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Ihr Mann starb bei einem Unfall in Feldkirchen-Westerham

„Man kann und darf auch wieder lachen“: So macht Bianca Hellmich aus Hausham Trauernden Hoffnung

Nicht nur als Foto im Wohnzimmer, auch in ihren Erinnerungen ist Ehemann Erhard bei Bianca Hellmich (49) aus Hausham immer präsent. An der Staatsstraße 2078 bei Feldkirchen-Westerham erinnert ein Holzkreuz an den 51-Jährigen, der dort am 17. April 2013 unverschuldet bei einem Unfall sein Leben verloren hatte.
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Nicht nur als Foto im Wohnzimmer, auch in ihren Erinnerungen ist Ehemann Erhard bei Bianca Hellmich (49) aus Hausham immer präsent. An der Staatsstraße 2078 bei Feldkirchen-Westerham erinnert ein Holzkreuz, das ihr Vater aufgestellt hat, an den 51-Jährigen, der dort am 17. April 2013 unverschuldet bei einem Unfall sein Leben verloren hatte.

Der Moment, als sie vom Unfalltod ihres Mannes bei Feldkirchen-Westerham erfuhr, hat sich bei Bianca Hellmich aus Hausham ins Gedächtnis eingebrannt. Heute, 10 Jahre später, kann sie Trauernden Mut machen: „Das Leben geht weiter – und ist weiter lebenswert.“

Feldkirchen-Westerham/Hausham – Es ist eine feste Konstante im Terminkalender von Familie Hellmich aus Hausham (Landkreis Miesbach): Am 12. Mai wird der Geburtstag von Papa Erhard gefeiert. Beispielsweise im Lieblingsrestaurant des leidenschaftlichen Motorradfahrers. Dass sein Platz dort seit zehn Jahren leer bleibt, nachdem er am 17. April 2013 in Feldkirchen-Westerham sein Leben bei einem tödlichen Unfall verloren hatte, spielt für Mama Bianca (49) und die beiden Töchter Nicole (23) und Annabelle (21) mittlerweile eine untergeordnete Rolle. „Er ist ja irgendwie da“, ist sich die 49-Jährige sicher, die mit ihrer Geschichte Trauernden, die ebenfalls einen geliebten Menschen verloren haben, Mut machen will: „Das Leben geht weiter – und ist weiter lebenswert.“

Eine „scherzhafte Bemerkung“ als letzte Worte

„Bis irgendwann mal!“ Drei Worte, an die sich Bianca Hellmich ihr Leben lang erinnern wird. Denn es sind die letzten Worte, die sie am 17. April 2013 an ihren Mann Erhard, damals 51 Jahre alt, richtet. „Es war als scherzhafte Bemerkung gedacht, weil wir in dieser Woche beide abends immer wieder Termine hatten und nicht klar war, wann wir uns daheim wiedersehen“, erinnert sich Hellmich heute an die Worte zurück, die nur Stunden später bittere Realität werden sollten.

Wie nahezu jeden Tag hatte sich Erhard Hellmich auf sein Motorrad geschwungen und war nach München gefahren, um dort an der Entwicklung neuer Automodelle bei BMW mitzuarbeiten. Wie nahezu jeden Tag hatte er sich dazu entschlossen, den Rückweg über die Landstraßen anzutreten. „Diese Ausfahrt über die Dörfer war seine tägliche einstündige Auszeit“, sagt Ehefrau Bianca. Denn ihr Mann habe zwei große Leidenschaften gehabt: „Die Familie und sein Motorrad.“

Erhard Hellmich stirbt noch an der Unfallstelle

Gut 20 Kilometer trennten den Württemberger, der 2000 seine große Liebe Bianca geheiratet hatte, gegen 18.35 Uhr noch von Zuhause, als eine Autofahrerin aus dem Landkreis Ebersberg von der Kreisstraße RO13 auf die Staatsstraße 2078 bei Feldkirchen-Westerham einbog und den vorfahrtsberechtigten Motorradfahrer übersah. Der Aufprall war nach damaligen Angaben eines Polizeisprechers so heftig, die Verletzungen des Unfallopfers so schwer, dass der 51-Jährige noch an der Unfallstelle starb.

Die Familie und sein Motorrad waren seine Leidenschaften: Bianca Hellmich aus Hausham mit einem Bild ihres 2013 tödlich verunglückten Mannes Erhard.

Welche Tragödie sich nur wenige Kilometer von ihr entfernt abspielen sollte, davon ahnte Bianca Hellmich zu diesem Zeitpunkt noch nichts. Auch wenn sie sich daran erinnern kann, „den ganzen Tag über irgendwie unruhig“ gewesen zu sein. Mit einer Freundin hatte sie sich in einem Wellnessbad verabredet. Ein entspannter Abend – bis schließlich ein Mitarbeiter des Bades die Haushamerin ausfindig gemacht und zu zwei Polizisten begleitet hatte. „Als ich die zwei Polizisten gesehen habe, habe ich Angst bekommen – und mir war sofort klar, dass meinem Mann etwas passiert ist.“

Für die 49-Jährige in diesem Moment besonders tragisch: Dass die Polizisten zunächst daheim in Hausham geklingelt hatten und eine ihrer Töchter die Tür geöffnet hatte. „Die Polizisten haben ihr zwar nicht gesagt, was los ist, aber sie war ja damals schon in einem Alter, wo sie sich zusammenreimen konnte, dass etwas Schlimmes passiert ist“, sagt die Haushamerin, die in Weyarn aufgewachsen war. Auch ihr zweiter Gedanke drehte sich ausschließlich um ihre beiden Töchter: „Mir ging ständig im Kopf rum, wie ich ihnen sage, dass ihr Papa nicht mehr nach Hause kommt.“

Die kommenden Wochen seien für sie dann wie in einem Film abgelaufen. Begleitet zum einen von der tiefen Trauer um den Ehemann und den Gedanken, ab sofort für zwei Kinder alleinige Verantwortung zu tragen. Zum anderen von kräftezehrenden Behördengängen und Formalien, die es zu bewältigen galt. „Da ist meine Mutter echt über sich hinausgewachsen und hat mir so viel abgenommen“, ist die 49-Jährige noch heute dankbar für die Hilfe, die ihr in dieser schweren Zeit zuteil geworden ist.

Familie, Freunde, ihr Chef und die Kirche geben Bianca Hellmich Halt

Auch ihre Chefs – seit 25 Jahren arbeitet sie in einer Rechtsanwaltskanzlei in der Region – seien für sie „eine Riesenstütze“ gewesen. Ebenso wie ihre Freundin, die nach der Todesnachricht die ganze Nacht bei ihr geblieben sei oder eine alte Freundin, zu der vor Jahren der Kontakt abgebrochen war, die sich aber sofort bei ihr gemeldet und Hilfe angeboten habe. Zudem habe ihr ihre Kirchengemeinde Halt gegeben. Besonders bewegt habe sie aber, wie die Freunde ihrer größeren Tochter mit der Situation umgegangen seien. „Die hatten gar keine Berührungsängste“, erinnert sich die zweifache Mutter. „Die waren ständig bei uns, haben sich um Nicole gekümmert und Annabelle auch noch mitgezogen.“ Hellmich: „Das war wirklich ganz toll.“

Dass sie als junge Witwe mit ihren Mitmenschen aber nicht nur gute Erfahrungen gemacht hat, auch daraus macht Hellmich im Gespräch mit dem OVB keinen Hehl. „Da gab es schon auch Leute, die darüber spekuliert haben, wann wir denn aufgrund möglicher Geldsorgen aus dem Haus ausziehen müssen“, erinnert sich die Haushamerin. Oder sie habe komische Blicke geerntet, wenn sie an Allerheiligen bereits vormittags das Grab ihres Mannes besucht und dafür nicht am gemeinsamen Gräberumgang teilgenommen habe. Mit ihrer Taktik „Nicht auf das Gerede hören und nichts auf das Gerede geben“ sei sie aber stets gut gefahren.

Spaß im Silverstar im Freizeitpark: Ausflüge in den Europapark Rust haben Familie Hellmich immer viel bedeutet. Auch heute fühlt sich Bianca Hellmich (Mitte links) ihrem Mann Erhard (Mitte rechts) dort besonders nahe.
Weihnachten hat Erhard Hellmich – hier mit seinen beiden Töchtern Annabelle (links) und Nicole – immer besonders viel bedeutet.

Die 49-Jährige will Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind, wie sie damals, aber nicht nur diesen Tipp mit auf den Weg geben, sondern vor allem Mut machen: Zwar gäbe es auch nach vielen Jahren immer wieder Situationen, in denen sie von der Trauer überwältigt werde – beispielswiese, wenn sie ein Foto ihres Mannes in die Hand nehme oder mit ihren Töchtern Weihnachten feiere (Hellmich: „Mein Mann hat Weihnachten geliebt. Diese Tage hat er richtig zelebriert.“).

Aber: „Die Trauer rückt irgendwann aus dem Mittelpunkt.“ Stattdessen würden immer mehr schöne Erinnerungen oder Erlebnisse, die man mit dem Verstorbenen gemacht habe, in den Vordergrund rücken. Wichtig sei jedoch, sich nicht gehen zu lassen. Hellmich: Man kommt aus dieser Situation raus, muss allerdings – salopp gesagt– auch mal die Arschbacken zusammenkneifen.“ Es sei normal und befreiend, einfach mal „eine Nacht durch zu heulen“. Man müsse sich aber auch klar machen: „Morgen ist dann wieder ein neuer Tag.“ Was Hellmich dabei besonders wichtig ist: „Man kann und darf auch wieder lachen – und glücklich sein.“

Selbst die Schwiegermutter wünscht ihr einen neuen Mann an ihrer Seite

So, wie sie es heute ist. So habe sie zwei tolle Töchter, unvergessliche Erinnerungen an ihren geliebten Mann und einen erfüllenden Job. Nur eine neue Beziehung sei sie seither nicht mehr eingegangen. „Für mich war erst einmal wichtig, dass ich meine Kinder groß bekomme“, sagt die 49-Jährige. Was aber nicht bedeute, dass sie sich das für die Zukunft nicht vorstellen könne. „Selbst meine Schwiegermutter hat nach dem Tod ihres Sohnes gesagt: „Du glaubst doch nicht, dass Erhard gewollt hätte, das Du alleine bleibst?“, erinnert sich die 49-Jährige und lacht.

Doch egal wie die Familienkonstellation in Zukunft aussehen wird: Der 12. Mai als Erhards Geburtstag wird auch in Zukunft eine feste Konstante im Terminkalender der Hellmichs sein. Dann werden Mama Bianca und die mittlerweile erwachsenen Kinder Nicole und Annabelle vielleicht in Erhards Lieblingsrestaurant sitzen und in Erinnerungen schwelgen. Oder aber Zeit im Europapark Rust verbringen, wo sich Bianca Hellmich ihrem Mann „besonders nahe“ fühlt. „Dort haben wir, zu zweit und mit den Kindern, viele wundervolle Stunden verbracht“, erzählt die zierliche Frau mit dem sympathischen Lachen.

Und nicht zuletzt geht die gläubige Frau davon aus, dass ihre letzten Worte „Bis irgendwann mal“, die sie am 17. April 2013 an ihren geliebten Mann gerichtet hatte, nicht nur Abschiedsworte waren, sondern auch ein Versprechen sind. Wobei der 51-Jährige für Bianca Hellmich ja auch nie vollständig gegangen ist – sondern in wundervollen Erinnerungen und durch ihre beiden Kinder auch in Zukunft weiterlebt.

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