Louis (12) und Marinus (15) werden zu Helden
„Würde sonst nicht mehr leben“: Aiblinger Schüler retten einen Mann vorm Ertrinken
Auf dem Heimweg entdecken Louis und Marinus in Kolbermoor einen Mann im Wasser und reagieren blitzschnell. Die beiden Bad Aiblinger Schüler retten sein Leben. Doch der Vorfall lässt den Jugendlichen keine Ruhe – und die dramatische Geschichte geht weiter.
Bad Aibling/Kolbermoor – Das Erlebnis wird sie wohl ihr ganzes Leben lang begleiten. Als die beiden Aiblinger Realschüler Marinus Hutter und Louis Burgschmidt an einem Freitagabend durch ihre Heimatstadt Kolbermoor radeln, entdecken sie etwas Ungewöhnliches. An diesem regnerischen Tag Ende April versucht ein junger Mann etwas aus dem Wasser am Rothbachl in Kolbermoor zu ziehen. Die Jugendlichen entschließen sich dazu, genauer nachzusehen und zu fragen, ob sie helfen können.
Dort angekommen offenbart sich schnell der Ernst der Lage: Ein älterer Radfahrer ist offenbar ins Wasser gestürzt und kann sich mit eigener Kraft nicht mehr retten. Während der bereits anwesende Mann zunächst den Kopf des Verunglückten über Wasser hält, packen die beiden Schüler sofort mit an und ziehen den großgewachsenen Hilfsbedürftigen aus dem Wasser. „Wir haben sofort seine Hände gepackt und ihn rausgeholt“, erinnert sich der 15-jährige Marinus Hutter zurück.
Mann bricht in Tränen aus
Den beiden Freunden sei schnell klar geworden, dass der gestürzte Radfahrer sich nicht ohne fremde Hilfe hätte retten können. Nachdem der Ersthelfer anschließend völlig durchnässt aufbricht, kümmern sich die beiden Schüler alleine um den verunglückten Mann. „Er saß dann erst fünf Minuten auf dem Boden, dann haben wir ihm hoch geholfen und ihm sein Fahrrad zum Festhalten gegeben“, erzählt Marinus Hutter.
Nachdem der Gerettete mehrfach beteuert hatte, keine weitere Hilfe von Polizei oder Rettungsdienst zu brauchen, machen sich die Buben schließlich auch auf den Heimweg. Doch die Geschehnisse und der Zustand des Mannes lassen ihnen keine Ruhe. Nach einer Unterhaltung mit ihren Eltern – die beiden Jugendlichen sind Nachbarn – machen sie sich erneut auf den Weg nach draußen, um den womöglich verwirrten und verletzten Mann zu suchen.
„Wir sind sehr stolz darauf, so couragierte Jungs an unserer Schule zu haben.“
„Wir haben ihn dann in der Nähe des Friedhofs gefunden“, sagt Louis Burgschmidt rückblickend. Dort hatte sich der offenbar orientierungslose Mann untergestellt, erinnert sich der 12-Jährige. Schnell ist klar: Die Situation ist alles andere als harmlos. „Er hat dann angefangen zu weinen und sich bedankt, dass wir ihn gerettet haben“, erzählt sein 15-jähriger Kumpel. Es müsse mehr Menschen geben, die anderen helfen, hatte er zu ihnen gesagt.
Buben treffen einzig richtige Entscheidung
Doch dem Mann geht es nach wie vor nicht gut. Und so treffen die Buben der Aiblinger Wilhelm-Leibl-Realschule die einzig richtige Entscheidung und rufen den Rettungsdienst. Da die Schüler keine Kontaktdaten haben, wissen sie zunächst nicht, was aus dem verunglückten Mann geworden ist. „Sechs Tage später habe ich ihn dann zufällig am Sportplatz gesehen und habe ihn angesprochen“, berichtet Louis Burgschmidt. Dabei sei deutlich geworden, wie ernst die Situation tatsächlich gewesen ist. Denn der Mann war gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden und habe unter Tränen gesagt: „Ohne die Hilfe der Jungs würde ich nicht mehr leben.“
Der Vorfall beeindruckt auch die Polizeiinspektion Bad Aibling und die Wilhelm-Leibl-Realschule. Erst kürzlich hatten die beiden Schüler an einer regelmäßig stattfindenden Schulung zum Thema „Zivilcourage“ durch die Verbindungsbeamtin der Polizei, Valeska Gerber, teilgenommen. Neben Gerber zeigt sich nun auch die Schulleitung sowie die Klassenleitungen gleichermaßen erfreut darüber, wie sich die Schüler verhalten haben. „Wir danken euch sehr, dass ihr so hilfsbereit und beherzt geholfen habt. Wir sind sehr stolz darauf, so couragierte Jungs an unserer Schule zu haben“, betont Schulleiter Matthias Wabner.
Wofür sich die Lebensretter noch einsetzen
Und die große Hilfsbereitschaft endet an dieser Stelle nicht. Wie die beiden Lebensretter berichten, sei das Fahrrad des hilfsbedürftigen Mannes nach dem Unfall auch noch gestohlen worden. „Wir wollen ihm jetzt ein neues besorgen“, sagt Louis Burgschmidt entschlossen. Die Kumpels hätten bereits mit dem Bauhof Kontakt aufgenommen, damit der Mann ein älteres herrenloses Rad, welches niemand mehr benötigt, nutzen kann. Eine Adresse oder den vollen Namen des Mannes haben sie zwar nicht, „aber man sieht sich hier immer wieder“, erklärt Louis Burgschmidt.
Ganz bescheiden wollen die beiden Schüler ihr beherztes Eingreifen, durch das der Mann vor dem Ertrinken gerettete worden war, nicht unnötig aufbauschen. „Für uns ist das jetzt nichts Besonderes. Ich finde, jeder sollte Menschen helfen, denen es nicht gut geht“, so der 15-jährige Marinus Hutter. Die Eltern der beiden Teenager sind jedenfalls mächtig stolz. Und da sind sie sicher nicht die einzigen.
