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Empörung beim Gemeinderat

Skandal um Asylunterkunft: Gericht gibt Stephanskirchen recht – baut Landratsamt trotzdem?

In der geplanten Asylunterkunft in der Hofmühlstraße in Stephanskirchen finden laut Landratsamt derzeit Reinigungsarbeiten statt.
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An der geplanten Asylunterkunft in der Hofmühlstraße in Stephanskirchen finden laut Landratsamt derzeit Reinigungsarbeiten statt.

Stephanskirchen wehrt sich gegen das Vorhaben des Landratsamtes, Geflüchtete in einer Sammelunterkunft unterzubringen – und zog vor das Verwaltungsgericht. Um einen Baustopp zu erreichen, beantragte die Gemeinde die aufschiebende Wirkung – und bekam Recht. Doch am Gebäude wird weiter gewerkelt.

Stephanskirchen – Blankes Entsetzen, von Skandal war die Rede – die Stimmung bei der jüngsten Sitzung des Stephanskirchener Gemeinderates kochte hoch, als Bürgermeister Karl Mair (Parteifreie Bürger) die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Sachen Flüchtlingsunterkunft an der Hofmühlstraße bekannt gab. Dabei war es nicht die Entscheidung selbst. Denn die fiel zugunsten der Gemeinde aus. Sondern das Verhalten des Landratsamtes, das sich der Entscheidung zu widersetzen scheint.

Mehrere Lieferwagen vor Gebäude

An der alten Lagerhalle in der Hofmühlstraße, wo das Landratsamt eine Sammelunterkunft für bis zu 101 Geflüchtete plant, ist auch am Mittwochvormittag, 26. März, einiges los. Mehrere Lieferwagen parken vor dem Gebäude, darunter eines einer Schreinerei sowie einer Gebäudereinigungsfirma. Ein Schrubber und Putzeimer stehen am Eingang. Durch das Fenster in der Mitte sieht man einen Mann auf einer Leiter stehen, der an einer Deckenleuchte zu arbeiten scheint. Aus dem Inneren kommen Geräusche von Maschinen, die von Staubsauger bis Schleifmaschine alles sein könnten.

Warum sorgt das für Aufregung? Ein Rückblick: Dass die Flüchtlinge aus den Turnhallen raus und über die verschiedenen Landkreisgemeinden verteilt untergebracht werden müssen, damit haben die wenigsten Kommunen ein Problem. Das Landratsamt sucht deswegen händeringend nach Unterbringungsmöglichkeiten und fand diese im Fall von Stephanskirchen in einer alten Lagerhalle im Gewerbegebiet an der Hofmühlstraße im Ortsteil Murnau. Bis zu 101 Menschen sollen dort mitten im Industriegebiet, ohne jegliche Anbindung an den Ort, untergebracht werden.

Gemeinde will dezentrale Lösung – und klagt

Während sich Eigentümer und Landratsamt schnell einig wurden, stellte sich die Gemeinde gegen die Entscheidung. Nicht, weil sie gegen die Aufnahme weiterer Flüchtlinge ist. Sondern gegen die Art und Weise. Denn die Stephanskirchener würden die Geflüchteten lieber dezentral unterbringen. Das hätte sich in der Vergangenheit bewährt – und bringe Vorteile für die Menschen, die Zuflucht suchen und für die Gemeindebürger, die diese so besser in ihrer Mitte aufnehmen können.

Im Juli hatte sich das Landratsamt selbst eine Baugenehmigung für das Vorhaben erteilt – wozu es rechtlich aufgrund einer Änderung des Baugesetzbuches in der Lage ist. Die Gemeinderäte hingegen hatten sich mehrfach gegen die Pläne ausgesprochen und das gemeindliche Einvernehmen für den Bauanträgen verweigert. Also reichte die Gemeinde Klage gegen die Nutzungsänderung beim Verwaltungsgericht München ein. Zunächst ohne aufschiebende Wirkung. Das heißt, trotz Klage darf mit dem Bauvorhaben begonnen werden. Am 20. November reichte die Gemeinde schließlich einen Eilantrag ein, um die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen und so einen Baustopp zu erreichen.

Gemeinde bekommt vor Gericht Recht

„Am 17. März hat das Verwaltungsgericht unserem Eilantrag stattgegeben“, erklärte Bürgermeister Mair dem Gemeinderat. Und das bedeutet Baustopp. Mit dieser Entscheidung dürften somit keine weiteren Arbeiten am Gebäude fortgeführt werden. „Wir müssen aber davon ausgehen, dass das Landratsamt immer wieder eine neue befristete Baugenehmigung erteilen wird.“ Diese befristete Genehmigung basiere auf einer Sonderregelung im Baurecht (§246 Abs. 10 BauGB), wonach bauplanungsrechtliche Vorschriften umgangen werden dürfen, sofern eine Flüchtlingsunterkunft dringend benötigt wird. Nach Ansicht des Gerichts wäre es jedoch ausreichend gewesen, diese befristet auf drei Jahre zu erteilen.

Mair merkte außerdem an, dass trotz der Entscheidung des Gerichts noch immer Bauarbeiten stattfänden – was einen klaren Rechtsbruch bedeute. Immer wieder seien weiße Lieferwagen, meist ohne Firmenlogo, auf dem Gelände zu sehen, berichteten auch einige Gemeinderäte. An der Westseite seien Heizkörper sichtbar, die Bauarbeiten machten laut einiger Räte einen „ziemlich vollendeten“ Eindruck. „Wenn man fragt, was dort gemacht wird, dann ist ‚Reinigungsarbeiten‘ die Antwort“, so Mair.

Dies war auch die Antwort des Landratsamtes auf Nachfrage des OVB. „Zur geplanten Unterkunft in der Hofmühlstraße in Stephanskirchen können wir Ihnen mitteilen, dass Bauarbeiten stattfanden. Diese waren aber vor Bekanntwerden der Entscheidung des Gerichts zum Eilantrag der Gemeinde beendet. Seitdem wurde aufgeräumt und geputzt, das ist zulässig“, so Pressesprecher Michael Fischer.

Entsetzen bei Gemeinderat ist groß

Die Reaktion der Gemeinderäte war deutlich. Jacqueline Aßbichler (CSU) – Richterin am Landgericht Traunstein – sagte kopfschüttelnd: „Ich bin entsetzt über das Vorgehen des Landratsamtes.“ Das Missachten einer gerichtlichen Entscheidung halte sie für „einen Skandal“. Da dürfe man sich nicht wundern, wenn die Bürger das Vertrauen in Institutionen verlieren.

Bürgermeister Mair kündigte an, das Landratsamt um eine Stellungnahme beziehungsweise um einen Ortstermin zu bitten.

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