„Hatten Angst, dass die Decke runterkommt“
Riesige Buche kracht aufs Dach: Drei Bruckmühler verlieren bei heftigem Unwetter ihr Zuhause
Bei einem Sturm am 26. August 2023 haben drei Bruckmühler ihr Zuhause verloren, nachdem eine Buche auf das Haus gekracht war. Was das Trio als erstes in Sicherheit gebracht hat – und wieso das Verhältnis zweier Haustiere die Suche nach einer neuen Bleibe erschwert.
Bruckmühl – Wie sich die persönliche Lebenssituation binnen weniger Sekunden völlig ändern kann, davon können drei Bruckmühler Musiker – Veronika Meier (37), Daniel Schunko (38) und Jacqueline Floßmann (32) – ein Lied singen. Bei einem schweren Unwetter am Samstag, 26. August 2023, war ein riesiger Baum auf das Wohnhaus an der Bruckmühler Straße, in dem das Trio bislang lebte, gestürzt. Die Räumlichkeiten sind seitdem unbewohnbar. Nun sind die drei, die in zwei Wohnungen unter einem Dach gelebt hatten, auf der Suche nach einer neuen dauerhaften Bleibe. Deren größter Wunsch: Dass die bisherige WG-ähnliche Wohnsituation bestehen bleibt.
Gassirunde mit Hund Jackson vom Winde verweht
Samstag, 26. August, gegen 16.30 Uhr: Veronika Meier überlegt, mit Jackson, ihrem schwarzen „rumänischen Straßenhund“, eine Runde Gassi zu gehen, verwirft diesen Gedanken aber beim Blick gen Himmel, wo dunkle Wolken bereits ein drohendes Unwetter ankündigen. Doch aus dem „gemütlichen Nachmittag daheim“, der Meier, die das Obergeschoss gemeinsam mit ihrem Freund Daniel Schunko und Hund Jackson bewohnt, nun vorschwebt, wird nichts. Denn der Sturm wird immer stärker, mit einer „Mischung aus Faszination und Angst“ beobachtet sie, wie die Äste der monströsen Buche vor dem Fenster „hin- und hergeweht“ werden.
Auch das Verhalten ihres Hundes Jackson kommt der 37-Jährigen seltsam vor. Denn normalerweise verziehe sich der Vierbeiner bei einem Gewitter in seine eigene Box, wie die Hundehalterin berichtet. „Diesmal wollte er aber unbedingt raus aus der Wohnung und hat immer gegen die Haustür gestoßen“, sagt Meier. Als ob das Tier gemerkt hat, dass dem Haus und dessen Bewohnern Unheil drohen könnte.
Dann geht alles ganz schnell: „Ich habe ein Scheppern gehört“, erinnert sich Meier, die gemeinsam mit Freundin und Erdgeschoss-Bewohnerin Jacqueline Floßmann in der Band „Doll Circus“ spielt. „Beim Blick auf den Balkon habe ich dann zunächst nur lauter Blätter gesehen und gedacht, dass wohl ein ganzer Ast abgebrochen ist.“ Als sie beim Blick in Richtung Boden allerdings dicke, fette Wurzeln aus dem Erdreich ragen sieht, wird ihr plötzlich klar: „Die komplette Buche ist uns voll aufs Haus gekracht.“
Dass nun Eile geboten ist, um die wichtigsten Kostbarkeiten zu retten, merken die Musiker – Schunko ist Teil der Band „Raygun Rebels“ –, als im Probenraum des Hauses dicke Wassertropfen, die bereits ins Innere gelangt sind, aufs Schlagzeug tropfen. „Da war für uns klar, jetzt müssen wir schnell reagieren und sofort unsere Instrumente in Sicherheit bringen.“ Gerade noch rechtzeitig, denn nur wenig später schießt bereits Wasser aus allen möglichen Löchern und Ritzen, wie beispielsweise aus den Bohrlöchern der Deckenlampen. „Das war, als hätte jemand einen Wasserhahn aufgedreht“, erinnert sich Schunko an die dramatischen Minuten. „Wir haben dann versucht, das Wasser in Eimern aufzufangen.“ Doch mittlerweile habe der Dachboden bereits komplett unter Wasser gestanden. „Ich hatte echt Angst, dass die Decke runterkommen könnte“, so Meier.
Zwischenzeitlich hatten die drei Hausbewohner auch ihren Vermieter, der im Nebenhaus lebt, erreicht. Er ließ das Gebäude sofort räumen, „weil er nicht wusste, ob vielleicht die Statik gefährdet ist“. Zudem rief er die Feuerwehr Heufeld um Hilfe. Für Christian Weißbrich, stellvertretender Kommandant, alles andere als ein alltäglicher Einsatz. „Das war schon heftig, wie die Buche auf dem Haus lag“, schildert der Feuerwehrler seine Eindrücke. „Das ist ein riesiger Baum mit rund 80 Zentimetern Durchmesser.“ Auch Schunko glaubt nicht, dass im gesamten Wohngebiet „ein größerer Baum zu finden ist“.
Erdgeschoss-Bewohnerin Floßmann kann die ganzen Ereignisse zu diesem Zeitpunkt kaum begreifen. „Ich war völlig durch den Wind“, erzählt die 32-Jährige gegenüber dem OVB. „Das war alles total surreal.“ Erst als das Trio Freunde und Bekannte zusammentrommelt, die in Windeseile mithelfen, das ganze Gebäude auszuräumen, wird Floßmann langsam das Ausmaß der Unwetter-Folgen klar. Doch nicht nur das, sondern auch wie wichtig der Zusammenhalt im Freundeskreis und in der gesamten Region ist. „Das war echt der Wahnsinn, wie viele Leute sofort gekommen sind und mitgeholfen haben, das gesamte Haus binnen kürzester Zeit auszuräumen“, ist das Trio heute noch von der Hilfsbereitschaft tief bewegt. Das Technische Hilfswerk (THW) in Heufeld hatte zudem sofort Räumlichkeiten bereitgestellt, wo die drei Bruckmühler ihr Hab und Gut unterstellen konnten. „Da merkt man erst, wie intakt die Dorfgemeinschaft ist“, so Schunko.
Ausmaß der Zerstörung erst jetzt ersichtlich
Aktuell ist das Paar Meier/Schunko bei Familienmitgliedern untergekommen, Floßmann dagegen bei ihrem Freund, der im Raum Starnberg lebt. Dass sie wieder in das Haus an der Bruckmühler Straße einziehen werden und können, glauben die Drei indes nicht. Denn mittlerweile ist das ganze Ausmaß der Zerstörung ersichtlich. Die Buche ist in der Zwischenzeit entfernt und zerteilt worden, im Dach klafft ein riesiges Loch, auch das Mauerwerk ist stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Zudem haben die massiven Regenfälle deutliche Spuren hinterlassen. Damit das Wasser vom Dachboden überhaupt ablaufen kann, habe der Vermieter, „der ja nichts dafür kann, dem das aber total leid tut“, ein Loch durch die Decke geschlagen.
Die drei Unwetter-Opfer sind daher nun auf der Suche nach einer neuen, langfristigen Bleibe im Mangfalltal zwischen Bad Aibling und Feldkirchen-Westerham. Die WG-ähnliche Situation würden sie dabei am liebsten auch in Zukunft beibehalten, „da wir das so eigentlich schon noch für längere Zeit geplant hatten“, wie Meier betont. Was die Suche etwas erschweren könnte: Hund Jackson und Floßmanns Katze Maja sind sich alles andere als wohlgesonnen, weshalb das Trio auch in Zukunft unbedingt zwei getrennte Wohneinheiten benötigt. Hinweise und Angebote für ein neues Zuhause nehmen die Bruckmühler gerne per E-Mail an jacqueline.flossmann@web.de entgegen.


