„Unser Geschäft existiert quasi nicht mehr“
Böse Überraschung nach dem Urlaub: Wasserburger Gemüsehändler stehen vor dem Nichts
Es ist eine unfassbare Geschichte: Als das Ehepaar Mondelli aus dem Italienurlaub zurückkommt, findet es seinen Lagerraum für den Gemüsestand in der Wasserburger Hofstatt ausgeräumt. Alles weg! Wie es dazu kommen konnte und warum der „Bussi Schorschi“ aus Schechen in die Sache geraten ist.
Wasserburg – Seit 20 Jahren verkaufen Sonja und Roberto Mondelli Gemüse in der Wasserburger Altstadt. Das Lager für die Kühlung, für Regale, Kisten, Aufsteller, Werbematerialien und vieles mehr befand sich seit zehn Jahren in der Sedlmaiergasse 10.
Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude hat seit Kurzem einen neuen Eigentümer: Als solcher stellte sich nach Angaben der Mondellis vor Wochen „im Vorbeigehen“ Unternehmer Georg Weiß (Baumschule Weiß) aus Schechen vor. Das Haus solle saniert und umgebaut werden, habe er ihnen mitgeteilt. Im Februar würden die Arbeiten beginnen.
Die Mieter entschlossen sich daraufhin, auszuziehen – zum 1. November 2022. Denn die Bauarbeiten würden sich nicht mit sensibler Ware wie Gemüse vertragen. Außerdem sei eine Mieterhöhung angekündigt worden, so die Mondellis.
Riesenschreck nach dem Italienurlaub
Der Lagerwechsel an sich war auch kein Problem, denn die Gemüsehändler fanden schnell einen neuen Platz. Entspannt fuhren sie deshalb jetzt in den Italienurlaub. Während ihrer Abwesenheit aber begann bereits die Entrümpelung des Gebäudes. Das beauftragte Unternehmen entsorgte fast alles, was sich im Lager der Mondellis befand. Erst als der Wirt des benachbarten Hennagassls eingeschritten sei, sollen die Ausräumarbeiten gestoppt worden sein.
Nur ein Gegenstand hat die Zwangsentrümpelung überlebt, wie Sonja Mondelli berichtet: „Die Kühlung ist noch da.“ Alles andere: verschrottet. Darunter sind nach ihren Angaben Kassen mit etwa 150 Euro Wechselgeld, Verpackungs- und Dekorationsmaterialien, Werbeschilder, Planen, Möbel und auch persönliche Gegenstände der Familie Mondelli wie Flohmarktsachen, Jacken, Winterstiefel, Sachen der Kinder.
„Unser Geschäft ist quasi vernichtet worden“, sagt Sonja Mondelli, die darauf hinweist, dass sie und ihr Mann schließlich noch für den ganzen Monat Oktober die Miete für das Lager bezahlt hätten. Kein Trost ist es für sie angesichts des emotionalen Werts der vernichteten Sachen, dass die Versicherung des Entrümpelungsunternehmens den Schaden wohl zahlen werde. Dies sei ihr mitgeteilt worden. Das Ehepaar muss nun für die Wiedereröffnung seines Gemüsestands in der Hofstatt alles bis auf die Kühlung neu einkaufen. Es gehe deshalb auch darum, dass die Versicherung den Dienstausfall übernimmt. Vorerst müsse der Stand in der Hofstatt geschlossen bleiben.
Was Sonja Mondelli besonders ärgert: „Die Gleichgültigkeit im Auftritt gegenüber uns.“ Ein Schulterzucken und die Aussage „Ja, mei, ist halt passiert, Versicherung zahlt ja“, seien als einzige Reaktionen gekommen. „Unfassbar. Das ist uns kein Trost. Wir haben schließlich nichts mehr“, sagt Sonja Mondelli kopfschüttelnd.
Auf Anfrage der Wasserburger Zeitung betont Georg Weiß: „Ich habe gar nichts mit dem Haus zu tun.“ Er sei nicht der Eigentümer. Über seinen Anwalt lässt er dann schriftlich Folgendes mitteilen: „Alleinige Eigentümerin und Verwalterin des Anwesens Sedlmaiergasse 10 in 83512 Wasserburg am Inn ist die GW Wasserburg GmbH. Folgerichtig orchestriert diese Gesellschaft auch die Sanierungsmaßnahmen, ferner ist sie umfassend um Kompensation des entstandenen Schadens bemüht“, schreibt die Anwaltskanzlei Theurer. Georg Weiß sei „weder Geschäftsführer, noch Gesellschafter der GW Wasserburg GmbH“. Weiter: „Er steht auch in keinem sonstigen treuhänderischen, gewinnabführenden oder irgendwie anders gearteten Verhältnis zu dieser Gesellschaft. Er steht damit in keiner Verbindung zu der Eigentümerin, der GW Wasserburg GmbH und hat mit der gesamten Sanierung damit nichts zu tun.“
Ein Blick ins Grundbuch zeigt: Georg Weiß ist in der Tat nicht als Eigentümer eingetragen, sondern derzeit noch eine Rosenheimerin. Diese verweist auf Anfrage der Wasserburger Zeitung an den Makler, den sie mit der Abwicklung der Immobilie beauftragt habe. „Für mich ist das Haus praktisch verkauft.“ Und es gibt in der Tat eine Auflassungsvormerkung für die von Weiß‘ Anwälten genannte Firma „GW Wasserburg“ mit Sitz in Wurzach 1 in Schechen, die damit zukünftig Eigentümerin des Gebäudes sein wird. Im Handelsregister steht als Geschäftsführerin Birgit Weiß. Diese ist die Schwester von Georg Weiß. Tag der Eintragung war der 26. Mai 2022.
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Rechtlich hat Georg Weiß also tatsächlich nichts mit der Sache zu tun. Allerdings sagt Sonja Mondelli, dass er bei einem Baustellentermin, an dem neben Vertretern der Stadt auch das Denkmalpflegeamt teilgenommen habe, dabei gewesen sei. Stadtbaumeisterin Mechtild Herrmann bestätigt lediglich einen Ortstermin am Haus. Anlass sei ein Antrag auf Ausräumung des historischen Gebäudes gewesen. Da hier für den Denkmalschutz relevante Teile vorhanden sein könnten, müsse vor Arbeitsbeginn eine Besichtigung mit Besprechung aller Details stattfinden. Der Ausräumung sei dann zugestimmt worden, so Herrmann. „Es ist unklar, ob der Antragsteller (Anmerkung der Redaktion: für die Ausräumung) auch der Eigentümer des Gebäudes ist“, sagt Herrmann. Ein Bauantrag für die Sanierung des Hauses liege der Stadt noch nicht vor.
Entschuldigung gewünscht
Georg Weiß erklärt die Tatsache, dass er in Wasserburg als Bauherr für die Immobilie gehandelt wird, mit seiner häufigen Anwesenheit in der Stadt, die er sehr liebe. Er sei hier halt oft unterwegs, gehe hier gerne spazieren. Der Unternehmer sieht sich aufgrund eines Promi-Status aus „längst vergangenen Zeiten“ – er war als „Bussi Schorschi“ nicht nur in der Münchener Schickeria bekannt – an den Pranger gestellt.
Für Sonja Mondelli und ihren Mann ist es letztlich egal, wer sich für die Verschrottung ihres Geschäfts entschuldigt: ob nun die aktuelle Rosenheimer Eigentümerin, Birgit Weiß oder Spaziergänger Georg Weiß. Nur eine Entschuldigung für die Zwangsentrümpelung wäre halt anständig gewesen, findet sie.

