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Podcast aus dem Chiemsee Hospiz Bernau

„Todesmutig“: Katharina Weils Umgang mit dem Sensenmann

Psychologin Katharina Weil aus dem Chiemsee Hospiz Bernau und ihr Podcast „Todesmutig“
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Katharina Weil ist Psychologin im Chiemsee Hospiz Bernau. Ihren Berufsalltag rund um das Thema Tod hält sie in ihrem Podcast „Todesmutig“ fest.

Wer ins Chiemsee Hospiz nach Bernau kommt, hat den Tod vor Augen. Menschen, die an ihrem Lebensende angekommen sind, üben auf Katharina Weil eine gewisse Faszination aus. Die verewigt sie in ihrem Podcast. 

Bernau am Chiemsee - Die Frau, die eine Nahtoderfahrung erlebt hat. Der Witwer, der seine Ehefrau nach mehr als 50 Jahren verlor. Der Traumatherapeut, der sich Sorgen und Ängste Angehöriger anhört. Sie alle hatte Katharina am Mikro.

In ihrem Podcast „Todesmutig“ kommen sie zu Wort, sprechen über Erfahrungen, Trauer, Schicksalsschläge. Hier dreht sich alles um das Lebensende. Das Thema: gruselig wie faszinierend zugleich - so lautet mitunter auch das Feedback, das Katharina von den Hörern bekommt.

Palliativmedizin: Ganz normaler Berufsalltag

„Deinen Job könnte ich nicht machen.“ Diesen Satz hört Katharina oft. Die 32-Jährige ist Psychologin im Chiemsee-Hospiz, hat zuvor im Kinderhospiz gearbeitet. Der Tod ist in ihrem Berufsalltag allgegenwärtig.

„Natürlich klingt es cooler zu sagen, man macht was mit Mode oder mag gutes Essen. Ich mag eben den Umgang mit Sterbenden, auch wenn das manchmal etwas seltsam klingt“, sagt Katharina und ein Lächeln huscht ihr über das Gesicht.

Der schlechte Ruf eilt ihrem Job voraus. „Völlig zu Unrecht“, findet Katharina. An der Arbeit im Hospiz sei nichts Bedrohliches, vor dem man Angst haben müsse, betont sie. „Wir sind ein ganz normales Team, das sich super versteht. Es wird geredet, gelacht, gelebt - natürlich auch mal geweint. Aber die Menschen sind ja noch nicht tot.“

Freilich seien die Mitarbeiter im Hospiz schon ein bisschen ein eigener Schlag an Menschen: „Alle sind unterschiedlich, aber mit dem Herz am rechten Fleck und aus Überzeugung dabei. Das ist kein Job, den man nur mit einer Arschbacke macht.“

Über 40 Podcast-Folgen

Im Hospiz haben die Mitarbeiter Zeit, sich um die Erkrankten ausreichend zu kümmern, die Tage, Wochen oder Monate, die noch auf Erden bleiben, so schön wie möglich zu gestalten. „Das ist anders als im Krankenhaus, es ist ruhiger, angenehmer und entspannter. Die Zeit, wertvoll und schön, voller Lebensqualität. Vor der Palliativmedizin braucht keiner Angst haben“, betont Katharina.

Um genau diese Botschaft nach draußen zu transportieren, hat Katharina den Podcast im Mai vergangenen Jahres ins Leben gerufen. Mittlerweile sind mehr als 40 Folgen auf Spotify verfügbar.

Neugierde: Was kommt danach?

„Die Frage, wie stellt man sich die Begegnung mit dem Sensenmann vor, ist nicht spaßig. Sie gehört aber zum Leben dazu. Dem Tod kommen wir alle nicht aus. Und das wiederum lässt uns neugierig werden. Keiner weiß, was danach kommt.“

Mit ihren Gesprächspartnern versucht Katharina, ein wenig die Furcht zu entziehen, die beim Thema Tod mitschwingt. Sie hat die Hoffnung, dass so mancher dank ihres Podcasts leichter und normaler damit umgehen könne.

Das Wichtigste in ihren Augen: Betroffene nie alleine lassen, es sei denn, sie wünschen das explizit. „Ich würde mich als Psychologin nie aufdrängen und respektiere es, wenn jemand für sich sein möchte. Doch Zuhören oder einfach nur da sein seitens Angehörigen oder Freunden können in solchen Situationen helfen.“

Was ist, wenn der Tag X eintritt?

Katharina wirbt dafür, dass man sich frühzeitig mit der Frage, wie ich mein Lebensende bestreiten will, auseinandersetzen sollte. Patientenverfügung, lebenserhaltende Maßnahmen an Maschinen, Organspende - keine schönen, aber in ihren Augen unabdingbare Themen, die geregelt sein wollen.

Die wenigsten wissen beispielsweise, dass es bei einer nicht heilbaren und weit fortgeschrittenen Erkrankung und begrenzten Lebenserwartung die Möglichkeit gibt, sich zu Hause versorgen lassen zu können - dank der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV).

Den Tod vor Augen: Was macht das mit uns?

Wie reagieren Menschen, die wissen, dass es mit ihnen zu Ende geht? Ganz unterschiedlich, weiß die Psychologin. Über eine große Bandbreite an Emotionen mit Ängsten, Todeswünschen, Wut, Ablehnung und Resignation bis hin zu totalem inneren Frieden habe sie alles schon erlebt.

Zu akzeptieren, dass der Tod einen bald ereilt, sei nicht leicht: Die einen nutzen die Zeit, die ich noch bleibt, mit Dingen, die sie unbedingt noch manchen wollen, lassen sich zum Beispiel ein Tattoo stechen. Andere hadern, werden depressiv und sind verzweifelt. „Das ist menschlich und zeigt, wie vielfältig wir sind. Da gibt es kein richtig oder falsch.“

Für Katharina, die in ihrem Job aufgeht, sei es inspirierend zu sehen, wie Menschen mit Krisen und Schicksalsschlägen umgehen - und manchmal eben auch bestürzend.

Ob die junge Psychologin selbst Angst vor dem Tod hat? Bei dieser Frage wird sie plötzlich nachdenklich. Nach einer kurzen Pause sagt Katharina ganz ruhig und bestimmt: „Ich glaube, das kann ich gerade nicht so ehrlich beantworten.“

Sie lebe - wie die meisten jungen Leute - in der Illusion eines langen Lebens. „Ich weiß nur, dass es passiert. Ich denke aber, ich kann dem Tod relativ gelassen entgegenblicken. Genau wissen werde ich es erst, wenn es in diese konkrete Richtung geht - und auf diesen Augenblick bin ich vorbereitet.“

mb

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