Quarantänezone in Kolbermoor ist einzigartig in Deutschland
Im Epizentrum der Gefahr: Asiatischer Moschusbockkäfer greift jetzt auch Kirschlorbeer an
Kolbermoor ist der deutsche Hotspot des Asiatischen Moschusbockkäfers. 184 Steinobstgehölze mussten bereits gefällt werden. Jetzt greift der Schädling auch den Kirschlorbeer an. Wie die Plage mit Pheromonfallen eingedämmt werden soll.
Kolbermoor – „Die Quarantänezone rund um das Epizentrum Kolbermoor ist einmalig in Deutschland“, erklärt Felix Garban, Forstingenieur und Pflanzengesundheitsinspektor beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Traunstein. In ganz Europa gibt es nur drei Standorte des gefährlichen Schädlings – zwei in Italien, einen in Kolbermoor.
Monitoring direkt vor Ort
Seit einigen Wochen haben Felix Garban und sein Kollege Markus Hailer direkt vor Ort Station bezogen. Von ihren Container-Büros am neuen Friedhof aus gehen sie jeden Tag auf Beobachtungstour. „Auf Grundlage eines geologischen Informationssystems arbeiten wir uns aus dem Hotspot des Befallsgebietes in die Pufferzonen vor“, erklärt Garban. Begutachtet werden Gehölze ab einem Wurzelhalsdurchmesser von einem Zentimeter.
291 Gehölze mussten bereits gefällt werden
2016 wurde der Asiatische Moschusbockkäfer erstmals in Kolbermoor nachgewiesen. „Seitdem mussten 291 Gehölze gefällt werden“, erklärt Garban. Warum der Schädling sich ausgerechnet in Kolbermoor eingenistet hat, können sich auch die Fachleute nicht erklären. Eingeschleppt wurde er ursprünglich aus Asien. „Vermutlich in Obstkisten, Holzverpackungen und -paletten oder durch Baumschulware“, so Hailer. „Es gibt verschiedene Hypothesen, die nicht zu 100 Prozent bestätigt werden können.“
Der Käfer befällt Arten der Gattung Prunus. Dazu gehören nach Informationen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) unter anderem Zwetschge, Kirsche, Aprikose, Blutpflaume, Kriecherl, Mandelbäumchen, Mirabelle, Pfirsich, Reneklode, Traubenkirsche und Zierkirsche.
In der Quarantänezone in Kolbermoor dürfen diese Gehölze nicht mehr angebaut werden. „Jetzt wurden in Italien aber auch 60 befallene Kirschlorbeer-Bäume entdeckt“, informieren die Pflanzengesundheitsinspektoren. Deshalb wurde die Allgemeinverfügung zur Bekämpfung des Schädlings am 28. Februar aktualisiert.
Auch Kirschlorbeer gehört zu Wirtsbäumen
„Seitdem darf auch kein Kirschlorbeer mehr neu gepflanzt werden“, so Garban. Hinzu kommt, dass die Besitzer von Bäumen – ganz egal ob gewerblich oder privat – die betreffenden, bereits vorhandenen Pflanzen alle zwei Monate kontrollieren müssen. „Befallssymptome sind insbesondere Ausbohrlöcher oder Rindenschäden wie Fraßgänge mit Auswurf von Bohrmehl oder Nagespänen“, beschreibt Landschaftsgärtner Markus Hailer. In einem solchen Fall können sich die Besitzer unter der Telefonnummer 01 74/7 98 15 93 oder per E-Mail an aromia@lfl.bayern.de direkt an die Experten wenden. „Wir kümmern uns dann sofort um die fachgerechte Entsorgung, die Fällungskosten werden auf Wunsch von der Gemeinde übernommen“, informiert Garban und erklärt: „Die Bäume müssen gefällt, das Wurzelwerk entfernt, gehäckselt und verbrannt werden, damit keine Larven übrig bleiben.“
Die Bekämpfung des Schädlings ist aufwendig. Pflanzenschutzmittel sind in Deutschland nicht zugelassen, würden die Larven aber auch nicht erreichen, da sie tief im Holz verborgen sind. Deshalb sollen nun wieder Pheromonfallen zum Einsatz kommen. „Die Sexual-Lockstoffe im Inneren der Falle ziehen die Weibchen des Asiatischen Moschusbockkäfers an“, erklärt Garban. „Kommt eines in Paarungslaune angeflogen und versucht zu landen, gleitet es wegen einer aufgebrachten Antihaftsubstanz ab und rutscht in ein Fanggefäß, das mit einer Kochsalzlösung gefüllt ist.“
Die Fallen werden regelmäßig kontrolliert. „Ist der Käfer in die Falle gegangen, wird er zur Identifizierung ans Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg geschickt“, erklären die Experten. Zudem werden die Steinobstgehölze im Umfeld untersucht, um den Brut-Baum der Käfer zu finden.
Team wird weiter aufgestockt
Um den Schädling einzudämmen, wird das Monitoring in der Befallszone Kolbermoor und den Pufferzonen weiter intensiviert, das Team von Felix Garban auf sieben Mitarbeiter aufgestockt. „Es wäre eine Katastrophe, wenn sich der Schädling auf den gewerblichen Steinobstanbau ausbreiten würde“, betont er. Aber auch für Privatpersonen ist der Käfer gefährlich, denn „er schädigt Bäume so stark, dass anfangs zwar nur Teile welken, dann aber das gesamte Gehölz abstirbt, Äste oder Stämme morsch werden und plötzlich abbrechen.“
