Auf über 40 Meter Höhe an der Sebastianikirche
Gelungene Millimeterarbeit im Herzen von Bad Aibling - Das steckt dahinter
Wegen einer Beschädigung an der Aufhängung ist die kleine Glocke der Bad Aiblinger Sebastianikirche seit rund einem Dreivierteljahr stillgelegt. Jetzt befindet sie sich auf dem Weg in eine Fachwerkstatt. Darum war zuvor Millimeterarbeit über den Dächern im Herzen der Stadt nötig.
Bad Aibling - Einen interessierten Blick nach oben warf nicht nur Kirchenpfleger Ludger Goedecke, als Kranführer Ibrahim Karic mit seiner Arbeit begann. Nicht zuletzt seiner Navigierkunst war es zu verdanken, dass die gut drei Zentner schwere Glocke ohne Zwischenfälle aus dem Kirchturm ins Freie gebracht werden konnte. Knapp zwei Stunden dauerte die Aktion, die auf der Rückseite des Romantik-Hotels Lindner gestartet wurde. Teile des Bereichs „An der Waage“ mussten hierfür vorübergehend gesperrt werden.
Auf 41,6 Meter musste Karic den Ausleger seines Krans ausfahren, um die Glocke gefahrlos bergen zu können. Damit dies gelang, hatten sich sein Kollege Josef Artmeier und Gerald Regner von der Glockengießerei Perner in Passau im Gebälk des Kirchturms positioniert und befestigten das Bronzegebilde an der Kette des Kranauslegers. Bereits am Vortag musste ein Stück Mauer ausgestemmt werden, damit die Endes des 15. Jahrhunderts gegossene Glocke durch die Schallluke des Turms passte.
Ich war ganz froh, dass es beim Auftakt nur um eine relativ kleine Glocke ging.
Für Regner war der Einsatz in Bad Aibling eine Premiere. Er war schon öfter bei Glockenbergungen dabei, bei der Aktion an der Sebastianikirche trug er als „Funker“, der die Kommandos gibt, allerdings erstmals die Verantwortung für das Geschehen. „Das ist schon etwas Besonderes für mich. Ich war ganz froh, dass es beim Auftakt nur um eine relativ kleine Glocke ging“, gestand er freimütig.
Regner kennt alle Gefahren und Tücken, die mit solchen Aktionen verbunden sind. Die Arbeiter müssen beispielsweise darauf achten, dass sich die Kette des Kranauslegers nicht verhängt, an der die Glocke befestigt ist. Besondere Vorsicht und Geschick sind beim Herablassen der Zentnerlast gefragt, “damit kein Schaden an einem umliegenden Gebäude entsteht“, wie Regner weiß. Eine seiner bisher größten Herausforderungen, die er bewältigen musste, war das Mitwirken bei der Bergung einer rund vier Tonnen schweren Glocke in der ungarischen Stadt Györ.
Umgebung der Kirche eine Herausforderung
Was die Umgebung der Kirche betrifft, war die Aktion in Bad Aibling sowohl für ihn als auch für den Führer des mit rund 370 PS ausgestatteten Kranwagens ebenfalls eine Herausforderung. „Ich habe noch keine Kirche gesehen, die so dicht von Bebauung umgeben ist wie dieses Objekt. Nicht das Gewicht der Glocke, sondern dieser Umstand war für uns das eigentliche Problem“, verriet Regner.
Hilfe von Pfarrgemeinderat Xaver Gartmeier
Beim letzten Part der spektakulären Aktion, die auch einige Schaulustige gespannt mitverfolgten, half Pfarrgemeinderat Xaver Gartmeier von der Pfarrei Mariä Himmelfahrt mit. Der Landwirt hob die Glocke mit einem Stapler in das bereitstehende Transportfahrzeug. Sie wird jetzt zunächst bei der Firme Perner in Passau zwischengelagert und von dort aus zusammen mit einer weiteren beschädigten Glocke zur Firma Lachenmeyer in Nördlingen transportiert.
Teil des Henkels gebrochen
Sie ist der einzige Betrieb in Deutschland, der sich auf das Schweißen von Schäden kleinerer Glocken spezialisiert hat. Bei der Glocke der Sebastianikirche ist ein Teil des Henkels abgebrochen, der ihre Befestigung am Glockenstuhl sicherstellt. Seit der Schaden bekannt war, durfte sie aus Sicherheitsgründen nicht mehr in Betrieb gehen.
Das war schon eine wirklich gute Arbeit
Wann sie das Geläut des Gotteshauses im Herzen der Stadt wieder komplettieren wird, kann der Kirchenpfleger im Moment noch nicht sagen. Was die zu erwartenden Kosten für die Reparatur betrifft, liegen ihm ebenfalls noch keine genauen Zahlen vor. Für die Professionalität, mit der die Bergung und der Abtransport über die Bühne gingen, war Ludger Goedecke allerdings voll des Lobes. „Das war schon eine wirklich gute Arbeit.“
