Jetzt haben die Juristen das Sagen
Auflösung des Bahnübergangs Reitmehring: Warum jetzt Meggle dagegen klagt
Sie ist die lästigste Staufalle im Bereich Wasserburg: die Schranke am Bahnübergang in Reitmehring. 20 Jahre hat es gedauert, bis der Plan für die Beseitigung stand. Dagegen wird nun geklagt. Die Firma Meggle sieht sogar ihren Geschäftsbetrieb gefährdet. Das sind die Gründe.
Wasserburg – Es ist schon wieder fast genau ein Jahr her, dass die Nachricht im Rathaus eintraf, der Planfeststellungsbeschluss für die Auflösung des Bahnübergangs Reitmehring sei da. Es gab jedoch eine Frist, in deren Verlauf Klagen eingereicht werden konnten. Das ist geschehen. Zu Grundeigentümern aus Reitmehring, die klagen, weil die Baumaßnahme ihre Flächen beeinträchtigen oder durchschneiden könnte, hat sich die Firma Meggle gesellt. Die Verhandlungen finden in erster Instanz aufgrund der Komplexitität des Verfahrens gleich vor dem Verwaltungsgerichtshof in München statt.
Unternehmen sieht Geschäftsbetrieb gefährdet
Eigentlich könnte man meinen, Meggle profitiere von der Beseitigung des Bahnübergangs. Schließlich stehen an der Schranke auch Mitarbeitende und Lieferanten im Stau. Doch das Unternehmen teilt auf Anfrage der Wasserburger Zeitung mit: „Die im Planfeststellungsbeschluss getroffene Lösung sowie deren Umsetzung gefährden sowohl den aktuellen Geschäftsbetrieb als auch den weiteren Ausbau des Unternehmens nachhaltig.“
Wie kann das sein? „Für einen großen Teil der Bauphase soll eine fortwährende Umleitung des Verkehrs der B304 über die Megglestraße erfolgen. Aufgrund der heute bereits bestehenden, gutachterlich belegten, erheblichen Belastung der Megglestraße würde mit einer derartigen Verschärfung der Gesamtsituation die Funktionalität und Wirtschaftlichkeit des Geschäftsbetriebes infrage gestellt werden. Insbesondere könnte eine ordnungsgemäße Zulieferung der nicht haltbaren Rohstoffe und Ablieferung der frischen Produkte während der mehrjährigen Bauphase nicht mehr sichergestellt werden, was sich außerordentlich negativ auf die Betriebsabläufe auswirken würde“, heißt es zur Begründung aus der Unternehmensleitung in Wasserburg.
Hier befindet sich der Stammsitz der weltweit tätigen Meggle Gruppe mit insgesamt 2.600 Mitarbeitenden, rund 1.000 davon in Wasserburg. Das Molkereiunternehmen, beim Verbraucher bekannt vor allem durch Kräuterbutter und Grillprodukte, stellt auch Pharmazieprodukte her. Dafür hat Meggle in Wasserburg das Molken-Tanklager modernisiert, sichtbar an neuen Tanks an der Meggle-Straße für Rohrstofflagerung und Reinigung. Es ist die Basis für das weitere Wachstum im Geschäftsfeld der pharmazeutischen Lactoseproduktion.
Meggle sieht sich durch den Planfeststellungsbeschluss außerdem in seiner Weiterentwicklung behindert. Die hier „festgelegte Inanspruchnahme von Betriebsflächen“ könne den bereits konkret geplanten Ausbau des Werkes gefährden beziehungsweise in Teilen unmöglich machen, so die Pressestelle des Unternehmens. Meggle hat nicht nur das Tanklager ergänzt, sondern baut auch einen neuen Sprühturm und erweitert die Butterei. Investitionen in Höhe von 120 Millionen Euro werden laut Unternehmensleitung in Wasserburg getätigt.
„Unbefriedigende Verkehrssituation“
Die Megglestraße ist auch ohne Umleitungsverkehr eine Gefahrenstelle. Seit Jahren geht es in Verkehrsschauen, Anträgen und Besprechungen um die Frage, wie vor allem der Schulweg der Kinder im Bereich Werksein- und Werksausfahrt sicherer werden kann. „Eine Verbesserung der unbefriedigenden Verkehrssituation ist für alle Beteiligten ein wünschenswertes Ziel und wird daher grundsätzlich auch von Meggle sehr befürwortet“, sagt das Unternehmen. Die im Planfeststellungsbeschluss angedachte Umsetzung könne „keinesfalls mitgetragen beziehungsweise akzeptiert werden“.
Noch kein Termin beim Verwaltungsgerichtshof
Bevor der erste Bagger anrollt, haben also noch die Juristen das Sagen. Noch gibt es keinen Termin beim Verwaltungsgerichtshof in München, teilt Pressesprecher Andreas Spiegel auf Anfrage mit. Aufgrund der Tatsache, dass das Verfahren als Folge der Komplexität einen längeren Vorlauf benötige, könne es sein, dass heuer nicht mehr verhandelt werde. Laut Pressestelle gibt es vier Kläger. Beklagter ist der Freistaat Bayern.
In dessen Auftrag hat die Regierung von Oberbayern das Planfeststellungsverfahren durchgeführt. Für die Arbeiten ist das Staatliche Bauamt Rosenheim zuständig. Bauherr ist wiederum der Bund.
Trog, Tunnel, Brücke
Der Bahnübergang in Reitmehring wird aufgelöst. Die B 304 soll durch einen Tunnel, über eine Brücke mit anschließendem Trog sowie Rampen mit Anbindungen an Ortsstraßen und an die B 15 geführt werden. Die schon mehrere Jahre zurückliegende Kostenschätzung für das Mammutprojekt belief sich damals auf 40 Millionen Euro.
