Probleme am Chiemsee
Bernauer Zwickmühle: Wohnraum für Einheimische oder Ferien-Apartments für Touristen?
Wohnraum ist wichtig für eine Gemeinde. Ferienwohnungen sind wichtig für den Tourismus. Aber was davon hat Vorrang? Eine Diskussion, wie sie in vielen Kommunen oft aufkommt. So auch kürzlich wieder in Bernau.
Bernau am Chiemsee – Mehr als 130.000 Übernachtungen konnten die 134 Beherbergungsbetriebe mit insgesamt 1506 Betten in Bernau im Tourismusjahr 2023 von Januar bis Oktober laut der Bernauer Tourist Info verzeichnen. Ob das im kommenden Jahr auch so viele sein werden, ist unklar. Fest steht allerdings, dass zum Jahreswechsel auf 2024 sieben Betriebe mit 82 Betten wegfallen werden. Ein Teil der Unterkünfte sind Ferienwohnungen und Ferienhäuser. Die sind bei Gästen durchaus geliebt, der Gemeinde fehlen dadurch aber auch dringend benötigter Wohnraum.
Ferienwohnungen gegen Wohnraum
„Das Thema ist bei uns im Gemeinderat ein Dauerthema”, sagt Bernaus Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber. Die Gemeinde stecke in einer Zwickmühle. Einerseits würden immer mehr Betten für den Tourismus verloren gehen, weil viele der Vermieter von Ferienwohnungen alt werden und dadurch Pensionen oft aufgegeben werden. „Wir haben kürzlich erst die Pension am See verloren, das waren auch 40 Zimmer. Das sind natürlich Einbrüche, die sich im kommenden Jahr in den Übernachtungszahlen widerspiegeln werden.” Auf der anderen Seite bestehe aber auch der Wunsch nach Wohnraum. Der sei in Bernau laut Biebl-Daiber massiv. Besonders der Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum sei groß. „Da stecken wir als Tourismusort immer in der Zwickmühle. Wir haben uns da schon oft die Köpfe heiß diskutiert.”
Kompromiss im Gemeinderat gefunden
Aktuell kam das Thema erneut in der Gemeinderatssitzung zur Sprache. Der Gemeinde lag eine Bauvoranfrage zur Nutzungsänderung von drei Wohneinheiten in einem Sechs-Parteienhaus in Ferienwohnungen. Eigentlich kann das Bürgermeisterin Biebl-Daiber auf dem Büroweg entscheiden. Dennoch wurde es im Gemeinderat zur Abstimmung gebracht. „Nachdem es bei dem Antrag um drei von sechs Wohnungen gegangen war, hätte ich das als Vertrauensbruchs gegenüber dem Gemeinderat empfunden, wenn ich das still und heimlich im Büro entschieden hätte. Es geht ja um die Hälfte des Projekts”, sagt sie. Letztendlich einigte sich das Gremium auf nur zwei und nicht drei Ferienwohnungen. „Ich habe den Bauwerber auch schon vorbereitet, dass ich bei drei Wohnungen nicht mitgehen werde”, sagt Biebl-Daiber. „Der Kompromiss ist für mich in Ordnung. Das spiegelt das wider, dass wir im Tourismus die Betten brauchen und auch Wohnungen brauchen.”
Entscheidung im Sinne des Tourismus
Die Umwidmung der Wohnungen ist auch ganz im Sinne der Bernauer Tourist Info. „Aufgrund der sinkenden Bettenzahl, dem damit zu erwartenden Rückgang an Übernachtungen und Kur- und Fremdenverkehrseinnahmen sowie der geringen Kapazität an großen Ferienwohnungen ist jeder zusätzliche professionelle und moderne Beherbergungsbetrieb seitens der Touristiker sehr willkommen”, heißt es von Seiten der Bernauer Tourist Info. Zusätzlich spiele auch die Größe der Wohnungen eine Rolle. Von den 197 Ferienwohnungen und acht Ferienhäuser in Bernau haben nur 15 eine Kapazität für sechs oder mehr Gäste. „Bernau möchte künftig auch verstärkt jüngere Zielgruppen wie Familien gewinnen”, so die Tourist Info. „Daher ist eine zukunftssichere Ausrichtung der Unterkünfte auf moderne und größere Wohnungen für mehr als sechs Personen wichtig.”
Zweitwohnungen ein „Dorn im Auge”
Bei der Nutzung von Wohnungen gibt es noch eine dritte Variante: die Zweitwohnungen. Also Wohnungen, die nur einen Teil des Jahres genutzt werden. „Die Zweitwohnungen sind mir und dem Gemeinderat ein großer Dorn im Auge”, sagt Bürgermeisterin Biebl-Daiber. Wenn jemand seine Zweitwohnung regelmäßig nutze und viel im Ort sei, dann sei das völlig in Ordnung, sagt sie. „Aber diese Zweitwohnungen, die vielleicht ein, zweimal im Jahr genutzt werden, das ist Wohnraum, der uns entgeht. Da sind uns die Hände gebunden, weil wir nicht in das Eigentumsrecht eingreifen können.”
Es gäbe die Möglichkeit, Zweitwohnungen in touristisch genutzten Gebieten zu beschränken. „Aber wenn, dann muss ich die in unseren Wohngebieten beschränken, und da kann ich nicht, weil das nicht touristisch genutzt wird.” Zumindest bezieht die Gemeinde Einnahmen aus der Zweitwohnungssteuer.