Hitzige Debatte über grünen Strom
Chance oder Verschandelung? Viel Euphorie um Solarpark in Amerang - doch nicht alle sind so begeistert
Bis auf den letzten Platz gefüllt war die Gemeindehalle am Donnerstagabend: Der Infoabend zum geplanten Solarpark in Asham spaltete die Gemüter. Die Befürworter zeigten sich enthusiastisch - kritische Stimmen jedoch halten sich hartnäckig.
Amerang - Der Applaus hüpfte wie ein Gummiball hin und her zwischen Pro- und Contra-Argumenten zum Solarpark - so sehr sich Pascal Lang auch um positive Aspekte bemühte.
Der Vorstandsvorsitzende der Energie-Genossenschaft Inn-Salzach (egis) mit Sitz in Neuötting informierte zusammen mit seinem Team sowie dem Geschäftsführer des Traunsteiner Unternehmens maxsolar, Christoph Strasser, über das geplante Projekt.
Versorgung von 60 Prozent der Ameranger Haushalte?
Rund 200 Ameranger fanden am Donnerstagabend (20. März) den Weg in die Gemeindehalle, um sich über das geplante Photovoltaik-Projekt zu informieren.
Konkret geht es um eine Fläche von 28 Hektar bei Asham, die im Herbst dieses Jahres realisiert werden soll und über eine Laufzeit von 30 Jahren rund 60 Prozent der Ameranger (circa 2.000 Bürger) mit Strom versorgen könnte. Man bewege sich im Bereich der Mittelspannung von 20 Kilovolt (kV).
Gemeinsame Vision eines sauberen, energetischen Amerangs?
Wie Lang weiter erklärt, soll nicht nur der Gemeindesäckel vom Gewinn der erneuerbaren Energien profitieren, sondern auch die Ameranger selbst. Für eine Beteiligung gebe es zwei Möglichkeiten: indirekt über Genossenschaftsanteile als egis-Mitglied sowie eine stille Beteiligung direkt am Solarpark.
„Das wird ein Bürgerprojekt für Sie hier vor Ort, um Amerang eigenständig und unabhängig von fossilen Brennstoffen zu machen“, betonte Lang die Intention des Parks. Dass Solaranlagen auf Dächern nicht kompatibel seien mit der Fernwärmeversorgung, diese Tatsache wiederholte er im Laufe des Abends des Öfteren.
Auch eine Verschmutzung des Grundwassers durch per- und polyfluorierte Alkylverbindungen ( PFAS) im Grundwasser könne dem Vorstandsvorsitzenden zufolge ausgeschlossen werden, da die rein aus massivem Glas bestehenden Module seit fünf Jahren keine Plastik-Beschichtung mehr haben dürfen.
Im Juli 2022 wurde das Thema zum ersten Mal nach einer Investoranfrage zu Freiflächenanlagen in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung beraten, wie Bürgermeister Konrad Linner resümierte. Es folgte eine Potentialflächenanalyse, Gespräche mit Grundstückseigentümer sowie mit Bayernwerk über mögliche Einspeisemöglichkeiten ins Netz und eine öffentliche Informationsveranstaltung für die Bürger.
In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats am 19. März 2025 entschieden sich die Räte mit 2 Gegenstimmen dafür, das Projekt mit einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan auf den Weg zu bringen. „Vorhabenbezogen“ deshalb, weil die Genehmigung, laut Bürgermeister Linner, nur für den Zeitraum der Nutzung des Areals als PV-Park gelte und danach rückgebaut werden müsse.
Flugblatt mit hetzerischen Aussagen
„Wir haben immer darauf geachtet, das Prozedere öffentlich zu halten und nichts hinter verschlossenen Türen verhandelt“, unterstrich Linner in Bezug auf die maximale Transparenz und ging in dem Zusammenhang auf Aussagen in einem Flugblatt ein, in dem von einer „riesigen Stromfabrik“ die Rede war.
Zusammen mit den egis-Experten räumte der Bürgermeister mit unwahren Behauptungen über den geplanten Solarpark auf und bat die Bürger gleichzeitig darum, sachlich und wertfrei zu diskutieren.
Dass dennoch nicht alle so enthusiastisch sind, kristallisierte sich in der Fragerunde heraus. Vor allem der Inhaber des Landgasthauses Suranger habe ein „großes Problem“ mit dem „riesigen Park“, der direkt vor seiner Nase entstehen soll. Die knapp 200 Meter Abstand zur Wohnbebauung und dem Wirtshaus sehe er mit Argwohn, zumal Überlegungen da seien, künftig Ferienwohnungen an dem Standort zu etablieren.
Dass es eine Veränderung des Landschaftsbilds und eine Einschränkung in der Idylle geben wird, diese Gesichtspunkte wies Linner nicht von der Hand. Er ist sich allerdings sicher, dass der Solarpark den Biergartenbetrieb des Wirtshauses nicht einschränken werde.
Lang unterstrich die Aussage des Bürgermeisters mit einer Simulation in einem Foto, das den Blick vom Obergeschoss des Gebäudes in Suranger aus zeigt. Demnach wäre die landschaftliche Veränderung durch den Park wohl minimal.
Denn die PV-Anlagen würden durch eine großzügige Eingrünung verdeckt - mit Büschen und Bäumen zwischen acht und zehn Metern Breite sowie einer Höhe von knapp drei Metern.
Diese wirke sich positiv auf Ökologie und Ökonomie aus, biete Flächen für Wildtiere wie Rotwild, Bienen und bunte Blühwiesen. Ein Vergleich zu einem ähnlichen Projekt im unterfränkischen Bundorf zeigt: Selbst die Feldlerche - ein Pärchen sei auch auf der Ashamer Wiese gefunden worden - habe sich zwischen den Glassolarplatten zufrieden eingenistet.
Kontroverse Fragen aus den Zuhörerreihen
Einige Bürger zeigten sich weiterhin skeptisch: Muss es diese landschaftszerschneidende Dimension sein? Senken erneuerbare Energien wirklich den Strompreis? Wie sieht es mit der Speicherkapazität aus und was passiert mit der Überproduktion von Solarstrom, der nicht eingespeichert werden kann? Wie geht es mit der Anlage nach der Laufleistung von 30 Jahren weiter? Inwiefern wird der Solarpark rein auf Profit ausgerichtet? Wie sieht das Sicherheitskonzept aus, wenn ein solch großer Speicher in Flammen aufgeht?
Fragen, die einerseits seitens der Experten geklärt werden konnten, andererseits allerdings Zukunftsmusik darstellten. „Vor 30 Jahren wussten wir schließlich auch noch nicht, dass wir mir Wärmepumpen heizen werden“, versuchte Lang die hitzigen Gemüter zu beruhigen.
Nächster Informationsabend im April
Dass ihm noch ein steinerner Weg bevor steht, scheint ihm bewusst zu sein: „Die Bürger verstehen inzwischen, dass wir die Energie brauchen - am liebsten günstig, aber auf keinen Fall vor der eigenen Haustüre“, verwies Lang auf das Sankt-Florian-Prinzip. „Es sind leider noch viele Fehler im System, das möchte ich gar nicht unter den Teppich kehren - aber genau deshalb müssen wir am System arbeiten, um es weiterzuentwickeln.“
Dass Amerang starke Gewerbe mit ortsansässigen energieintensiven Unternehmen hat, unterscheide die Gemeinde von anderen Kommunen. „Wir nutzen die Chance, um das Beste für und mit Amerang zu machen - das sollte unser Ziel sein“, schließt Lang seine Ausführungen.
Die Reaktion der Bürger am Ende: zwiegespalten. Die Diskussionen setzen sich fort, das Thema Solarpark in Asham wird weitergehen. Eine zusätzliche Informationsveranstaltung zum Schwerpunkt Fernwärme in Amerang ist bereits anberaumt für den 7. April. (mb)




