Stadtrat entscheidet nach Eilantrag über „Tafelsilber“
Verkauft die Stadt das Aiblinger Jahnstadion? Denkbar knappe Entscheidung nach hitziger Diskussion
Mit einer Machbarkeitsstudie will die Stadtverwaltung zeigen, dass eine Teil-Veräußerung der traditionsreichen Sportanlage neue Möglichkeiten schaffen würde. Doch der Stadtrat hat dazu ganz unterschiedliche Meinungen. Nun wurde eine - äußerst knappe - richtungsweisende Entscheidung getroffen.
Bad Aibling – Solch einen Andrang auf den Zuschauerrängen hatte es während einer Stadtratssitzung in Bad Aibling lange nicht gegeben. Das Gremium hatte sich aufgrund eines Dringlichkeitsantrages der SPD kurzfristig versammelt, um – früher als von der Stadtverwaltung vorgesehen – über die Zukunft des Sportplatzes in der Jahnstraße zu entscheiden.
Und die Entscheidung fiel, passend zu den hitzigen Diskussionen, äußerst knapp aus. Jetzt steht fest: Das traditionsreiche Jahnstadion wird in seiner jetzigen Form erhalten bleiben. Dafür sprach sich der Stadtrat mit 13:11 Stimmen aus.
Grundlage war die Behandlung des SPD-Antrags, wonach „alle Planungen und Vorbereitungen zur Baulandausweisung und Verwertung des Sportplatzes Jahnstraße“ eingestellt werden sollten, sowie die Entwicklungsüberlegungen der Verwaltung zu den Sportstätten. „Über das Thema wurde schon viel berichtet und gemutmaßt“, sagte Bürgermeister Stephan Schlier (CSU). Tatsächlich wurden in jüngster Zeit immer wieder Befürchtungen geäußert, die Stadtverwaltung schmiede hinter dem Rücken des Stadtrates Pläne zur Verwertung des Jahnstadions. Doch wie Schlier betonte auch Stadtbaumeisters Andreas Krämer, dass die Entscheidungshoheit immer beim Stadtrat liege.
Machbarkeitsstudie der Aiblinger Stadtverwaltung führt zu Diskussionen
Zur Idee: Laut einer von Krämer vorgestellten Machbarkeitsstudie bestehe zum einen beim Sportpark Bad Aibling auf dem ehemaligen US-Areal ein Entwicklungspotenzial (gerade durch diverse Nutzungsanfragen), jedoch fehlten die nötigen finanziellen Mittel zur Realisierung. Zum anderen herrsche bei der Sportanlage an der Jahnstraße ein erheblicher Investitionsbedarf bei „bestehenden Unzulänglichkeiten der Anlage“. Sie befinde sich etwa altersbedingt in einem „schlechten Gesamtzustand“. Alleine die Instandsetzung der Halle würde nach Kostenschätzung des Bauamtes über 1,6 Millionen Euro ausmachen.
Deshalb beschäftigte sich die Studie mit der Frage, ob bei einer Umwandlung des Geländes an der Jahnstraße zu einem Wohngebiet mit dem Erlös die Sportstätten neu und zusätzlich eines Hallenbades im Sportpark errichtet werden könnten. Anders als bei der Sanierung wäre zudem mit Fördermitteln für den Neubau der Sportstätten zu rechnen. „Wir könnten einen nachhaltigen Sportpark entwickeln, wodurch wir uns etwa auch mal für eine bayerische Meisterschaft bewerben können“, so Krämer.
Klar sei: Wenn sich etwas im Sportpark entwickeln soll, brauche es finanzielle Mittel. Die Machbarkeitsstudie zeige, dass der zu erwartende Erlös die Ausgaben problemlos decken könne. So könnten „neue, höherwertige Sportstätten inklusive des allseits befürworteten und von der Öffentlichkeit geforderten Hallenbades entstehen“. Laut Verwaltung wäre beabsichtigt, nur einen Teilbereich der Sportanlage Jahnstraße zu verwerten, der für die Finanzierung der neuen Sportstätten notwendig sei. Der Rest bliebe im Besitz der Stadt und würde einer neuen Nutzung zugeführt. Laut Bürgermeister Schlier wäre die Überlegung zudem an gewisse „Prämissen“ geknüpft. Etwa Bürgerbeteiligung, Errichtung der neuen Sportstätten vor der Aufgabe der alten oder keine finanzielle Belastung der Stadt.
Bürgermeister Schlier: „Es ist sehr wohl Tafelsilber, aber wir haben ja auch neues Tafelsilber“
Zu Beginn der emotionalen Diskussion stellte CSU-Stadtrat Markus Stigloher klar, dass sich seine Fraktion vom 2007 gestellten CSU-Antrag distanziere. Hinsichtlich der „Sicherung von Sportplätzen“ schloss sich die CSU damals der SPD an und erweiterte das Ansinnen auf weitere Sporteinrichtungen. „Der Antrag ist 15 Jahre her, ein alter Hut. Jetzt wollen wir mit allen Beteiligten ergebnisoffen sprechen“, so Stigloher.
„Wir wollen den Sportplatz an der Jahnstraße erhalten und trotzdem den Sportpark erweitern“, sagte Richard Lechner (SPD). Er machte deutlich, dass man sich „in keinster Weise“ gegen eine Weiterentwicklung der Sportstätten stelle. Aber nicht um jeden Preis. An der Jahnstraße werde man keine Olympiade erleben, jedoch könne man dort in Ruhe Sport treiben.
„Der Antrag ist 15 Jahre her, ein alter Hut. Jetzt wollen wir mit allen Beteiligten ergebnisoffen sprechen.“
Seinen Vorwurf, er habe Planungen „am Stadtrat vorbei“ vorangetrieben, wies Bürgermeister Schlier abermals zurück. Es brauche gewisse Vorüberlegungen für eine sinnvolle Diskussion. Es handele sich beim Jahnstadion „sehr wohl um Tafelsilber, aber wir haben ja auch neues Tafelsilber“, so Schlier. Martina Thalmayr (Grüne) sprach von verlorenem Vertrauen, da die Vorüberlegungen zum Jahnstadion, kurz bevor das Thema zur Sprache kam, vom Bürgermeister verschwiegen worden seien. „Wir können mit einem Arbeitskreis über die Entwicklung der Sportstätten reden, aber nicht in Zusammenhang mit der Machbarkeitsstudie.“
Aiblinger AfD spricht von „finanzpolitischem Offenbarungseid“
Von einem „finanzpolitischen Offenbarungseid“ sprach Andreas Winhart (AfD). Man habe sich übernommen, nicht zuletzt mit dem Schulneubau. „Jetzt ans Tafelsilber zu gehen, ist der falsche Weg.“ Für Dr. Thomas Geppert (CSU) klang die Debatte fast so, „als finde morgen der Spatenstich statt“. Doch jede Idee brauche Zeit und er verstehe nicht, „warum man eine ergebnisoffene Diskussion abwürgt“. Rudolf Gebhart (ÜWG) fragte sich, wofür man in Anbetracht von „Ziegenhain, Westend, Ellmosen oder Harthausen“ überhaupt noch Baulandausweisung brauche. Und auch für Petra Keitz-Dimpflmeier (SPD) hätte man die Diskussion wesentlich sachlicher führen können – in „richtiger Reihenfolge“.
Kirsten Hieble-Fritz (ÜWG) bedauerte, „dass wir jetzt schon in der Ergebnisdiskussion sind“. Sie befürwortete zwar ergebnisoffene Gespräche. Dies müsse jedoch auch möglich sein, ohne sich gleich in eine entsprechende Ecke drängen zu lassen. „Natürlich stellt sich die Frage der Finanzierung“, sagte Michael Krimplstötter (CSU). Dabei seien sich doch alle einig, dass eine Veräußerung des Jahnstadions „nur die Ultima Ratio“ sei. Anna Maria Kirsch (ÖDP) sprach sich indes klar gegen eine Verwertung aus.
Keine Machbarkeitsstudie, kein Arbeitskreis
Nach der Entscheidung zum Jahnstadion gab es noch Diskussionen zur vorgeschlagenen Arbeitsgruppe. Zwar sei man für Vereine weiterhin ansprechbar. Für Schlier sei eine Arbeitsgruppe nach der Jahnstadion-Entscheidung jedoch hinfällig. Der Wunsch von Stadtrat Winhart, den Beschlussvorschlag zu ändern – etwa indem man die Gespräche unabhängig von der Machbarkeitsstudie führt – verlief ins Nichts, da die Verwaltung den Beschlussvorschlag zurückzog.