnsucht nach seinem geliebten Oberland“ getrieben und pachtete ein Fischereirecht am Simssee. „Bei Nacht Fischerei, bei Tag Oekonomiearbeit gönnte er sich fast keine Ruhe.“ Schließlich habe er von seinem Bruder eine Krämerei in Oberaudorf erwerben und dort dann bald auch eine Gastwirtschaft etablieren können. „Dann erlernte er die Weißbierbrauerei.“ Nach acht Jahren in Oberaudorf pachtete er schließlich 1905 die neu erbaute Wirtschaft „Rosenheimer Volksstüberl“. „Die er mit der heute so bekannten Fischküche verband. Einige Jahre später konnte er das Anwesen bei einer Zwangsversteigerung für sich erwerben. Durch seinen Wahlspruch ‚Immer ehrlich und gerecht‘, nach dem er in seinem ganzen Leben gehandelt hat, brachte er sein Geschäft auf die heute so ansehnliche Höhe und erfreute sich weit über Rosenheims Mauern größter Hochachtung und Wertschätzung.“
Erst vor kurzem wurde ein Stück Rosenheimer Wirtshausgeschichte wieder greifbar: Das Alte Sudhaus der „Fischküche“ wurde umfangreich restauriert und kann nun wieder besichtigt werden. Jahrzehntelang war hier das Bierbichler-Weißbier gebraut worden. Wie das Stadtarchiv Rosenheim berichtet, hatte der Aiblinger Baumeister Johann Meishammer ab 1905 an der Ecke Herzog-Heinrich-Straße (heute Gillitzerstraße)/Herzog-Otto-Straße das Gebäude der heutigen „Fischküche“ errichtet. Vom Besitzer der Flötzinger-Brauerei, Josef Krichbaumer wurde 1907 dann, das „reale Bierwirtschafts-, Garkoch-und Metzgerrecht“ gepachtet, als Pächter Benedikt Bierbichler gewonnen und das Gasthaus nahm als „Rosenheimer Volksstüberl“ den Betrieb auf. Für das Brauen des eigenen Weißbiers wurde extra ein Sudhaus eingerichtet, das nun wieder in altem Glanz erstrahlen kann.
Geschichte der Fischküche: Begründer Benedikt Bierbichler senior für Sparsamkeit, Fleiß und Ernst bekannt
Zehn Jahre vor Bierbichlers Tod, am 31. Dezember 1918, vermeldete wiederum der „Rosenheimer Anzeiger“: „Eine liebvertraute Gaststätte von bestem Renommee, die man im öffentlichen Leben Rosenheims nicht gerne vermissen möchte,. wird dieser Tage ihre Bewirtschaftung wechseln. Herr Benedikt und Frau Julie Bierbichler treten am 1. Januar von der Führung des unter dem Namen ‚Volksstüberl -Fischküche‘ bekannten Wirtschaftsbetriebs zurück. Nachfolger werden die beiden Söhne.“ Auch der Artikel im „Anzeiger“ zehn Jahre zuvor lobt bereits Bierbichlers „biederen Charakter, seine streng reelle Geschäftsführung und das fleißige, unermüdliche Hand in Hand Arbeiten der Eheleute Bierbichler.“ Er habe nun „sein Wirtschaftszepter, das er während seines Wirkens seiner beiden Söhne im Felde [des 1. Weltkriegs] ganz alleine geführt, an diese abgegeben.“ . Einer seiner beiden Söhne machte sich später mit einer eigenen Fischhandlung selbständig, aus welcher der bis heute bestehende Fisch- und Lebensmittelgroßhandel Bierbichler hervorging.
Die Ehefrau des Wirtshaus- und Brauereibegründers sollte ihn noch um einige Zeit überleben. „Ihren 70. Geburtstag feiert am Donnerstag in aller Stille Frau Julia Bierbichler. Die Jubilarin ist uns bekannt als äußerst tüchtige und strebsame Geschäftsfrau“, heißt es in der Ausgabe des „Rosenheimer Tagblatt Wendelstein“ vom 20. Januar 1937. Sie sollte noch das stolze Alter von 94 Jahren erreichen. Gasthaus und Weißbierbrauerei betrieb unterdessen Benedikt Bierbichler Junior. Ab den 1950er Jahren fiel dann das „Volksstüberl“ ebenfalls weg und es war nunmehr die „Fischküche“, wie man sie heute kennt. Ihm folgte wiederum sein Sohn Benedikt nach, dessen Witwe und Sohn sich 1996 entschlossen, Haus und Brauerei an die Flötzinger-Brauerei zu verkaufen. Ein Schritt, der sichtlich damals für Aufsehen in Rosenheim sorgte.
Nach Übernahme durch Flötzinger 1996: Versicherung „das Original bleibt“
„Das Original bleibt!“, heißt es in einer Anzeige im Oberbayerischen Volksblatt in der für die Wiedereröffnung am 18. Mai jenes Jahres geworben wird. „Das Verkaufsangebot kam sehr plötzlich“, berichtete damals Franz Steegmüller, der Eigentümer der Flötzinger Brauerei gegenüber der Zeitung. Der Brauereibetrieb ging zunächst in den alten Räumlichkeiten weiter, ab 1997 dann bei der Brauerei. „Natürlich sei es in der heutigen Zeit schwer, eine Brauerei quasi als Ein-Mann-Betrieb zu führen, sagte Alfred Bierbichler. Das rentiert sich in dieser Größenordnung nicht mehr“, heißt es weiter in dem Bericht. Schließlich übernahm Hans Dichtl den Betrieb „Dichtl war jedoch schon Teil des Ganzen, als die Gaststätte in der Herzog-Otto-Straße noch im Besitz der Familile Bierbichler war. Er war zuerst Koch, trat dann als Pächter auf, stand aber immer noch am Herd. Mit einem Beikoch und zwei treuen Hilfen im Lokal wuchs eine eingeschworene Mannschaft zusammen. Nach rund 35 Jahren in der ‚Fischküche‘ war Johannes Dichtl als Wirt eine Institution in Rosenheim. Zur Herbstfestzeit schloss er wie immer das Lokal, um in seine österreichische Heimat zu reisen. Dort starb er überraschend.“, heißt es im Nachruf des OVB auf ihn vom 22. September 2012.
Acht Jahre lang führte dann das Ehepaar Haldek die Geschicke des Tradtionslokals, bis sie sich im Zuge der Corona-Pandemie zur Aufgabe entschlossen. „Wir haben uns seit dem Beginn der Pandemie gerade so über Wasser gehalten“, sagte Christine Haldek Mitte Juli 2021 gegenüber dem OVB, insgesamt hätten zuletzt die schlechten Momente überwogen. Damit begann für die Flötzinger Brauerei die aufwändige Suche nach einem neuen Pächter, der sich schließlich in Vitus Mitterfellner fand. Anfang Februar 2022 konnte die Übergabe an ihn dann bekanntgegeben werden.