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Ein Bauer mit Leib und Seele

16 Jahre Vorsitzender des Zuchtverbands: Balthasar Biechl aus Feldkirchen wird 75 Jahre alt

Noch immer ist Balthasar Biechl bei den Viehmärkten in Miesbach vor Ort.
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Noch immer ist Balthasar Biechl bei den Viehmärkten in Miesbach vor Ort.

Bis 2018 stand Balthasar Biechl aus Feldkirchen an der Spitze des Zuchtverbands Miesbach – dem größten in Bayern. Noch heute ist der Bauer vom Hofberg morgens um 5 Uhr oft der Erste im Stall. Am 21. Mai wird er 75 Jahre alt. Biechl über sein Leben, den Weg zur neuen Oberlandhalle und die Vorwürfe von Tierschützern.

Feldkirchen-Westerham - Der schmucke Hof oberhalb des Lauser Weihers, in dem das Geburtstagskind zusammen mit seiner Frau Annemarie im Austrag lebt, war seit jeher der Mittelpunkt in Biechls Leben. Er wuchs dort mit drei Geschwistern auf und arbeitete gleich nach dem Abschluss der Volksschule und einem Internat-Besuch in Pfarrkirchen im Betrieb mit.

Hofübergabe im Jahr 1973

Schon früh war für seine Eltern klar, dass er als ältester Sohn den Hof übernehmen soll. Die Übergabe erfolgte, als er im Jahr 1973 seine Frau Annemarie heiratete. Aus der Ehe mit der ehemaligen Landtagsabgeordneten und heutigen Ehrenlandesbäuerin gingen zwei Töchter und ein Sohn hervor. Elf Enkelkinder sind mittlerweile nicht nur der ganze Stolz des Opas.

Wenn er es nach der Hofübergabe an seinen Sohn und dem Rückzug von der Verbandsarbeit auch etwas ruhiger angehen lässt, ist er im Grunde seines Herzens noch immer ein Bauer mit Leib und Seele. Seine Ehefrau weiß, dass er nicht selten schon um 5 Uhr in der Früh als Erster aus der Familie im Stall zu finden ist. „Ich helfe gerne da mit, wo ich gebraucht werde“, sagt Biechl in seiner bescheidenen Art, die ihm in all den Jahren, in denen er Verantwortung für den Zuchtverband trug, viel Sympathie einbrachte.

1892 als Selbsthilfeorganisation gegründet

Der „Zuchtverband für oberbayerisches Alpenfleckvieh Miesbach e. V.“, so der offizielle Name, wurde 1892 als bäuerliche Selbsthilfeorganisation gegründet, die den Landwirten bei der Viehvermarktung half. Gehörten ihm nach Biechls Erinnerung zu Hochzeiten etwa 1800 Betriebe an, sind es laut Homepage des Verbandes heute noch 1347. Sie verfügen über insgesamt 58.999 Herdebuchkühe.

„Der Strukturwandel in der Landwirtschaft macht sich auch bei uns bemerkbar“, hat der Jubilar eine einfache Erklärung für den Rückgang. Dennoch gehörten die Tiermärkte in Miesbach weiter zu den bedeutendsten in Deutschland. Daran habe der Rückgang der Mitgliedsbetriebe nichts geändert, so Biechl.

Mehr als 30.000 Kälber werden pro Jahr verkauft

Etwas mehr als 30.000 Kälber wechseln derzeit pro Jahr in Miesbach den Besitzer. Bei den Großviehmärkten werden laut Biechl regelmäßig zwischen 100 und 150 Jungkühe sowie 30 bis 50 Stiere aufgetrieben.

Noch immer ist der Verband der größte in ganz Bayern. Acht Viehzuchtgenossenschaften - neben Miesbach sind dies München, Bad Tölz, Wolfratshausen, Tegernsee, Rosenheim, Wasserburg und Bad Aibling - zeugen von dessen tiefer regionalen Verwurzelung, die weit über das Oberland hinausreicht.

Auch die Eltern waren schon Mitglied beim Zuchtverband

In Berührung mit dem Verband kam Biechl bereits relativ früh. Ein Kontakt, der sich nach seiner Hofübernahme fast zwangsläufig ergab. „Der Betrieb war schon Mitglied, als ihn meine Eltern noch führten“, erinnert er sich. Seit 1992 gehörte er dem Vorstand des Verbandes an, an dessen Spitze stand er von 2002 bis 2018.

Die Suche nach einem neuen Standort für die Vermarktung hatte schon begonnen, ehe Biechl als Vorsitzender gewählt wurde. Nahezu dramatische Züge nahm sie jedoch urplötzlich an, als am 2. Januar 2006 die Eishalle in Bad Reichenhall einstürzte. Ein tragisches Unglück, das 15 Tote und 34 Verletzte gefordert hatte.

Gutachten listet etliche Mängel auf

Plötzlich rückten Gebäude in den Fokus der Behörden, die eine ähnliche Dachkonstruktion wie das Objekt in Bad Reichenhall aufwiesen. Die ehemalige Viehvermarktungshalle des Verbandes auf der Miesbacher Volksfestwiese gehörte dazu. Ein statisches Gutachten listete etliche sicherheitsrelevante Mängel auf, die Halle wurde kurzfristig gesperrt.

Das ging an die Substanz

Balthasar Biechl über die zeitweilige Sperrung der alten Oberlandhalle

Erst als Stützungsmaßnahmen das Gebälk stabilisiert hatten, war der Marktbetrieb fortan unter erschwerten Bedingungen wieder möglich. „Das ging an die Substanz. Wie ein Damoklesschwert schwebte damals das endgültige Aus für die Halle über uns“, erinnert sich Biechl an die schwierigste Phase seiner Amtszeit.

Eines war ihm klar: Nur ein Neubau kann die Zukunft des Verbandes sichern, und der muss so schnell wie möglich realisiert werden. Unabhängig von den Sicherheitsfragen entsprachen nämlich auch die technischen und räumlichen Voraussetzungen am bisherigen Standort nicht mehr den aktuellen Anforderungen an eine moderne Halle zur Viehvermarktung.

Als er die Bedenkenträger im Vorstand von seinen Plänen überzeugt hatte und das Gremium grünes Licht für den Neubau gab, wusste der Vorsitzende noch nicht, wie viele Hürden zu überwinden waren.

Ihre besten Zuchttiere stellen die Bauern aus der Region regelmäßig bei Zuchtschauen in der Oberlandhalle vor. Sie erwecken bundesweit Aufmerksamkeit.

„Der lange Weg zur neuen Halle“ lautet der Titel einer im Januar 2017 erschienenen Broschüre. Auf 60 Seiten zeigt das Geburtstagskind darin auf, welch große Anzahl an Steinen beseitigt werden musste, ehe das 9,4 Millionen Euro teure Bauwerk in Betrieb gehen konnte. Als am 4. Januar 2014 dort der erste Markt stattfand, fiel nicht nur Balthasar Biechl ein Stern vom Herzen. „Das war ein Freudentag für alle Verbandsmitglieder“, bekennt er freimütig.

Bürgerentscheid sollte Projekt kippen

Hinter ihm lag eine Zeit schwieriger Verhandlungen wegen des Verkaufs des ursprünglichen Grundstückes in Miesbach und der Sicherung des Areals für den neuen Standort vor den Toren der Kreisstadt. Hinzu kamen nicht ganz einfache Genehmigungsverfahren und nicht zuletzt ein Bürgerentscheid, mit dem das Vorhaben gekippt werden sollte.

Stimmen der Kritiker verstummt

Noch heute freut sich Biechl darüber, dass rund 74 Prozent der Menschen, die abgestimmt hatten, dem Zuchtverband die Zukunft nicht verbauen wollten. „Das Ergebnis hat uns erleichtert und beflügelt zugleich“, sagt der 75-Jährige rückblickend. Im Kampf um die Mehrheit führte Biechl damals viele persönliche Gespräche mit Bürgern und warb um Zustimmung für das Vorhaben.

Die Stimmen der Kritiker des Bauwerks von einst sind längst verstummt, den Zuchtverband plagen mittlerweile andere Sorgen, die auch die Landwirte kennen. In erster Linie spielt Biechl dabei auf die „überzogene Reglementierungswut“ an, die Züchtern und Vermarktern das Leben schwer mache.

„Wenn angebliche Tier- und Umweltschützer, die oft keine Ahnung haben, immer mehr ins politische Geschehen eingreifen, dann haben wir irgendwann keine Chance mehr“, warnt Biechl. Er spielt damit nicht nur auf Vorwürfe der jüngeren Vergangenheit an, der Zuchtverband achte bei den Tiertransporten nicht ausreichend auf das Wohl des Viehs.

Wir haben immer tiergerecht gehandelt

Balthasar Biechl zu gegenteiligen Vorwürfen von Tierschützern

„Wir haben immer tiergerecht gehandelt“, erwidert Biechl. Dies gelte auch für die Tiertransporte, die teilweise auch in ferne Länder geführt hätten. Vieh aus Miesbach wurde unter anderem nach Usbekistan, Kasachstan, in die Türkei und die Ukraine sowie nach Äthiopien verkauft.

Als nicht gerechtfertigt weist der ehemalige Vorsitzende auch Vorwürfe der Tierschutzorganisation „PETA“ zurück, die den Verband im Vorjahr wegen angeblicher Misshandlung von Tieren bei Viehmärkten angezeigt hatte.

Bei Viehmärkten noch immer regelmäßig vor Ort

Wenn er seit seinem Rückzug aus dem Amt des Vorsitzenden auch bei den Weichenstellungen für die Zukunft nicht mehr mitwirkt, Biechls Bindung zum Verband ist nach wie vor eng. Bei den Viehmärkten ist er regelmäßig vor Ort.

Auch bei einer gemeinsamen Brotzeit mit Berufskollegen nach der Versteigerung der Tiere beteiligt sich Biechl in der Kantine der Oberlandhalle noch rege am fachlichen Austausch. „Ich schätze die Geselligkeit und freue mich, dass ich auf diese Weise auch mitbekomme, was gerade so läuft“, sagt das Geburtstagskind.

Sohn folgt auf Spuren des Vaters

Gespräche, die er in der eigenen Familie problemlos fortsetzen kann. Biechls Sohn Martin hat nicht nur den Hof übernommen, er folgt den Spuren des Vaters auch beim Zuchtverband. Er ist seit kurzem Stellvertreter des heutigen Vorsitzenden Markus Dinzenhofer.

Wenn sein Sohn ihn um Rat bittet, dann hilft er gerne weiter. Ungefragt will sich Biechl aber nicht zur Verbandsarbeit äußern. „Der Martin muss seinen eigenen Weg gehen“, begründet er seine Zurückhaltung.

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