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Ist der Alarm im Notfall nicht überall zu hören?

„Ist doch ein völliger Witz“ – Warum Bad Aiblings Sirenen für Ärger sorgen

Einer von derzeit sieben Sirenenstandorten im Stadtgebiet von Bad Aibling ist der Gmoahof in Willing. Dass der Ausbau der Sirenen-Infrastruktur doch nicht vom Bund gefördert wird, ärgert nicht nur Stadtrat Michael Krimplstötter (oben) und Bürgermeister Stephan Schlier.
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Einer von derzeit sieben Sirenenstandorten im Stadtgebiet von Bad Aibling ist der Gmoahof in Willing. Dass der Ausbau der Sirenen-Infrastruktur doch nicht vom Bund gefördert wird, ärgert nicht nur Stadtrat Michael Krimplstötter (oben) und Bürgermeister Stephan Schlier.

Eigentlich wollte die Stadt mithilfe einer Bundesförderung ihre Warninfrastruktur aufrüsten. Doch die Förderung fällt nun unerwartet weg. Wie die Kurstadt mit dem Ausbau der Sirenen umgeht und welche Gebiete derzeit nicht ausreichend beschallt werden.

Bad Aibling – Die Stadt Bad Aibling befasst sich, wie derzeit viele Kommunen, mit der Ertüchtigung der Warninfrastruktur. Dabei geht es um mögliche Bevölkerungswarnungen in Notfallsituationen durch Sirenen. Der städtische Hauptverwaltungsausschuss hatte sich deshalb im September einstimmig dafür ausgesprochen, eine komplette Beschallung für das gesamte Stadtgebiet mithilfe von zwei bis drei neuen Sirenenstandorten umzusetzen. Doch jetzt gibt es Ärger bei der Frage nach der Finanzierung.

Klar ist: Derzeit wird das Stadtgebiet nicht vollständig abgedeckt. Wie die Verwaltung bereits im September mitteilte, werde der Wirkungskreis einer möglichen Beschallung durch die bestehenden Sirenenanlagen derzeit auf rund 65 Prozent für das Stadtgebiet Bad Aibling geschätzt. Auf 85 Prozent erhöht werden könnte er, wenn die vorhandenen Motorsirenen zu elektronischen Sirenen ertüchtigt würden (Kosten: rund  80.000 Euro). Die 100-Prozent-Lösung wäre dann erst durch die Umrüstung und zusätzlich zwei bis drei neuen Sirenen umzusetzen (Kosten: insgesamt geschätzte 120.000 Euro).

Ärger über ausgeschöpftes Förderprogramm

Um Kommunen dabei finanziell zu unterstützen, fördert der Freistaat Bayern die Verbesserung der Warninfrastruktur in Umsetzung einer Bund-Länder-Vereinbarung und gewährt entsprechende Mittel für entsprechende Maßnahmen. Eigentlich. „Denn jetzt stellt sich heraus, dass das Förderprogramm ausgeschöpft ist“, sagte Bürgermeister Stephan Schlier (CSU) sichtlich unzufrieden während der jüngsten Sitzung des Hauptverwaltungsausschusses.

Die Regierung von Oberbayern habe dies mit der hohen Nachfrage von Kommunen begründet. Es sei nicht bekannt, ob und falls ja, in welcher Höhe, weitere Fördermittel zur Verfügung gestellt werden, erklärte Schlier. Und jetzt? „Es stellt sich nun die Frage, ob wir es auch ohne Förderung umsetzen“, brachte es der Bürgermeister auf den Punkt. Die Verwaltung jedenfalls spreche sich dafür aus.

„Ich verstehe nicht, warum wir alles auswechseln sollen“

Doch bevor das Gremium darüber abstimmen konnte, mussten einige Stadträte ihren Ärger kundtun. „Bei dem Thema macht sich ehrlich gesagt Frust breit“, sagte Michael Krimplstötter (CSU). Der Ausschuss sei sich einig, dass eine flächendeckende Sirenen-Infrastruktur wichtig sei. „Aber das Förderprogramm ist doch ein absoluter Witz“, so Krimplstötter.

„Die machen es sich schon einfach“, kritisierte er die Tatsache, dass die Aufgabe des Bevölkerungsschutzes, welche eigentlich dem Bund obliege, nun wieder auf die Kommunen abgewälzt werde. Der Ansicht schloss sich Bürgermeister Schlier an. Markus Stigloher (CSU) hatte indes ein Problem mit der Kostenerstellung. „Ich verstehe nicht, warum wir alles auswechseln sollen, wenn alte Sirenen noch gehen.“ Dabei sprach er das eingeholte Angebot eines Unternehmens für Warnsysteme an, welches für den Austausch der Sirenen an sieben verschiedenen Standorten im Stadtgebiet insgesamt besagte 80.000 Euro benötigen würde.

Firmen werden mit Anfragen überflutet

Die Höhe der Festbetragsförderung hätte in diesem Fall je Sirenensteuergerät mit Installation 1000 Euro, insgesamt also 7000 Euro betragen, was nun hinfällig ist. Stigloher bat darum, dass sich die Verwaltung ein weiteres Angebot einholen solle. Dem stimmt Bürgermeister Schlier zu. „Wenn Sie heute zustimmen, dann werden wir neue Angebote anfordern.“ Hierzu bemerkte jedoch Martin Haas, Fachbereichsleitung Ordnungsamt, dass man derzeit kaum Rückmeldungen von Firmen bekomme, da diese mit Anfragen überflutet würden. Dennoch, so Schlier, werde man sich die Zeit nehmen, bis drei Angebote eingeholt werden.

„Mir ist es wichtig, dass wir tatsächlich auf eine 100 prozentige Abdeckung kommen“, betonte noch einmal Florian Weber (Bayernpartei). Es könne nicht sein, dass bestimmte Bereiche des Stadtgebietes nicht richtig beschallt werden. Dass die Förderung schon jetzt ausgeschöpft ist, obwohl sich die Stadt rechtzeitig darum bemüht habe, bezeichnete Rudi Gebhart (ÜWG) anschließend als „unglaubliche Frechheit“. Er sprach sich in diesem Fall dennoch dafür aus, die Ertüchtigung selbst zu finanzieren.

Wegfall der Förderung bring neue Flexibilität

Martina Thalmayr (Grüne) freute sich grundsätzlich darüber, dass man die 100 prozentige Sirenenabdeckung anstrebe. Ähnlich wie Markus Stigloher hält sie es aber ebenfalls für sinnvoll, zunächst zu prüfen, „was wir schon haben und dazu Ergänzungen vorzunehmen“. Und Richard Lechner (SPD) brachte erneut das Rathaus als neuen Sirenen-Standort ins Spiel.

„Wir sprechen bereits von ‚nicht abgedeckt‘, wenn Gebiete nur in einem Schallpegelbereich unter 65 Dezibel liegen“

Bad Aiblings Bürgermeister Stephan Schlier (CSU)

Angesprochen auf die Kosten erklärte Martin Haas, dass man aufgrund der Förderungs-Kriterien an bestimmte Auflagen gebunden war, die nun wegfallen. „Wir sind dementsprechend jetzt flexibler, was sich auch kostentechnisch besser darstellen könnte.“ Damit ging er auch auf Stiglohers Vorschlag ein, zu prüfen, ob in diversen Fällen überhaupt eine Neuanschaffung notwendig sei. „Dann machen wir es selber und warten auf ein entsprechendes Angebot“, fasste Bürgermeister Schlier zusammen. Der Ausschuss gab dafür mit 10:0 Stimmen grünes Licht. Doch was passiert bis dahin mit den Bereichen im Stadtgebiet, die nicht ausreichend beschallt werden?

Welche Bereiche im Stadtgebiet sind derzeit nicht abgedeckt?

„Wir sprechen bereits von ‚nicht abgedeckt‘, wenn Gebiete nur in einem Schallpegelbereich unter 65 Dezibel liegen und je nach Lage (Tag/Nacht) dies von der Lautstärke einfach nicht ausreichend ist beziehungsweise nicht den Vorgaben entspricht“, erklärte Schlier im Nachgang auf OVB-Anfrage. Dies bedeute jedoch nicht, dass man das Signal in diesen Gebieten per se nicht hören könnte. Laut Schlier sind die Bereiche, die derzeit nicht ausreichend abgedeckt sind, das Stadtgebiet nördlich (Ellmosener Straße), das Stadtgebiet süd-östlich (Rosenheimer Straße), ein Teilgebiet an der Mangfall (Höhe Wendelsteinstraße, Mangfallstraße), Mietraching westlich (Dietrich-Bonhoeffer-Straße, Anne-Frank-Straße) sowie Thalacker.

Laut Schlier wurden Bevölkerungswarnungen durch Sirenen lange Zeit in ganz Deutschland als nicht mehr notwendig erachtet. „Die Sirenen dienen seit geraumer Zeit lediglich zur Alarmierung der Feuerwehr.“ Diese Alarmierung sei ebenfalls digitalisiert worden, weshalb sich stellenweise auch nicht mehr eingesetzt werden. „Dies betrifft Bad Aibling und vermutlich die allermeisten anderen Gemeinden gleichermaßen“, erklärt der Rathauschef. Demnach habe sich „also keine akute Lücke aufgetan, die jetzt eiligst geschlossen werden muss“, so Schlier. Vielmehr finde ein Umdenken statt, diesen Baustein im Katastrophenfall wieder zu ergänzen und zu vervollständigen. Hintergrund seien sicherlich Unglücke wie im Ahrtal oder der Krieg in der Ukraine.

Schlier verwies zudem auf verschiedene vom Bund ins Leben gerufene Warn-Apps („NINA“ oder „DWD“), die vor sämtlichen Gefahren warnen würden. „Diese Alarmierung per App, ergänzt bei großen Schadensereignissen durch den Rundfunk, stellt aus meiner Sicht bis zur vollständigen Nachrüstung einen ausreichenden Schutz der Bevölkerung sicher“, so Schlier.

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