Nach dem 23. Dezember ist Schluss
Nach fast 70 Jahren: Warum die berühmte Bäckerei Hafner in Holzolling schließt
Fast sieben Jahrzehnte hat die Familie Hafner in Holzolling Semmeln, Brezen und Brot gebacken. Jetzt ist Schluss beim Traditionsbetrieb, der in der ganzen Region bekannt ist. Das sind die Gründe.
Holzolling – Die Beine hochlegen und nichts tun: Das kann Ottmar Hafner nicht. Sein Leben lang hat der 60-Jährige gearbeitet, schon als Schüler ging er in den Ferien in der Backstube seinem Vater zur Hand. „Wir haben nie wirklich Urlaub gemacht“, erzählt Hafners Frau Anna.
Kein Wunder also, dass dem Bäckermeister, der den 1957 von seinem Großvater Leonhard Hafner gegründeten Betrieb in dritter Generation führt, mulmig ist bei dem Gedanken, sich zur Ruhe zu setzen: Er brauche immer etwas zu tun, sei es seit Jahrzehnten gewohnt, sich um 19 Uhr hinzulegen, um drei Stunden später sein Tagwerk zu beginnen – oder besser Nachtwerk. Morgens um fünf Uhr schläft er noch einmal drei Stunden, um dann wieder in der Bäckerei zu sein.
„Für meinen Vater war es selbstverständlich, dass ich die Bäckerei weiterführe. Ich hatte zu parieren.“ Dennoch habe er seinen Beruf immer gerne ausgeübt. Sein Herz hängt an diesem Handwerk, an seinen Kunden und den Mitarbeitern: „Ich hätte gern noch drei, vier Jahre weitergemacht.“ Aber jetzt habe sich die Gelegenheit geboten, das sanierungsbedürftige Haus an der Esterndorfer Straße zu verkaufen. Diese Chance konnte sich Hafner nicht entgehen lassen. Nicht in diesen Zeiten, wo hohe Immobilienkredite und die Pflicht zur energetischen Sanierung bei Eigentümerwechsel den Verkauf von Bestandsimmobilien erschweren.
Qualität wird nicht bezahlt
Obendrein sei es immer schwieriger geworden, eine Bäckerei, die noch handwerklich arbeitet, wirtschaftlich zu führen. Teiglinge aus Polen aufzubacken, wie es Discounter, Backshops und große Filialisten tun, das kommt für Hafner nicht infrage. Backpulver für viel Volumen und technische Enzyme im Mehl, die auf der Zutatenliste nicht angegeben werden müssen: So etwas will er nicht in seinen Backwaren haben. Aber Preise, die seinen Aufwand abbilden, kann Hafner nicht verlangen: „Die Leute sparen ja vor allem bei den Lebensmitteln.“ Nun wären hohe Investitionen notwendig. Die vier Öfen werden mit Öl betrieben, genau wie die Heizung im Haus, in dem sich auch das Ladengeschäft befindet. Hafner kalkuliert mit einer hohen fünfstelligen Summe allein für eine neue Heizung. „Das rechnet sich einfach nicht.“
So sieht das auch seine Tochter Isabell, die als Bäckermeisterin in seine Fußstapfen getreten ist und sich vor allem um die Filiale in Weyarn gekümmert hat, die bereits geschlossen ist. Die 40-Jährige will ihr Glück jetzt andernorts versuchen: „Angebote hat sie genug“, sagt Hafner. Sohn Christian kommt wegen einer Behinderung als Nachfolger nicht infrage.
„Es war eine schöne Zeit“, erinnert sich Hafner. Viel Mühe hatte er reingesteckt, nachdem er unter schwierigen Bedingungen die Holzollinger Bäckerei samt Laden und Filiale in Weyarn 1993 von seinem Vater Leonhard übernommen hatte. Seine Frau Anna arbeitete tatkräftig mit, ebenso sein inzwischen verstorbener Bruder Erwin, Tochter Isabell und weitere Angestellte. Senior-Chefin Liselotte Hafner packte selbst mit über 80 Jahren noch tatkräftig an und stand jede Nacht mit Rollator in der Bäckerei, um Knödelbrot zu schneiden, bis ihre Gesundheit nicht mehr mitspielte. Über die Jahre eröffnete Hafner Filialen in Feldkirchen-Westerham und Miesbach, die er später wieder schloss.
Treue Kunden, die Hafner vermissen wird
Vermissen wird er die Nachtschwärmer, die morgens um drei Uhr auf dem Heimweg vom Spinnradl an der Bäckerei klopften, um zu fragen, ob es schon was zum Frühstück gibt. Und die Aufnahmeleiter von Bavaria Film, die für die Film-Crew bis zu 200 Semmeln ordern, wenn Dreharbeiten, beispielsweise für die Rosenheim-Cops, im Oberland stattfinden. Und die Stammkunden, die auf dem Weg von und zur Arbeit in Holzolling einen Halt einlegen, um die legendären Hafner-Brezen zu kaufen.
Ob er jetzt sein Brezen-Geheimnis verraten will? „Da gibt’s kein Geheimnis“, sagt Hafner. „In meine Breze kommt nur Wasser, Mehl und Salz, abgesehen von der Lauge.“ So habe er es von seinem Großvater übernommen. „Fürs Brezenbacken braucht man Gefühl, und für ein Gefühl gibt es kein Rezept.“ Die Besonderheit: Hafner backt seine Brezen direkt auf den Herdplatten seiner Öfen. „Die Breze braucht die Hitze sofort, wie eine Holzofen-Pizza“, erklärt der Fachmann.
Derzeit schaut sich Hafner nach einem geeigneten Ofen um, den er in das Steinhäuschen in seinem Garten in Bruckmühl bauen will. „Da richte ich mir ein Backhäusl her“, sagt er. Nur für den Eigenbedarf, für Freunde und Familie will er dort backen. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt?