Autobahn München-Salzburg bei Rosenheim
Neue A8-Brücke bei Rohrdorf: Eine Autobahn-Baustelle als Wettlauf gegen die Zeit
Auf der A93 drosseln die Österreicher mit ihrer Blockabfertigung – auf der A8 bremst die Altersschwäche den Verkehr: Bei Rohrdorf wird gerade eine 90 Jahre alte Brücke ausgewechselt. Die Staus sind lang, die Bauzeit hoffentlich nicht. Ein neues Verfahren soll das Nadelöhr zur „Turbo-Baustelle“ machen.
Rohrdorf – Die Situation ist angespannt. Und manchmal trifft‘s dann die, die eigentlich Abhilfe schaffen wollen. „Ja, da kommt dann ab und zu schon etwas verbal, oder es fliegt auch mal eine Tomate“, berichtet Joachim Matzka, Projektleiter an der Brücke, die den Verkehr der A8 bei Rohrdorf über ein Bahngleis führt. Fern- und Autofahrer seien halt manchmal genervt, wenn sie eine Stunde oder länger im Stau stehen. Und dann äußern sie sich manchmal über die Arbeiter und Ingenieure, die die Infrastruktur am Laufen halten.
A8: Riesen-Staus drohen
90 Jahre ist die Brücke alt, es sei eigentlich ein Wunder, dass sie so lange gehalten habe, diese vielen Jahre, dieses Verkehrsaufkommen, mit dem im Jahre 1935 niemand habe rechnen können, sagt Michael Kordon, Direktor der Niederlassung Südbayern der Autobahn GmbH des Bundes. Nun aber sei sie fällig. Die Bahnbrücke muss abgerissen und neu gebaut werden.
Oder besser: die alte wird entnommen, die neue eingesetzt. Denn genau genommen passiert das gerade an der A8. An einer Turbo-Baustelle, wie Josef Seebacher als Sprecher der Autobahn-GmbH sie nennt. Im Winter erst stellte man bei einer Routinekontrolle fest, dass die Brücke am Ende ist. Die Ingenieure von Max Bögl machten sich an die Arbeit, und jetzt schon ist die Baustelle eingerichtet, der Spezialkran angerollt, sind die Seilsägen an der Arbeit, um die alte Brücke in Segmente zu zerteilen.
Staus auf A8: Entlastung noch vor Pfingstferien?
„Noch vor dem Pfingstverkehr“ soll die Brücke erneuert sein, sagt Seebacher. Genaugenommen sind es zwei Brücken, eine für die Fahrspur im Süden, die andere für die Fahrspur im Norden. Nur mit Mühe dringen beim Ortstermin auf der Autobahn die Stimmen durchs Kreischen der Sägen und das Brummen der Bohrer, aber so viel bekommt man mit: Die Mitarbeiter der Autobahn-Gesellschaft wie der Baufirma sind gleichermaßen stolz auf dieses Projekt, das in nur sechs Wochen zum Abschluss gebracht werden soll.
Neu ist, dass ein aufwendiger Teil der Arbeit nicht erst an der Baustelle, sondern zuvor schon erledigt wird: Der Beton wird nicht in Einschalungen an der Autobahn gegossen, er fließt vielmehr in passgenaue Fertigteile und härtet in der Max-Bögl-Fabrikationshalle aus – so wie die Tübbinge, die Bauteile für die Tunnel-Verschalung, am Brenner-Basistunnel.
Riesen-Lego mit dem Spezialkran
Die Fertigteile werden mit Schwerlast-Lkw nach Rohdorf transportiert und können mit dem Spezialkran an Ort und Stelle auf die Widerlager gesetzt werden. Über 50 Tonnen wiegt das schwerste Teil, für den Spezialkran ein Klacks. Wenn das Fahrbahn-Segment millimetergenau heranschwebt, darf man sich das vorstellen wie Riesen-Lego. Allerdings ist die Maschine mit hundert Tonnen Fahrgewicht – so viel wie 80 Mini Cooper – so schwer, dass er am westlichen Rand stehen geblieben ist. Über die marode Brücke wäre er mit seinem Gewicht womöglich nicht mehr gelangt.
Auch für Speditionen aus dem Norden ist die Brücke entscheidend
Auch eine Turbo-Baustelle kostet Nerven. Und Geld. Gerade an einer so wichtigen Verkehrsschlagader wie der A8. Einmal läutet Josef Seebachers Handy, weil ein Spediteur aus Nordddeutschland wissen will, ob er mit seinen Schwertransportern überhaupt noch nach Salzburg kommt. „Auch für die im Norden ist die Autobahn hier im Süden entscheidend“, sagt Seebacher.
Unangenehm ist die Bausteller nicht nur für Urlauber, Pendler und Spediteure. Auch für Rohdorf birgt sie Nachteile. Schließlich versuchen viele Fahrer, den Staus auf der A8 auszuweichen. „In den Straßen von Rohrdorf steht dann manchmal der Verkehr nur noch“, sagt Bürgermeister Simon Hausstetter.
Allerdings sei die Brücke über der Zeit, ein Austausch unumgänglich, die Baustelle mithin verständlich – „anders als das Verhalten mancher Autofahrer“. Der Austausch mit der Autobahn-Gesellschaft sei insgesamt hervorragend, anders als mit der Deutschen Bahn. Der gehören die Gleise, die die Brücke überspannt. Für Rohdorfs Anliegen – ein Rad- und Fußweg unterm Autobahndamm entlang der Gleise – zeigt sie aber kein Entgegenkommen.
In nicht ganz sechs Wochen soll die neue Brücke stehen und funktionieren. Bleibt es dabei, lauern in dem alten Beton keine bösen Überraschungen, wäre es ein guter Start für ein Mammut-Unternehmen. 81 Brücken der A8 seien um die 90 Jahre alt, sagt Josef Seebacher. „Das ist schon ein Wettlauf mit der Zeit.“
