„So etwas gab es in 30 Jahren noch nie“
„Anschlag auf Leib und Leben“ - Im Drahtmoos gerät ein Jäger ins Visier und hat einen Verdacht
30 Jahre lang war es ruhig im 100 Hektar großen Jagdgebiet von Georg Fischbacher. In den letzten Wochen jedoch wurden drei Hochsitze und drei Jagdkanzeln massiv zerstört. Der Jäger hat einen Verdacht.
Bernau – Ein unbefestigter Weg führt durch ein kleines Waldstück im Landschaftsschutzgebiet „Drahtmoos“, unter Einheimischen auch als Weishamer Moos bekannt. Nur ein paar niedergetretene Grasbüschel weisen darauf hin, dass es auch abseits des Weges etwas zu sehen geben könnte.
Offensichtlich geht der Täter geplant vor
Durch hüfthohes Gras und junge, wild und in rauer Menge nachwachsende Faulbäume geht es auf morastigem Untergrund zu einer versteckt gelegenen Jagdkanzel, die der Jagdpächter Georg Fischbacher (70) gebaut und aufgestellt hat – einer Jagdkanzel, an der sich offenbar jemand destruktiv ausgelebt hat. Auf dem Boden liegen herausgestemmte Holzlatten und zerbrochene Plexiglasscheiben. Stabilisierende Streben und Leitersprossen wurden abmontiert.
Anschlag auf Leib und Leben
„Das ist jetzt schon die dritte Jagdkanzel, die man mir in den letzten Wochen zerstört hat. Dazu kommen drei Hochsitze, die man teils abmontiert und umgeschmissen oder ebenfalls massiv beschädigt hat“, berichtet Georg Fischbacher. Er ist der Jagdpächter des circa 100 Hektar großen Gebiets zwischen Bernau und Prien und sichtlich aufgebracht: „Das ist kein Kavaliersdelikt mehr, sondern ein Anschlag auf Leib und Leben und somit eine Straftat.“
Angesichts der Höhe und des Gewichts der beschädigten Jagdkanzel, die beim Ortstermin der Chiemgau-Zeitung in Augenschein genommen wurde, erscheint diese Einschätzung nachvollziehbar. „Hätte ich nichts von der Beschädigung bemerkt, hätte alles unter mir zusammenbrechen können“, merkt Fischbacher an und fügt hinzu: „Es passiert ja auch immer mal, dass auch Spaziergänger oder Kinder auf einen Hochsitz klettern. So etwas kann böse ausgehen.“ Seiner Vermutung nach müsse der Täter ganz bewusst vorgegangen sein und habe zu diesem Zweck auch einen Akkuschrauber mitgeführt.
Spielen die gelben Hinweisschilder eine Rolle?
Warum es jemand auf ihn „abgesehen“ haben könnte, weiß der Jagdpächter nicht. „Das Gebiet betreue ich jetzt schon seit 30 Jahren. So etwas gab’s noch nie.“ Nachdenklich fügt er hinzu: „Vielleicht hat es ja etwas mit den Schildern zu tun, die ich Ende August aufgehängt habe.“ Darauf steht zu lesen: „Achtung Jagdgebiet! Auf den Wegen bleiben. Hunde an die Leine!“
Kein Lebewesen über das andere stellen
Dazu erläutert Georg Fischbacher, dass viele Leute gar nicht wüssten, wie viele Wildtiere es hier gibt und reicht zum Beweis sein Fernglas, durch das rundum mehrere Rehe zu sehen sind, die selbst tagsüber im Gras liegen oder nahe des Waldrands äsen.
Er habe nichts gegen die Spaziergänger, die oft auch aus anderen Ortschaften rundum ins „schöne Weishamer Moos“ kämen, und auch nicht gegen die Hunde. „Bitteschön, verstehen Sie mich nicht falsch, aber mir ist wichtig, das kein Lebewesen über das andere gestellt wird.“ Er selber schaue den Rehen lieber zu, als diese zu schießen, auch wenn das natürlich zu seinem Auftrag gehöre.
Mit den Hundebesitzern läuft es eigentlich gut
Weiter berichtet er, dass es mit den Hundebesitzern die letzten Jahre ohnehin schon besser geworden sei. Viele hätten Verständnis für die Wildtiere und würden ihre Hunde anleinen und auch den Hundekot aufsammeln. Nur gäbe es eben immer noch Menschen, die abseits der Wege gehen oder ungerührt zuschauen, wenn ihre Hunde den Rehen hinterher jagen.
Damit hat der Jäger nichts zu tun
Klar distanziert er sich daher von vier Schildern, die vor rund drei Monaten aufgehängt worden seien. Darauf ein ähnlicher Text wie bei ihm, nur dass es hier abschließend geheißen hätte „Streunende Hunde werden erschossen!“.
„Das kann man so nicht bringen“, betont Fischbacher. Die Schilder seien von einem Mitglied des Priener Gemeinderats aufgehängt worden, der hier eine Scheune und einen Garten hat.
Auf Rückfrage der Chiemgau-Zeitung bestätigt Leonhard Hinterholzer (Grüne), die Schilder aufgehängt zu haben. Ihm sei es darum gegangen, auf das Problem der streunenden Hunde aufmerksam zu machen. Das vor dem Hintergrund, dass die Untere Naturschutzbehörde hier verstärkt die Ansiedlung von Niederwild stützen wolle, das Landratsamt sich aber gleichzeitig außer Stande sähe, eine Anleinpflicht durchzusetzen.
Anzeige ist raus – Jäger sind informiert
Welche Motivation hinter der gefährdenden Sachbeschädigung im Jagdrevier steckt, ist unklar. Der Jagdpächter hat Ende September und Anfang Oktober die Polizei in Prien verständigt. Außerdem wurden seitens der betroffenen Revierjäger und der Jagdgenossenschaft bereits Fotofallen und Wildkameras an verschiedenen Stellen aufgestellt.
Die Jägerschaft bittet die Bevölkerung ihre Augen und Ohren offen zu halten und bei auffälligen Beobachtungen um Meldung beim Jagdvorstand Franz Schnaiter jun., Telefon 0 80 51-9 65 37 70, oder Revierjäger Georg Fischbacher, Telefon 0 80 51-35 90.

