Tier ohne Wissen der Besitzer zum Arzt gebracht
Bad Aiblinger Ehepaar fassungslos: Was haben Tierschützer bloß mit unserer Katze Mimi gemacht?
Weil sie „völlig dehydriert“ gewesen sein soll, hat eine Tierschutzorganisation die Katze eines Bad Aiblinger Ehepaars eingefangen und zum Tierarzt gebracht. Mittlerweile ist Katze Mimi mit ihren Besitzern wieder vereint. Dennoch ist das Paar fassungslos ob des „Übereifers“.
Bad Aibling/Feldkirchen-Westerham – Auch Tage nach dem Albtraum, der mittlerweile zumindest größtenteils ein glückliches Ende genommen hat, ist Karola Wieland aus Bad Aibling noch extrem aufgewühlt: Eine Passantin hatte deren geliebte, 18 Jahre alte Katze Mimi in der Nähe ihrer Wohnung an der Bahnhofstraße eingefangen und an eine Tierschutzorganisation übergeben, die die Katze wiederum zum Tierarzt brachte. Begründung: Das Tier sei „völlig dehydriert“ gewesen und soll „laut gejammert“ haben. „Das ist völliger Blödsinn“, ist Karola Wieland überzeugt. Was das Ehepaar besonders wütend macht: „Die haben gewusst, wo wir wohnen, und es noch nicht mal für nötig befunden, eine Nachricht zu hinterlassen.“
Katze Mimi ist in der Bad Aiblinger Bahnhofstraße bekannt wie ein bunter Hund und so etwas wie ein Star im Viertel. Ob als Besucherin im Garten des Café Rott, als aufmerksame Beobachterin auf der Lieblingsbank an der Kur-Apotheke oder als Gast in den Räumlichkeiten des Mangfall-Boten – die dunkel-getigerte Katze, die vor Jahren ihren Schwanz nach einem Zusammenstoß mit einem Auto einbüßen musste, ist überall willkommen. „Letzthin hatte ich ein bisserl Angst um sie, als ich nachts nach ihr gesehen habe und sie an der Bahnhofstraße von einer Gruppe biertrinkender Männer umringt war“, erzählt Mimi-Mama Wieland. „Selbst die haben mich dann aber gleich gegrüßt und mir zugerufen: Keine Angst, wir tun der Mimi doch nichts.“
Zwei Personen als Katzensitter engagiert
Bislang musste sich das Ehepaar Wieland, in dessen Haushalt die mittlerweile 18 Jahre alte Katze seit 13 Jahren lebt, bei Mimis Spaziergängen auf der Bahnhofsstraße also nur wenige Sorgen machen. Doch das hat sich nun geändert. Damit das Ehepaar Freitagabend (7. Juli) unbesorgt auf einen Wochenendtrip nach Südtirol aufbrechen kann, hatte es die Tochter sowie eine Freundin aktiviert, die immer wieder nach Mimi schauen sowie Futter und Wasser wechseln sollten.
Mulmig wurde es den Katzensitterinnen dann aber, als Mimi bis Samstagabend kein einziges Mal aufgetaucht war, geschweige denn vom bereitgestellten Futter gefressen hatte. Auch eine Absuche im Umfeld der Bahnhofstraße mit mehreren Personen brachte keinen Erfolg. Mittlerweile waren auch die Wielands in Südtirol darüber informiert worden, dass Mimi scheinbar spurlos verschwunden war. „Der Kurzurlaub war damit für mich natürlich gelaufen“, sagt Karola Wieland.
Eine glückliche Wendung nahm der „Vermisstenfall Mimi“ dann im Lauf des sonntags, nachdem eine Bekannte der Wielands bei Facebook eine Fundtier-Anzeige für Mimi entdeckt hatte. „Diese Katze wurde gestern Abend in der Bahnhofstraße völlig dehydriert und lt. jammernd aufgefunden“, teilte die Organisation „Hilfe für Tiere in Not“ aus Feldkirchen-Westerham mit. „Eine tierfreundliche und verantwortungsvolle Passantin hat sich erbarmt und sie zum Tierarzt gebracht.“ Die Katze sei zwar tätowiert gewesen, ein Besitzer sei aber nicht zu ermitteln gewesen.
Mimi ist seit dem Vorfall „richtig zwider“
Mittlerweile ist Mimi wieder daheim bei ihrer Familie in der Bahnhofstraße. Doch sowohl bei den Wielands, die sich unter anderem über den „Übereifer“ der Passantin echauffieren, als auch bei Mimi, die nach Angaben von Karola Wieland seit dem Vorfall „richtig zwider“ ist, wirken die Erlebnisse noch deutlich nach. Zumal es nach Angaben der Bad Aiblingerin bereits vor rund eineinhalb Jahren zu einem ähnlichen Vorfall mit der Tierschutzorganisation aus Feldkirchen-Westerham gekommen war. Damals habe sie gerade noch verhindern können, dass die Katze von einer fremden Person mitgenommen worden war, wie Wieland berichtet. Dennoch habe sie nach eigenen Angaben einst sogar einen hohen dreistelligen Betrag an die Organisation gespendet, „weil ich finde, dass die ja eigentlich eine gute und wichtige Arbeit machen“.
Was dem Ehepaar Wieland im aktuellen Fall aber gehörig gegen den Strich geht: Zum einen, dass die Katze einfach mitgenommen worden sei, ohne in der Nachbarschaft herumzufragen, ob die Katze und deren Besitzer bekannt sein. Zum anderen ist das Bad Aiblinger Ehepaar davon überzeugt, dass die Passantin, zumindest aber die Verantwortliche der Organisation „Hilfe für Tiere in Not“, Anna Thomalla, gewusst habe, wo die Katze daheim sei.
Denn im Zuge der Kontaktaufnahme mit der Tierärztin, zu der Mimi gebracht worden war, sei auf die Katzentreppe der Wielands, die für die Katze ungeeignet sei, sowie auf einen Zettel an der Haustür des Mehrfamilienhauses, auf dem gebeten wird, Mimi nicht in den Hausflur zu lassen, hingewiesen worden. „Die haben gedacht, wir kümmern uns nicht um sie und wollen Mimi nicht mehr haben, und uns daher die Katze weggenommen“, sind Karola und Hans Joachim Wieland überzeugt. Dabei sei der Zettel nur dazu da, um zu verhindern, dass Mimi stundenlang im Hausflur eingesperrt sei. Die Katzentreppen habe man vor Jahren extra von einem Architekten in der Schweiz entwerfen und anfertigen lassen. „Mimi läuft da unzählige Male am Tag ohne Probleme hoch und runter.“
Die Behauptung, dass bekannt gewesen sei, wohin die Katze gehöre, weist Anna Maria Thomalla von „Hilfe für Tiere in Not“ aber entschieden zurück. Zum Zeitpunkt, als sie selbst die Katze zum Tierarzt gebracht habe, sei völlig unklar gewesen, wem das Tier gehöre, so die Feldkirchen-Westerhamerin gegenüber dem OVB. Das Thema mit der vermeintlich nicht-katzengerechten Wendeltreppe zum Balkon sei dann erst nach Veröffentlichung der Suchanzeige aufgekommen, nachdem sich Facebook-User dazu geäußert hätten.
Tierschützerin kann „die ganze Aufregung nicht verstehen“
„Die Passantin, die uns informiert hat. hat alles richtig gemacht“, sagt Thomalla, die froh ist, „dass es solche Menschen gibt, die nicht nur blind durch die Gegen gehen, sondern auch hinschauen.“ Hätte sie Mimi in diesem Zustand entdeckt, hätte sie die Katze ebenfalls direkt zum Tierarzt gebracht, so Thomalla weiter. Sie können die ganze Aufregung gar nicht verstehen. „Die Besitzer sollten eigentlich froh sein, dass jemand die Augen aufgemacht hat“, findet die Feldkirchen-Westerhamerin, auch wenn die Untersuchung beim Tierarzt ergeben habe, „dass die Maßnahme in diesem Fall unnötig war“.
Den Vorwurf, dass die Passantin „übereifrig“ reagiert habe, könne Thomalla nicht unkommentiert stehen lassen. Zum einen habe die Dame sogar noch mit der Polizei telefoniert, nachdem sie beobachtet habe, wie Jugendliche „sich mit der Katze beschäftigt“ haben sollen, was die Polizei in Bad Aibling auf OVB-Nachfrage aber weder bestätigen noch dementieren kann, da „Anrufe, die bei uns direkt eingehen, nicht aufgezeichnet werden“. Zum anderen hätte die Dame auch in der benachbarten Apotheke nachgefragt. Dort habe die Katze aber niemand gekannt. Was Mitarbeiterinnen der Apotheke wiederum anzweifeln und für „nahezu ausgeschlossen“ halten. Denn: „Mimi kennt hier eigentlich jeder.“
Zuspruch bekommt Thomalla hingegen aus der Tierarztpraxis, in die Mimi gebracht worden war. „Hätte ich die Katze so vorgefunden, dann hätte ich sie auch mitgenommen“, sagt eine der behandelnden Tierärztinnen. Denn Mimis Problem sei, dass sie vom Gesamteindruck her deutlich jünger wirke, als sie mit ihren 18 Jahren wirklich ist. In Kombination mit altersbedingten Erscheinungen wie dem langsamen, manchmal etwas unsicheren Gang könne nicht mal ein Experte auf den ersten Blick erkennen, dass diese Symptome einfach dem Alter des Tieres geschuldet seien. „Ich bin froh, dass es noch Menschen gibt, die dann auch reagieren, wenn ihnen so etwas auffällt“, bewertet die Tierärztin das Verhalten der Passantin sowie der Tierschützerin aus Feldkirchen-Westerham als „völlig richtig“.
„Ohne ihre Ausflüge würde Mimi eingehen“
Doch auch wenn sie Gefahr laufen, dass Mimi erneut von Fremden an der Bahnhofstraße eingesammelt und zum Tierarzt gebracht werden könnte: Die Katze in Zukunft einzusperren, ist für Wielands keine Option: „Sie braucht ihre Freiheit. Ohne ihre Ausflüge würde Mimi eingehen.“ Hans Joachim Wieland hofft nun, dass durch den „Fall Mimi“ Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind und eine vermeintlich hilflose Katze entdecken, zunächst intensiv versuchen, die Besitzer aufzuspüren, um durch einen „gut gemeinten Übereifer nicht mehr Schaden anzurichten, als letztlich zu helfen“. Wieland: „In unserem Fall haben die handelnden Personen jedenfalls nicht nur uns als Katzenbesitzer, sondern vor allem unsere Mimi in Angst und Schrecken versetzt.“