17- und 19-Jährige gewinnen „Traunsteiner Lindl“
„Volksmusik ist voll cool“: Wie zwei junge Harfen-Spielerinnen die Region erobern
Johanna Wierl aus Bad Aibling und Magdalena Kandlinger aus Kreuth ratschen gerne, feiern und spielen am liebsten zusammen Harfe. Nun haben die Freundinnen einen bedeutsamen Volksmusik-Preis gewonnen. Warum sie das selbst überrascht und was ihren Lebensstil von manch Gleichaltrigen unterscheidet.
Bad Aibling / Kreuth – Sofort füllt sich der Raum mit zarten, hellen und weichen Klängen. Wenn sich Johanna Wierl aus Berbling und Magdalena Kandlinger aus Kreuth am Tegernsee an ihre Harfen setzen, tauchen sie in eine andere Welt ein. Mit konzentriertem Blick und schwungvollen Zupfbewegungen schaffen sie von einem auf den nächsten Moment eine besondere Atmosphäre. In Johanna Wierls Elternhaus in Berbling geben die beiden Freundinnen mal wieder eine kleine Kostprobe mit ihren, wie sie sagen, „Engelsinstrumenten“.
Ob in der Kirche, bei Festen oder Konzerten – an Auftrittsmöglichkeiten mangelt es den beiden derzeit nicht. „Es gibt verschiedene Phasen, aktuell ist aber Hochzeit“, sagt die 17-jährige Magdalena Kandlinger. Zusammen mit der 19-jährigen Berblingerin bildet sie seit eineinhalb Jahren das „Sunnaschein Harfenduo“. „Wir haben uns bei einem Jugendseminar kennengelernt, uns am Sonntag drauf bei mir getroffen und eine Woche später schon zusammen in der Kirche gespielt“, sagt die Schülerin. Es habe sofort harmoniert, nicht nur musikalisch.
Harfenistinnen gewinnen Volksmusikpreis
Denn seitdem treffen sie sich regelmäßig. „Wir machen dann erstmal Brotzeit, ratschen eineinhalb Stunden und dann proben wir“, erklärt Wierl. Später, fügt sie schmunzelnd hinzu, „gehen wir dann noch feiern“. Doch letztlich eint sie vor allem die Leidenschaft für das Harfenspiel, die Leidenschaft für Volksmusik. Beide kommen aus einer musikalischen Familie, beide spielen seit vielen Jahren mit einer „Tiroler Volksharfe“, die sich für Kenner von der Haken- oder der Konzertharfe unterscheidet.
Und ihre Auftritte dürften in Zukunft nicht weniger werden. Mitte November trat das Duo beim traditionellen Volksmusikwettbewerb an, bei dem die Stadt Traunstein den „Traunsteiner Lindl“ vergab. Die Auszeichnung, die als der wichtigste Volksmusikpreis Süddeutschlands gilt, stehe für echte und unverfälschte Volksmusik, so die Veranstalter. Zugleich gilt der Wettbewerb in der Szene als echtes Sprungbrett für musikalische Talente. Beim Singen und Musizieren um den „Traunsteiner Lindl“ präsentieren sich die Teilnehmer jedes Jahr vor einer fachkundigen Jury sowie am Festabend vor großem Publikum.
Musikerinnen sind überrascht und stolz
Jetzt steht der begehrte Volksmusikwanderpreis in Berbling und Wierl sagt dazu, ganz bescheiden und ehrlich: „Wir waren schon sehr überrascht.“ Ziel sei es gewesen, fünf ausgewählte Stücke sauber zu spielen. Dass die jungen Frauen die Experten dann aber so überzeugten, macht nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Eltern und Großeltern mächtig stolz. Letztere wirkten sogar indirekt mit. „Eines der Stücke, die wir spielten, hat mein Opa selbst für meinen kleinen Bruder geschrieben“, erzählt Kandlinger.
„Wir kommen natürlich aus einem Vollgas-Musiker-Umfeld.“
Durch den Erfolg in Traunstein und die damit verbundene mediale Aufmerksamkeit hat sich das Harfen-Duo mehr Bekanntheit erspielt. „Das ist wie eine Sichtungsplattform, durch die wir jetzt natürlich mehr in den Fokus gerückt sind“, sagt Wierl. Das gesteigerte Interesse führe idealerweise dazu, dass nun noch mehr Anfragen für Konzerte und Veranstaltungen eintrudeln. Nicht zuletzt wird ein von den beiden Musikerinnen eigens organisierter Hoagascht, den sie im nächsten Frühjahr anpeilen, für noch mehr Aufmerksamkeit sorgen. Denn die Wandertrophäe bringt nicht nur Ruhm, sondern auch die Aufgabe mit sich, einen Lindl-Hoagascht auszurichten, damit die authentische bayerische Volksmusik fortbesteht, so die Idee dahinter.
Warum die Musik im Leben hilft
Klar ist für die beiden jungen Frauen: Talent alleine reicht nicht aus. Wierl, gelernte Elektronikerin für Geräte und Systeme, und Schülerin Kandlinger proben jeweils fünf bis zehn Stunden in der Woche. Hinzu kommen gemeinsame Treffen und Auftritte. Ohne Wille, Konzentration und Disziplin würde das nicht gehen, sind sich beide einig. Doch genau darin sehen sie auch einen wertvollen Vorteil. „Zuallererst musst du selber üben, lernen, selbst daran zu arbeiten.“ Viele junge Menschen, die vielleicht lieber an der Konsole sitzen, könnten das heutzutage nicht mehr. Genau hier helfe das Musizieren.
Dass Volksmusik in ihrer Generation nicht an Popularität gewinnt und immer weniger junge Menschen ein Instrument erlernen, finden die sympathischen Harfenistinnen deshalb extrem schade. Gerade die Coronazeit hätte hier einen negativen Beitrag geleistet. „Es kommt aber immer darauf an, in welchem Umfeld man sich bewegt“, sagt Magdalena Kandlinger. In ihrer Familie etwa sei das Musizieren und die Volksmusik sehr hoch angesehen. Für die meisten ihrer Mitschüler an einer Münchner Schule spiele das Thema dagegen keine Rolle.
„Kommen aus einem Vollgas-Musiker-Umfeld“
„Wir kommen natürlich aus einem Vollgas-Musiker-Umfeld“, weiß auch Johanna Wierl die Bedeutung einzuschätzen. In Tirol beispielsweise sei es „voll cool, wenn man Volksmusik spielt“, so die 19-Jährige. Vieles hänge immer auch an der Verfügbarkeit ausgebildeter Lehrer und guter Volksmusikschulen. In Deutschland sei die Förderung der Volksmusik generell noch ausbaufähig.
Doch die beiden Jungmusikerinnen, die sich in der Region gerade einen Namen machen, können sich persönlich nicht darüber beschweren. Schließlich haben sie auch ihrem Lehrer Moritz Demer den Erfolg zu verdanken. Mit „dem großen Meister“, der unter anderem Leiter der Wastl Fanderl Schule München ist, verbindet sie eine besondere Beziehung. Neben der menschlichen Komponente – „wir haben bei den Proben so einen Spaß“ – habe Demer eine ganz eigene Stilrichtung entwickelt, die er an die jungen Talente weitergebe.
„Grundsätzlich spielen wir traditionell überlieferte Harfenstücke sowie selber arrangierte Stücke“, sagt Johanna Wierl. Letztere seien beispielsweise Gitarrenlieder, die sie für die Harfe umfunktionieren. Doch unabhängig vom Stil sind sich beide Frauen einig: „Das Schöne an der Volksmusik ist, dass man miteinander spielt.“

