Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Rückblick auf elf Jahre Trauer-Bewältigung in Rosenheim

Beate Düntsch-Hermann verlässt das Trauerzentrum „Lacrima“ – Warum sie die Reißleine zieht

Ein Kind durch die Trauer zu begleiten, ist nicht einfach. Für Beate Düntsch-Hermann ist das eine besondere Tätigkeit.
+
Ein Kind durch die Trauer zu begleiten, ist nicht einfach. Für Beate Düntsch-Hermann ist das eine besondere Tätigkeit.

Nach elf Jahren ist für Dr. Beate Düntsch-Hermann Schluss. Die Leiterin des Trauerzentrums „Lacrima“ der Johanniter-Unfallhilfe im Familienzentrum Christkönig geht in den Ruhestand. Nun blickt sie auf die vergangenen Jahre zurück. Warum sie die Reißleine ziehen musste.

Rosenheim – Ein Junge zündet eine Kerze an. Er sei den Tag zuvor traurig gewesen. Beim Klavierspielen habe er sich an seinen Papa erinnern müssen. Sein Vater habe ihm gerne beim Spielen zugehört. „Doch Papi kann das nicht mehr. Der wäre jetzt bestimmt ganz stolz auf mich“, habe der Junge gesagt. Er wollte weinen bei dem Gedanken an seinem verstorbenen Vater. „Aber das habe ich mich nicht getraut, weil die Mami gestern das erste Mal wieder richtig gelacht hat.“

Es ist eine Geschichte, die Beate Düntsch-Hermann sehr berührt hat. Elf Jahre lang leitet sie das Trauerzentrum „Lacrima“ der Johanniter-Unfallhilfe in Rosenheim ehrenamtlich und half den Kindern bei der Trauerbewältigung. „Im Falle des Jungen wollte er die Verantwortung für das verbliebene Elternteil übernehmen“, sagt Düntsch-Hermann. Ganz oft wollen Kinder beim Verlust eines Elternteils dem anderen keine weiteren Sorgen bereiten. Sie werden fleißiger in der Schule und helfen freiwillig im Haushalt.

Dann gebe es auch Kinder, die Rücksicht und einen Schutzraum brauchen. In der Schule sacken die Noten ab und die Stimmung der Kinder schwankt. Nicht untypisch seien auch kurzzeitige Rückschritte in der Entwicklung. „Es gab einmal einen Neunjährigen, der wieder die Duplo-Steine herausgeholt hat. Oder ein Sechsjähriger, der auf einmal wieder in einer Babysprache redete“, sagt die Leiterin. Die Kinder wollen in die Zeit zurück, als die Welt noch in Ordnung war. Denn der Tod eines Nahestehenden erschüttert ein Kind massiv.

Schicksale lassen sie nicht mehr los

Seit elf Jahren begleitet Beate Düntsch-Hermann Kinder durch die Trauer. Jede Geschichte ist individuell und jedes Kind gehe mit dem Tod anders um. Die Geschichten der Kinder hat sie nie an sich herangelassen. „Eine Voraussetzung für die Arbeit mit ‚Lacrima‘ ist, dass wir zwischen Mitleid und Mitgefühl unterscheiden“, sagt sie. Zwar fühle sie mit jeder Familie mit, aber leiden tue sie nicht. Das habe sie durch ihren Beruf als Kinderärztin gelernt. Doch nun ist es genug. „Die harte Haut bekommt langsam Risse“, sagt Düntsch-Hermann. Die Schicksale prallen nicht mehr an ihr ab. Das sei der Moment gewesen, als sie sich für die Rente entschied.

Auf die Zeit blickt sie dennoch zufrieden zurück. Angefangen hat alles in München, das Zentrum von Lacrima. Jeden Tag fuhr Düntsch-Hermann von ihrem Wohnort Tuntenhausen nach Aubing bei München, um dort trauernden Kindern zur Seite zu stehen. Mit der Zeit kamen viele Familien aus dem Landkreis Rosenheim auf sie zu und fragten nach einem freien Platz im Lacrima. Doch die Fahrten stellten sich für viele Familien als Herausforderung dar. Daher sei die Entscheidung gefallen, auch in Rosenheim einen Standort aufzumachen. Die einst ehrenamtlichen Mitarbeiterin Beate Düntsch-Hermann wurde zur Leiterin der neuen Gruppe.

„Trauer ist ein Geschenk“

„Derzeit gibt es zwei Gruppen, die wir betreuen“, sagt sie. In der Kindergruppe sind sieben Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren. Fünf Ehrenamtliche kümmern sich um sie. In der Jugendgruppe passen drei Mitarbeiter auf die sechs Kinder auf. Was sie den Kindern in dieser Zeit mit auf den Weg geben möchte: „Trauer ist ein Geschenk.“ Und, dass es okay ist, dass jeder auf seine Weise und so unterschiedliche lange trauert. In „Lacrima“ erhalten die Kinder einen Ort, in dem sie sich austauschen können, aber auch ihre Emotionen rauslassen können.

Für Beate Düntsch-Hermann war die Zeit in „Lacrima“ eine „sinnstiftende Arbeit“. Doch nun heißt es für sie Abschied zu nehmen. Sie wird zurück in ihre Heimat Berlin ziehen. Auch für Diakon Tobias Rilling, Sachgebietsleiter von „Lacrima“ heißt es, sich zu verabschieden. „Sie war immer sehr zuverlässig und auch in der Leitung des Teams sehr kompetent“, teilt er auf OVB-Anfrage mit.

Beate Düntsch-Hermann habe in ihrer Zeit als Leitung vieles bewirkt. „Letztlich haben wir ihr es zu verdanken, dass Lacrima nicht nur als Gruppenangebot wahrgenommen wird, sondern auch als Fachstelle für trauernde Familien einen Namen bekommen hat“, sagt Rilling. Ihr sehnlichster Wunsch sei es gewesen, dass die Stelle der Leitung von einer ehrenamtlichen Stellung zu einer Festanstellung wird. Dieser Wunsch wurde ihr noch erfüllt. „Lacrima Rosenheim wird immer ein Verdienst von Frau Dr. Beate Düntsch-Hermann sein und bleiben. Dafür gebührt ihr ein riesengroßes Dankeschön“, so Rilling.

Kommentare