Im Rosana Ayurveda Kurzentrum
Alles abschütteln in Rosenheim: Wie Atemübungen Geflüchteten aus der Ukraine helfen sollen
Im RoSana Ayurveda Kurzentrum in Rosenheim wird Geflüchteten etwas ganz Besonderes geboten. Was hinter den speziellen Atemübungen steckt und was Mechthild Brosch, Astrid Langenegger und sechs weitere Kursleiter damit bewirken wollen.
Rosenheim – Nachdem Mechthild Brosch und Astrid Langenegger gesprochen haben, wird es ganz still. Große Fenster beleuchten den Raum im RoSana Ayurveda Kurzentrum in Rosenheim, von draußen dringt Vogelgezwitscher herein. 14 aus der Ukraine geflüchtete Frauen sitzen auf ihren Yogamatten, die Augen geschlossen, und atmen langsam ein und aus. Jeden Samstag kommen sie für eine Stunde hier zusammen, um mit Atemübungen ihre Erfahrungen zu verarbeiten.
Brosch ist hauptberuflich Yogalehrerin und leitet die Stunden gemeinsam mit Langenegger und sechs weiteren Kursleitern. Vor allem geht es dabei um Stressmanagement, die Übungen basieren auf Yoga. Das Ziel ist, den Frauen zu vermitteln, selbst etwas tun zu können - ganz im Sinne des Empowerments. „Wir können die Situation nicht ändern, aber wie man damit umgeht. Es ist schön zu sehen, wenn die Frauen schon nach einer Stunde entspannter herausgehen“, sagt Brosch.
„Nachhaltigen und integrativen Frieden schaffen“
Die Übungen für Geflüchtete gibt es nicht nur in Rosenheim. Auf der ganzen Welt organisiert die International Association for Human Values (IAHV) ähnliche Projekte. Die IAHV ist den Vereinten Nationen angegliedert und arbeitet mit Menschen, die unter Krieg und Gewalt gelitten haben. Das Ziel ist es laut Pressemitteilung, einen „nachhaltigen und integrativen Frieden zu schaffen“, angeblich hätten von den Programmen schon 5000 Menschen aus der Ukraine profitiert. Derzeit finden die Workshops zur Traumata-Bewältigung zum Beispiel in den Erdbebenregionen in Syrien und der Türkei statt. In der Region bot Mechthild Brosch ihre Yogastunden schon 2015 an, als zuletzt zahlreiche Geflüchtete nach Deutschland kamen.
Im Kurzentrum neben der Kunstmühle wärmt sich die Gruppe erstmal auf. Den Kopf von links nach rechts drehen, Arme wegstrecken – und immer wieder ruft Langenegger rein: „Alles wegschütteln!“ Danach geht es zu den Atemübungen: Mal energetisch – beim Einatmen strecken alle die Arme schnell nach oben, beim Ausatmen wieder runter – dann wieder entspannendes Summen. Brosch fragt in die Runde: „Sind die Gedanken weniger?“ Lächelndes Nicken. Nicht alle Frauen verstehen deutsch, weshalb Maryna Gatvenko, selbst Teilnehmerin, übersetzt.
Gatvenko kommt aus Charkiw, einer Stadt im Osten der Ukraine. Sie weiß noch genau, wann sie in Deutschland ankam: Am 29. März 2022. „Zu viele Bomben“, sagt sie über den Grund für ihre Flucht. Der Yogakurs gefällt ihr. Auch Olena Turchynovych aus der Stadt Dnipro kommt jeden Samstag: „Es ist eine sehr schöne Erfahrung, sie gibt viel Energie.“ Bis zu 20 Teilnehmerinnen kommen regelmäßig, quer durch alle Altersklassen.
Eine Verbindung zueinander schaffen
Viele Übungen, die Langenegger und Brosch dabei machen, sind auf Menschen zugeschnitten, die Traumatisches erlebt haben: Bei einer möglichst niedrigen Zugangsschwelle soll ein möglichst großer Nutzen für die Teilnehmerinnen herauskommen – leichte Übungen bei viel Spaß. Selbst Kleinigkeiten wie ein Lächeln in die Runde hätten einen Effekt. Dabei versuchen die Kursleiter immer zu erklären, was die Übungen bewirken sollen: Energie tanken, Entspannen und die Gedanken beruhigen. Oft geben sie Hausaufgaben auf, sodass die Teilnehmerinnen die Übungen wiederholen.
„Das Programm hat auch einen integrativen Effekt“, sagt Langenegger, die hauptberuflich als Sozialpädagogin arbeitet. Wer miteinander etwas mache, rede mehr miteinander. „Es schafft eine Verbindung.“ Bei der Gruppe um Kurzentrum scheint das schon funktioniert zu haben: Als die Stunde vorbei ist, reden viele noch miteinander, Lachen schallt durch die Gänge. Kommende Woche steht ein längerer Workshop an – dort lernen die Teilnehmerinnen Übungen, die sie in den Stunden anwenden können. Ein großer Teil hat sich direkt angemeldet.
Jeden Samstag von 9 Uhr bis 10 Uhr
Die Treffen der International Association for Human Values finden jeden Samstag von 9 Uhr bis 10 Uhr im RoSana Ayurveda Kurzentrum in Rosenheim statt. Einmal im Monat gibt es zusätzlich einen „Healing Resilience Empowerment“ Workshop Samstag und Sonntagvormittag. Das Angebot richtet sich schwerpunktmäßig an Geflüchtete. Wer teilnehmen möchte, kann sich per E-Mail unter mechthild.brosch@iahv.de anmelden.
