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Turnierleiter aus Bad Aibling

Schafkopf-Liebe: Wie Sepp Davanzo zum „Schafkopf-Papst“ wurde

Generationsübergreifende Spielfreude: Schafkopfen ist in Bayern beliebt. Einer, der sich mit diesem Kartenspiel perfekt auskennt, ist „Schafkopf-Papst“ Sepp Davanzo aus Bad Aibling.
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Generationsübergreifende Spielfreude: Schafkopfen ist in Bayern beliebt. Einer, der sich mit diesem Kartenspiel perfekt auskennt, ist „Schafkopf-Papst“ Sepp Davanzo aus Bad Aibling.

Sepp Davanzo entdeckte seine Liebe zum Schafkopfen durch sein Elternhaus und die Bundeswehr. Heute ist er nicht nur ein leidenschaftlicher Spieler, sondern auch ein geschätzter Turnierleiter. Doch eine seltene Spielkonstellation blieb ihm bisher verwehrt.

Bad Aibling – Sein Elternhaus in München-Giesing und die Bundeswehr: Das sind die beiden entscheidenden Säulen, die den gelernten Großhandelskaufmann seine bis heute anhaltende Liebe für das Schafkopfen entdecken ließen. Als er 18 Jahre alt war, hat er das Regelwerk von seinem Vater gelernt. „Wir sind über das Watten zu diesem Spiel gekommen. Mein Bruder und ich haben dann regelmäßig mit dem Papa gekartelt, allerdings nur in einer Dreier- statt der üblichen Viererrunde“, berichtet er.

Sein Können weiter vertieft hat Davanzo, als er in der damaligen Karfreit-Kaserne in Brannenburg seinen Wehrdienst ableistete. „Sobald es irgendwie möglich war, haben wir die Karten in die Hand genommen. Es war egal, ob dies in unserer Freizeit geschah oder sich während eines Wachdienstes die Möglichkeit zum Spielen ergab“, erinnert sich der 75-Jährige. Genügend Kameraden, die seine Liebe zu dieser urbayerischen Tradition teilten, fanden sich damals immer.

Selbst als er seine große Liebe fürs Leben fand, spielte der Schafkopf eine Rolle. „Ich kann dich nur heiraten, wenn du auch Schafkopfen willst“, sagte er einmal im Scherz zu seiner gleichaltrigen Ehefrau Ursula, mit der er 1976 vor dem Traualtar den Bund fürs Leben schloss. Dass sie seine Leidenschaft zu diesem Kartenspiel längst teilt und bis heute gerne im privaten Kreis oder bei Turnieren die Karten in die Hand nimmt, das freut Davanzo sehr.

„Im Wirtshaus habe ich eher selten gespielt“

Wie viele Spiele er in seinem Leben absolviert hat, kann der 75-Jährige nur grob schätzen. „Eine sechsstellige Zahl kommt da bestimmt zusammen.“ Meistens waren es private Runden, bei denen er mit oder ohne Frau mitwirkte. „Im Wirtshaus habe ich eher selten gespielt“, erinnert er sich.

In seinem schwarzen Aktenkoffer hat Sepp Davanzo fein säuberlich alles verstaut, was er für die Leitung eines Schafkopfturniers braucht.

Bei Turnieren in Bad Aibling hat sich die Rolle, die Sepp Davanzo spielt, mittlerweile sehr oft geändert. Statt am Kartentisch aktiv um Wertungspunkte zu kämpfen, fungiert er seit etlichen Jahren meist als Ausrichter und Schiedsrichter. Nach der Corona-Pandemie hat er von seinem Vorgänger Alois Weinmann (78) beispielsweise die Leitung des Senioren-Schafkopfens der Stadt Bad Aibling übernommen, das zwischen Oktober und April einmal im Monat im Kurhaus stattfindet. Auch das regelmäßige Benefiz-Schafkopfen der örtlichen Kolpingsfamilie läuft unter seiner Regie.

„Wir sind froh, dass wir den Sepp haben. Mit ihm klappt alles reibungslos“, sagt Kolpingvorsitzender Franz Besel. Voll des Lobes ist auch Alois Weinmann für seinen Nachfolger, den er selbst von der Übernahme des Ehrenamtes überzeugt hat. „Der Sepp macht das ganz toll. Man merkt, dass er an dieser Tätigkeit Interesse hat und ihm die Turnierleitung Spaß macht“, meint Weinmann.

Alles was er hierfür braucht, findet sich fein säuberlich verstaut in seinem schwarzen Aktenkoffer. Spielkarten und Schüsserl für das Spielgeld als Reserve, Kugelschreiber, Anmeldelisten und Formulare, auf denen die Wertungspunkte eingetragen werden, die jeder Mitspieler für sich verbuchen kann, gehören zum Inventar. Aus der Punkte-Addition ergibt sich am Schluss des Turniers, wer Gesamtsieger ist oder sich über einen sogenannten Tischpreis freuen kann. Ihn erhält derjenige Mitspieler, der sich in der ihm zugelosten Konstellation an die Spitze setzen kann, in der Gesamtwertung aber nicht auf den vordersten Plätzen zu finden ist..

Die Regeln hat Sepp Davanzo alle im Kopf

Um über die Einhaltung des Regelwerks wachen zu können – eine besonders wichtige Aufgabe des Spielleiters bei Turnieren - braucht Davanzo längst keine schriftlichen Unterlagen mehr. „Das habe ich alles im Kopf“, sagt er. Manchmal ist er auch als Schlichter gefragt, beispielsweise wenn wegen eines falschen Spielzugs die Emotionen am Kartentisch die Oberhand zu gewinnen drohen. „Da greife ich immer gleich ein und beruhige die Gemüter. Streit gehört nicht an den Kartentisch“, hat Davanzo in solchen Fällen eine klare Linie.

Die verfolgt er auch bei Regelverstößen konsequent. Wenn ein Spieler sich nicht an die Vorgabe hält, dass bei einem Turnier kein sogenannter „Stoß“ hergegeben werden darf, wertet er das Spiel sofort als verloren für ihn. „Stoß“ bedeutet beim Schafkopfen, dass ein Gegner eines Spielers der Meinung ist, dieser könne die Partie nicht gewinnen. Er beeinflusst mit diesem Signal bewusst das Verhalten der Mitspieler. Ein Handeln, das bei Kartenrennen aber nicht regelkonform ist.

Ich freue mich jedesmal, wenn er sich bei der Siegerehrung für die gute Spielführung bei mir bedankt

Sepp Davanzo über Bad Aiblings Bürgermeister Stephan Schlier

Sehr streng wacht der Turnierleiter auch darüber, dass ein sogenanntes „Solo tout“ oder ein „Wenz tout“ vorher bei ihm angemeldet werden. Ein Schafkopfer signalisiert damit, dass er gegen alle drei Mitspieler am Kartentisch antritt und überzeugt ist, dass diese in dem Spiel keinen Stich machen können. Bis ein solches Spiel zu Ende ist, bleibt Davanzo dann am entsprechenden Kartentisch stehen und verfolgt den Spielverlauf genau.

Auch knifflige Situationen bringen ihn nicht aus der Ruhe. So kann es vorkommen, dass in einer Runde, die üblicherweise 60 Spiele aufweist, am Tisch manchmal einmal kein Spiel zustandekommt und die vier Kartler zwangsweise über Kreuz spielen müssen. Endet ein solches Spiel unentschieden – das heißt, die beiden konkurrierenden Gruppen kommen auf jeweils 60 Punkte – , gilt eine andere Regel als üblich.

Normalerweise verliert in einer solchen Situation derjenige, der das Spiel angemeldet hat. „Da es sich in diesem Fall aber um eine Art Zwangsgemeinschaft handelt, werden die Karten zusammengeschmissen. Das Spiel fließt nicht in die Wertung ein“, klärt Davanzo auf.

Dass die Art, wie er die Turniere managt, offenbar auch bei Bürgermeister Stephan Schlier gut ankommt, das motiviert ihn zusätzlich. „Ich freue mich jedesmal, wenn er sich bei der Siegerehrung für die gute Spielführung bei mir bedankt“, räumt Davanzo freimütig ein.

Seine Entscheidungen werden stets akzeptiert

Respekt bei den Schafkopfern in Bad Aibling genießt der 75-Jährige allemal, seine Entscheidungen werden stets akzeptiert. Daran ändert auch ein leises Grummeln der Enttäuschung nichts, das er allerdings nur selten vernimmt. Aus der Ruhe bringt ihn das freilich nicht. „Der Sepp ist halt einfach der Bad Aiblinger ‚Schafkopf-Papst‘“, hat mal ein leidenschaftlicher Kartler über ihn gesagt. In dieser Rolle sieht sich der Turnierleiter in seiner Bescheidenheit allerdings nicht. Ein Meister seines Fachs zu sein, dieser Feststellung vermag selbst er kaum zu widersprechen.

Wenn er in den weit über 50 Jahren, in denen er diesem Spiel eng verbunden ist, am Kartentisch auch schon vieles mitbekommen hat, ein äußerst seltener Moment im Lebens eines Schafkopfers blieb ihm bisher versagt: einen sogenannten „Sie“ im Protokoll notieren zu können. Darunter versteht man eine Partie, bei der die acht Karten, die jeder Spieler hierfür erhält, aus vier Obern und vier Untern bestehen. Das sind die höchsten Trümpfe beim Schafkopfen.

Nach dem „Sie“ kommen die Ersatzkarten aus dem Koffer zum Einsatz

Käme es während eines Einsatzes als Turnierleiter zu einer solchen Situation, Sepp Davanzo würde sie nicht verpassen. Schließlich muss eine solche Konstellation vorab bei ihm als Aufsichtsperson gemeldet werden. In diesem Fall müsste er dann allerdings unverzüglich Ersatzkarten aus seinem Koffer holen. Es entspricht einer alten Tradition, dass die Karten, die zu einem „Sie“ führten, sofort nach dem Spielende aus dem Verkehr gezogen, eingerahmt und zeitnah an einer geeigneten Stelle des Raumes aufgehängt werden.

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