Am Dienstag Thema im Bruckmühler Marktgemeinderat
Flüchtlingsunterkunft in Heufeldmühle? Was dort geplant ist – und was die Anwohner fordern
Selten war die Aufregung im Vorfeld einer Sitzung des Bruckmühler Marktgemeinderats so groß: Weil der Landkreis Rosenheim eventuell eine Wiese in Heufeldmühle für eine Flüchtlingsunterkunft nutzen will, laufen die Anwohner Sturm. Das sind die Fakten.
Bruckmühl – Nur wenige Stunden, nachdem die Marktgemeinde Bruckmühl die Tagesordnung für die Sitzung des Marktgemeinderats am Dienstag (28. Februar) öffentlich gemacht hatte, wurde in der Facebook-Gruppe „Bürgerforum Bruckmühl“ heiß diskutiert. Denn unter dem Tagesordnungspunkt sechs wird das Gremium am Dienstag über die Verpachtung eines gemeindeeigenen Grundstücks an der Heufelder Straße 18 im Ortsteil Heufeldmühle diskutieren, die der Landkreis anmieten möchte, um dort eine Flüchtlingsunterkunft zu errichten.
Ein Vorhaben, das einige Anwohner und Mitglieder der Facebook-Gruppe in helle Aufregung versetzt hat. So sehen einige Gruppenmitglieder die Sicherheit im Umfeld des Areals durch die mögliche Ansiedlung von Flüchtlingen in Gefahr. „Ich möchte auch nicht alle über einen Kamm scheren, aber der Baggerweiher ist für unsere Jugend, insbesondere die Mädchen, dann wohl auch nicht mehr sicher“, befürchtet ein Facebook-Nutzer. Ein anderer sieht vor allem dieses Areal als „problematisch“ an, da eine derartige Containersiedlung seiner Einschätzung nach für „deutlich mehr Verkehr“ sorgen würde.
Im ständigen Austausch mit den Nachbarn
Anwohnerin Andrea Schäfer macht sich ebenfalls Sorgen – und hat daher auf der Online-Plattform Change.org die Petition „Keine Container-Anlage in Heufeldmühle“ ins Leben gerufen. Mittlerweile haben dort bereits mehr als 500 Menschen virtuell unterschrieben. Die 45-Jährige wohnt mit ihrer Familie in der Nähe des Grundstücks und steht seit Bekanntwerden des Tagesordnungspunktes im ständigen Austausch mit ihren Nachbarn.
„Wir sind alles andere als Wutbürger“, sagt die 45-Jährige gegenüber den OVB-Heimatzeitungen. „Wir leben hier seit Jahren in der Wohnsiedlung mit verschiedenen Nationen friedlich und nachbarschaftlich zusammen.“ Doch die Planungen der Gemeinde, dem Landkreis die unbebaute Wiese als Standort für eine Flüchtlingsunterkunft anzubieten, bereite ihr seit Tagen „unruhige Nächte“. Schäfer: „Es geht uns nicht darum, etwaige Ängste in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die Frage, ob das wirklich der richtige Platz für eine derartige Einrichtung ist.“
Eine Frage, die Schäfer klar mit „Nein“ beantwortet. „Das hier ist eine reine Wohnsiedlung, in der wir sowieso schon eine prekäre Park- und Durchgangssituation haben“, findet die Heufeldmühlerin, die bei ihrer Argumentation auch die Wiese als Spielfläche für die Kinder und ökologischen Lebensraum ins Feld führt. „Der nächste richtige Spielplatz ist rund zehn Gehminuten entfernt“, erklärt die 45-Jährige. „Die Kinder aus der Siedlung haben diese Wiese daher immer als Bolzplatz oder Spielfläche genutzt.“
Auch Ängste in der Nachbarschaft, die mit einem möglichen Zuzug von Flüchtlingen aus anderen Kulturkreisen einhergehen, will Schäfer nicht verhehlen, stellt aber auch klar: „Wir sind nicht ausländerfeindlich.“ Auch Nachbarn, die selbst nicht in Deutschland geboren worden sind, würden sich mittlerweile Sorgen um die Ruhe in der Siedlung machen, sollte dort eine Flüchtlingsunterkunft errichtet werden.
Anwohner vermissen Aufklärung seitens der Gemeinde
Doch nicht nur die mögliche Absicht seitens des Landratsamtes und der Marktgemeinde sorgen bei Schäfer und ihren Nachbarn für Unmut, sondern auch das Vorgehen der Kommune. „Wir finden es einfach nicht in Ordnung, dass die Gemeinde im Vorfeld nicht das Gespräch mit den Nachbarn sucht“, sagt die 45-Jährige, die findet, dass das Thema „klammheimlich“ auf der Tagesordnung des Marktgemeinderats gelandet sei.
Eine Einschätzung, bei der Bruckmühls Bürgermeister Richard Richter (CSU/PW) der Heufeldmühlerin allerdings widerspricht. Denn dass auf dem gemeindeeigenen Grundstück an der Heufelder Straße eine Flüchtlingsunterkunft entstehen könnte, sei bereits vor rund einem Jahr öffentlich im Gemeinderat diskutiert worden. Damals laut Richter allerdings „ohne Petition oder Aufschrei der Anwohner“.
Damals sei das Areal dem Landkreis allerdings nur für die Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine angeboten worden. Eine Einschränkung, die nun bei der Marktgemeinderatssitzung aufgehoben werden soll. Was Richter unterstützt: „Für mich macht es keinen Unterschied, ob in der Ukraine wegen Russland die Erde bebt oder in Syrien wegen anderer Aggressoren“, macht der Rathauschef deutlich, dass für ihn die Herkunft bei Kriegsflüchtlingen keine Rolle spielt. Richter: „Ich hege berechtigte Hoffnungen, dass diese Einschränkung aufgehoben wird.“
Für uns ist das auch eine humanitäre Verpflichtung.
Der Landkreis habe das Areal bereits begutachtet und mitgeteilt, dass dort eine doppelstöckige Containeranlage für maximal 64 Bewohner machbar wäre. Im Falle einer Verpachtung an den Landkreis würde das laut Richter für eine Laufzeit von mindestens sieben Jahren geschehen. Er könne zwar die Sorgen und Ängste der Anwohner in Heufeldmühle verstehen, macht aber auch deutlich: „Für uns ist das auch eine humanitäre Verpflichtung.“
Derzeit sind drei Turnhallen im Landkreis belegt
Wann dort eine Flüchtlingsunterkunft entstehen und wer dann dort genau einziehen könnte, auf diese Fragen kann das Landratsamt derzeit keine Angaben machen. „Das Landratsamt Rosenheim gibt erst weitergehende Auskünfte zu den uns gemeldeten Angeboten zu Unterbringung von Flüchtlingen, sobald tatsächlich ein Mietvertrag abgeschlossen ist und auch genau absehbar ist, wann eine Belegung erfolgen kann“, teilte Sprecherin Tanja Pfeffer auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen mit. Nach Angaben Pfeffers müssten neue Unterkünfte auf der einen Seite für Personen, die derzeit in drei Turnhallen im Landkreis untergebracht sind, geschaffen werden, aber „auch für die weiteren Flüchtlinge, die in den nächsten Monaten dem Landkreis Rosenheim zur Unterbringung durch die Regierung von Oberbayern zugewiesen werden“.
Für die Sitzung des Marktgemeinderats am Dienstag ab 18 Uhr in der Kulturmühle ist jedenfalls mit einem deutlich höheren Besucheraufkommen zu rechnen, als üblich. Denn nach Angaben von Schäfer wollen viele Häuser aus der Siedlung jeweils einen Vertreter entsenden, „um Informationen aus erster Hand zu bekommen“. Sie hofft, dass sich die Gemeinde zumindest bei der Forderung, nach „anderen, passenderen Grundstücken“ zu suchen, gesprächsbereit zeigen wird.
Eine Forderung, die wohl auch die Grünen-Fraktion einbringen will. „Das haben wir so in Erwägung gezogen“, bestätigt Dr. Monika Mager auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen. Sie selbst habe das Gefühl, dass es den Anwohnern dort bei ihren Vorbehalten auch nicht um das Flüchtlingsthema an sich gehe, sondern um nachvollziehbare Vorbehalte. „Die Heufelder Straße ist ja bereits jetzt eine sehr belastete Straße.“ Daher sei es sinnvoll, über alternative Standorte nachzudenken, beispielsweise das Areal hinter dem Bauhof. Die seitens der Anwohner gestartete Petition sieht sie dennoch kritisch: „Diese ‚Ja‘- und ,Nein‘-Fragen sind mir einfach zu alternativlos.“
Grünen-Vertreterin zeigt Verständnis für die Anwohner
Dass sich die Anwohner bei der Entscheidung übergangen fühlen, kann die Grünen-Vertreterin hingegen nachvollziehen. Ein Vorwurf, der sich zum einen gegen die Gemeindeverwaltung richtet (Mager: „Es ist schon so, dass man da oft etwas einfach vor die Nase gesetzt bekommt.“), aber auch gegen das Landratsamt. Denn auch von Flüchtlingshelfern hören sie immer wieder, dass die Möglichkeiten zur Mitsprache sehr begrenzt seien.
Ein Mitspracherecht, das laut Geschäftsordnung auch bei Marktgemeinderatssitzungen nicht vorgesehen ist. Bei Aufrufen wie dem eines Facebook-Nutzers, der im Rahmen der Diskussion vom „Sprengen der Versammlung“ und „Widerstand von den Zuhörern“ geschrieben hatte, kann Richter daher nur den Kopf schütteln. „Dann wird die Sitzung halt notfalls abgebrochen“, so der Rathauschef, der anfügt: „Das wäre aber wirklich beschämend für die Bruckmühler Bürger. Da müssten wir uns dann schon fragen, wen wir da eigentlich vertreten.“