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Wiederholungstäter vor Gericht

Aus dem Inn-Salzach-Klinikum direkt in den Knast: So vergab ein Kolbermoorer seine „letzte Chance“

Vor dem Amtsgericht in Rosenheim musste sich ein Kolbermoorer erneut für seine Taten verantworten.
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Vor dem Amtsgericht in Rosenheim musste sich ein Kolbermoorer erneut für seine Taten verantworten.

Ein Wiederholungstäter aus Kolbermoor, der sich im Inn-Salzach-Klinikum zur Therapie befand, musste sich erneut vor Gericht verantworten. Wie der Oberarzt und der Staatsanwalt diesen Fall sehen und was dem 40-jährigen Mann jetzt blüht.

Kolbermoor/Rosenheim – Am 19. Juni 2023 stand der Kolbermoorer schon einmal vor dem Amtsgericht und erklärte: „Genug ist genug“. Damit wollte er seinen Willen zur Umkehr und zu einer Therapie deutlich machen. Nach 30 Eintragungen im Vorstrafenregister im Alter von 40 Jahren schien das auch an der Zeit.

Kurz vor diesem Verfahren, von dem er bereits wusste, stahl er in einem Baumarkt Werkzeug und erwarb ein offensichtlich in Kolbermoor gestohlenes E-Bike. Darüber hinaus warf ihm die Staatsanwältin eine Körperverletzung vor. Er soll einem 70-Jährigen mit einem Faustschlag eine Rippe gebrochen haben.

Widerruf der Bewährung führt direkt ins Gefängnis

Im Juni wurde ihm neben einer Haftstrafe von 16 Monaten eine Therapie in einer geschlossenen Anstalt gemäß Paragraf 64 StGB zugestanden. Der Paragraf sieht eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für suchtkranke Menschen vor, die ihre Straftat im Rausch oder aufgrund ihrer Sucht begangen haben und bei denen die Gefahr besteht, dass sie erneut in ähnlicher Weise erhebliche Taten begehen werden. Die Hoffnung war, dass dies ihn tatsächlich zu einer Umkehr seines Lebensstils bewegen würde. Diese Hoffnung erwies sich als trügerisch. Aus dieser Therapie heraus wurde ihm jetzt der Widerruf einer früheren Bewährungsstrafe zum Verhängnis.

Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Alexander Kohut, hoffte, sein Mandant könnte erneut den Paragrafen 64 StGB nutzen und seine Therapie im Inn-Salzach-Klinikum fortsetzen. Der Oberarzt des Klinikums, Dr. Josef Eberl, machte diese Hoffnung zunichte. „Als der Angeklagte seine Strafe aus dem Widerruf antreten musste, stand er ohnehin vor dem Rauswurf aus der Maßnahme. Dieser zeigte zu wenig Engagement in der Therapie und hat sich im Gegenteil querulatorisch und nach wie vor dissozial verhalten.“

Seit dem 1. Oktober 2023 sind die Eignungskriterien für eine geschlossene Therapie gemäß Paragraf 64 StGB wesentlich verschärft worden. Zu häufig wurde diese Therapiemöglichkeit lediglich als Chance gesehen, dem Gefängnis zu entgehen. Eine solche Maßnahme kostet den Steuerzahler etwa 150 000 Euro. Deshalb sind die Gutachter nun angehalten, eine Drogenabhängigkeit sehr viel enger zu definieren. Auch die Aussichten auf den Erfolg dieser teuren Maßnahme werden enger und genauer untersucht. Der Automatismus einer „Halbstrafen-Regelung“ nach einer Entlassung aus der Maßnahme wurde abgeschafft. Damit ist auch die Attraktivität des Paragrafen 64 StGB für die Straftäter weitaus geringer geworden. Oberarzt Eberl schätzte die Aussichten auf den Erfolg der Therapie mit den Erkenntnissen aus dem bisherigen Aufenthalt des Angeklagten im ISK nunmehr als gering ein. Der Angeklagte hat seine „letzte Chance“ offensichtlich nicht genutzt.

Bei der Zeugenanhörung wegen der Körperverletzung wurden Zweifel an der Täterschaft laut. Das Tatopfer hatte den Angeklagten als Täter nicht wiedererkannt und ihn lediglich auf Vorgaben des vernehmenden Polizisten bestätigt. Zweifelsfrei aber waren der Diebstahl und die Hehlerei, die er selbst einräumte.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sah trotzdem alle Vorwürfe, auch die Körperverletzung, als erwiesen an. Sie verwies darauf, dass der Angeklagte bereits 16-mal einschlägig vorbestraft ist. Laut Dr. Eberl sei auch eine erneute Einweisung in die geschlossene Therapie praktisch aussichtslos. Darüber hinaus seien alle Taten unter offener Bewährung begangen worden. Unter Einbeziehung der Verurteilung aus dem Juni sei nun eine Gefängnisstrafe von drei Jahren zu verhängen, wobei sich eine Aussetzung zur Bewährung ohnehin verbietet. Rechtsanwalt Kohut hielt die Körperverletzung für nicht nachweisbar und verwies auf das Geständnis in den verbliebenen Vorwürfen. Er bat das Gericht, die Alkoholisierung seines Mandanten ebenfalls zu berücksichtigen. Er beantragte eine Strafe von zwei Jahren und zwei Monaten und bat wegen der Alkoholsucht seines Mandanten um erneute Berücksichtigung des Paragrafen 64 StGB, und damit um erneute Einweisung in die Therapie.

Angeklagter muss zwei Jahre und neun Monate in Haft

Die Vorsitzende Richterin des Schöffengerichts Rosenheim, Isabella Hubert, verhängte eine Gesamt-Gefängnisstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Dabei sprach das Gericht den Angeklagten vom Vorwurf der Körperverletzung frei.

„Es ist heute deutlich geworden, dass bei ihnen immer die anderen schuld sind! An ihrer Persönlichkeitsstörung könnte keine Drogentherapie etwas ändern. Das können und müssen Sie selbst ändern. Und das können Sie auch im Gefängnis.“ Damit wurde der Haftbefehl aufrechterhalten.

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