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Aus dem OVB-Zeitungsarchiv

„Kinder raus, die Decke stürzt ein!“ - Unglück an der Königschule vor 50 Jahren war beinahe fatal

Links: Die Ehrung des Konrektors Max Steinhart, im Bild aus dem OVB vom 7. Juni 1975. Rechts: „So sah es nach dem Einsturz unter der Rigipsdecke aus“, heißt es zu dem Bild aus der Zeitung vom 23. Oktober 1973.
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Links: Die Ehrung des Konrektors Max Steinhart, im Bild aus dem OVB vom 7. Juni 1975. Rechts: „So sah es nach dem Einsturz unter der Rigipsdecke aus“, heißt es zu dem Bild aus der Zeitung vom 23. Oktober 1973.

Vor 50 Jahren wurde Konrektor Max Steinhart für sein engagiertes Handeln beim Einsturz der Decke der „Königschule“, der heutigen Wirtschaftsschule an der Königstraße, geehrt. Wir zeichnen das Geschehen und die Folgen an Hand von Artikeln aus dem OVB-Zeitungsarchiv nach.

Rosenheim - „Kinder raus, die Decke stürzt ein!“, habe Max Steinhart, der Konrektor der Volksschule, seinen Schützlingen zugerufen, berichtet das Oberbayerische Volksblatt (OVB) am 23. Oktober 1973. Ein „verdächtiges Knistern“ habe ihn auf den bevorstehenden EInsturz aufmerksam gemacht. „Ängstlich schreiend verließen die Kinder panikartig das Lehrzimmer, wer nicht durch die Tür kam, sprang auf Anweisung von Steinhart aus dem Fenster in den zwei Meter tiefer gelegenen Schulhof.“ Nur ein körperlich behinderter Junge habe sich nicht rechtzeitig hinausbegeben können, ihm habe Steinhart zugerufen, sich in eine Fensternische zu drücken. „Erreichen konnte Steinhart das körperbehinderte Kind nicht mehr, denn mit Getöse fiel die Decke herunter und begrub unter sich die Hefte und anderes Schulzeug.“

„Rechtzeitig flüchten konnten die Schüler der Klasse 4a der Rosenheimer Königschule, als am Montag gegen 11 Uhr die Decke herabstürzte“, heißt es zu dem Bild im OVB vom 23. Oktober 1973.

Nur ein Kind sei am Ende leicht verletzt worden. Die Ursache sei rasch klar geworden: Pfusch am Bau! Beim Einbau der Rigipsplatten sei bei der „Feinlattung“ nur alle 100 bis 110, statt wie vorgesehen alle 30 Zentimeter ein Nagel eingebracht worden. „Die Befestigung konnte nach ersten Ermittlungen das Gewicht von 30 Kilogramm pro Quadratmeter nicht aushalten. Der Rigipsunterzug wurde in mehreren Arbeitsabschnitten vorgenommen, nachdem schon mehrfach Stücke von rund ein Quadratmeter Größe aus der Decke gefallen waren. Elternbeirat und Schulleitung haben wiederholt bei der Stadt Rosenheim auf die Gefahr in den Schulräumen hingewiesen.“

„Kinder raus, die Decke stürzt ein!“ - Unglück an der Königschule vor 50 Jahren war beinahe fatal

Das Geschehen hatte Folgen: „Ursache des Einsturzes [...] ist eine Handwerksarbeit, die nicht nach den DIN-Vorschriften ausgeführt wurde. Das ist das Ergebnis der bisherigen Untersuchungen, über die Oberbürgermeister Dr. Steinbeißer in einer Sondersitzung des Hauptausschusses des Stadtrats berichtete. Fazit der Sitzung, an der mindestens 100 Zuhörer teilnahmen, war der einstimmige Beschluss, von der Staatsanwaltschaft auch ermitteln zu lassen, ob die Stadtverwaltung ihre Aufsichtspflicht verletzt hat“, meldete das OVB am 26. Oktober 1973. Was bei dieser Prüfung genau ermittelt wurde, lässt sich leider nicht mehr feststellen. Auch in späteren Stadtratsprotokollen taucht das Thema nicht mehr auf.

Am 10. Juli 1974 berichtete dann das OVB davon, wie der Vorfall vor Gericht kam: „Wegen Baugefährdung wurden der Inhaber der Akustikbau-Firma und ein bei ihm beschäftigter Zimmermeister verurteilt. Weil die Verantwortlichkeit eines Unternehmers schwerer ins Gewicht fällt als die eines Arbeiters, der erst ein paar Wochen dem Betrieb angehört, verurteilte das Rosenheimer Schöffengericht den Firmeninhaber zu sechs Monaten Freiheitsentzug auf Bewährung und 2000 Mark Geldstrafe. Der Zimmermeister kam mit 600 Mark Geldstrafe davon.“ In zweiter Instanz wurde das Urteil noch gemildert, wie wir im OVB vom 17. Dezember dann erfahren: „Die Strafkammer kam [...] dem Angeklagten dadurch entgegen, als es die Berufung wohl verwarf, aber die Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe in Höhe von 8000 Mark abänderte. Es sah im Verhalten des Angeklagten kein so großes kriminelles Vergehen, dass es nur mit einer Freiheitsstrafe zu ahnden wäre.“

Ehrung für couragierten Konrektor vor 50 Jahren

Ein glückliches Ende hatte die Geschichte schließlich für den couragierten Konrektor, wie die Zeitung am 7. Juni 1975 berichtet: „Für sein umsichtiges Handeln beim Deckeneinsturz in der Rosenheimer Königschule am 22. Oktober 1973 wurde Konrektor Max Steinhart öffentlich belobigt. Die Urkunde, die von Bayerns Ministerpräsident Dr. Alfons Goppel unterzeichnet ist, wurde im Beisein von Oberschulrätin Anni LeibI und der Lehrerschaft der Königschule von Oberbürgermeister Dr. Albert Steinbeißer überreicht.“ Nach einer umfangreichen Sanierung im Jahr 1974 wurde indessen der Schulbetrieb der Grundschule wieder aufgenommen.

Alle Blicke ins Zeitungsarchiv auf der Themenseite:

Alle bisher erschienen Artikel aus der jeden Samstag um 15 Uhr erscheinenden Reihe „Aus dem OVB-Zeitungsarchiv“ findet Ihr ab sofort auf dieser Themenseite. Aber auch diverse zusätzliche Artikel über spektakuläre Kriminalfälle, bekannte Persönlichkeiten der jüngeren Zeitgeschichte sowie andere bedeutende Ereignisse, nacherzählt an Hand von alten Zeitungsartikeln.

1984 wurde dann aber nach einer weiteren Verwendung für das Gebäude gesucht, aus dem der Grundschulbetrieb nun ausziehen sollte. „Eines der interessantesten Gebäude der Rosenheimer Innenstadt hat jetzt eine neue, seinem Bau entsprechende Verwendung gefunden: die ehemalige Grundschule in der Königstraße 1, die Königschule. Sie ist jetzt die Heimat zweier beruflicher Fachschulen, der Rosenheimer Wirtschaftsschule Dr. Kalscheuer und der Berufsfachschule für kaufmännische Assistenten, Schwerpunkt Datenverarbeitung/Rechnungswesen“, erfahren wir schließlich aus einem Bericht über einen Tag der Offenen Tür anlässlich der Übernahme durch die Privatschule. Diese ist dort bis heute beheimatet.

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