Gemeinsam stark gegen Barrieren
„Eine Behinderung kann jeden treffen“: Premiere des Begegnungs-Cafés in Wasserburg
Was bedeutet es, eine Behinderung zu haben? Wie fühlt es sich an, deswegen auf Diskriminierung zu stoßen? Wie beschwerlich ist es im Alltag? Doreen Bogram und Ingo Hesse vom Behindertenbeirat in Wasserburg können dazu viel erzählen. In einem neuen Café rufen sie zur Begegnung auf.
Wasserburg – „Ich wollte nicht behindert sein, nur krank“, erinnert sich Doreen Bogram an ihre Gefühle, als sie sich zum ersten Mal mit der Manifestierung ihrer Erkrankung auseinandersetzen musste. Die Anerkennung ihrer Schwerbehinderung zu beantragen, fiel ihr sehr schwer. „Ich wollte nicht in eine Schublade gesteckt werden“, sagt sie.
Barrieren auch in den Köpfen abbauen
Das geschieht Menschen mit Beeinträchtigungen jedoch noch heute oft, bedauert auch Ingo Hesse. Denn behindert zu sein, heiße in den Köpfen vieler fälschlicherweise nach wie vor, hilfsbedürftig zu sein. Bogram und Hesse sind das beste Beispiel dafür, dass dies nicht so ist. Sie sind berufstätig, engagieren sich zusätzlich ehrenamtlich im Behindertenbeirat. Sie erheben ihre Stimme, lassen nicht nach, wenn es darum geht, Barrieren auch in den Köpfen abzubauen.
Vier Termine im Jahr 2024
Doch sie wissen auch, wie gut es tut, sich gegenseitig zu stärken und sich auszutauschen: Deshalb bieten sie jetzt gemeinsam mit der Geschäftsführerin des Behindertenbeirats, Ethel D. Kafka, auch Leiterin des Bürgerbahnhofs in Wasserburg, ein Begegnungscafé an. Vier Termine stehen fest für 2024: am Mittwoch, 7. Februar, ab 14 Uhr im Bürgerbahnhof. Und am 3. April, 4. September und 6. November, ebenfalls im ehemaligen Altstadtbahnhof. Bei Kaffee und Kuchen treffen sich Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen. Mal geht es um einen lockeren Erfahrungsaustausch, mal kommen auch Referenten, erklären sie.
Das Thema bei der Premiere am Mittwoch, 7. Februar: Barrierefreiheit in der kalten Jahreszeit. Ein Aspekt, der sicherlich viele Wasserburger angeht, wie Kafka betont, denn das Schneechaos Anfang Dezember und die Eiseskälte im Januar, die auch mit viel Glätte einhergingen, sorgten dafür, dass sich vor allem ältere und gehbehinderte Einwohner kaum auf die Straßen trauten. Das historische Pflaster in der Altstadt gilt als schön, aber gefährlich bei überfrierender Nässe. Wie sind dazu die Erfahrungen von Menschen mit Beeinträchtigungen? Kafka, Bogram und Hesse würden darüber gerne reden – „lösungsorientiert“, wie Kafka betont. Auch Möglichkeiten, die Situation zu verbessern, sollen besprochen werden.
Ziel: Mut machen und Betroffene stärken
Am 3. April dann ein Thema, das ebenfalls viele Betroffene umtreibt: „Stelle ich einen Antrag auf einen Schwerbehinderten-Ausweis?“ Und wenn ja, wie und wo? Welche Unterlagen werden benötigt? Was löst der Entschluss, einen Antrag auszufüllen, bei Menschen emotional aus? Kafka, Bogram und Hesse wollen Mut machen, den Ausweis zu beantragen, auf die Vorteile des Nachteil-Ausgleichs hinweisen.
Plötzlich von Behinderung betroffen
Am 4. September wird im Begegnungscafé darüber gesprochen, was es heißt, plötzlich von einer Behinderung betroffen zu sein. Denn das kann jedem passieren, etwa als Folge eines Unfalls oder einer schweren Erkrankung, wissen die Beiratsmitglieder. Auch bei diesem Thema wollen sie vor allem eins: stärken, damit Betroffene mit ihrer neuen Situation klarkommen.
Am 6. November geht es abschließend um das „barrierefreie Leben im Alter“. Welche Probleme stellen sich, welche Hilfsmittel gibt es, welche Förderungen? Im Gespräch sollen Informationen vermittelt und Erfahrungen ausgetauscht werden, berichten Bogram und Hesse.