Landratsamt mahnt
Finanzen „äußert angespannt“ – Steht Ramerberg vor der Pleite?
Das Landratsamt Rosenheim nennt den Haushalt von Ramerberg „äußerst angespannt“. Gemeinderäte zeigten sich schockiert. Was der Fußballplatz damit zu tun hat und welche weitreichenden Folgen das für die Gemeinde haben könnte.
Ramerberg – Das Rosenheimer Landratsamt hat den Haushalt von Ramerberg für das Jahr 2023 bereits rechtsaufsichtlich überprüft und genehmigt. Doch die Behörde macht auch deutlich, dass die Haushaltslage der Gemeinde „äußerst angespannt“ sei. Unter anderem kommt in der Stellungnahme des Landratsamtes, die unserer Redaktion schriftlich vorliegt, zur Sprache, dass die Kommune durch weiterreichende Maßnahmen einer völligen Einschränkung des finanziellen Spielraums entgegenwirken sollte. Die Gemeinde Ramerberg müsse sich deshalb auf unabweisbare Ausgaben beschränken und sollte nur finanzielle Leistungen erbringen, zu denen die Gemeinde rechtlich verpflichtet sei oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar seien. „Investitionen im freiwilligen Bereich sind einer sehr kritischen Prüfung zu unterziehen und in vertretbarer Weise auf das vor Ort notwendige Maß zu reduzieren“, heißt es in dem Schreiben weiter.
Wenig „finanzielle Bewegungsfreiheit“
Außerdem führt das Landratsamt das Berechnungsmodell „finanzielle Bewegungsfreiheit“ in seinem Schreiben an. Dabei wird der Betrag der bereinigten Zuführung ins Verhältnis zum bereinigten Ergebnis des Verwaltungshaushalts gesetzt. Ergibt sich ein Wert von mehr als 15 Prozent, sei er als günstig zu beurteilen, ein Wert unter fünf Prozent als „ungünstig“, so die Behörde, die für Ramerberg den Wert 0,44 errechnete, also ein deutlich schlechteres Ergebnis.
„Eine Gefährdung der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde Ramerberg ist nicht auszuschließen.“
Weiter heißt es in dem Schreiben des Rosenheimer Landratsamtes an die Gemeinde Ramerberg: „Eine Gefährdung der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde Ramerberg ist nicht auszuschließen.“
„Für die in Paragraf 2 der Haushaltssatzung festgesetzte Kreditaufnahme in Höhe von 1.463.500 Euro für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen wird gemäß Artikel 71 Absatz 2 Gemeindeordnung die rechtsaufsichtliche Genehmigung erteilt.“ Und für die Zukunft macht die Behörde deutlich: „Die Genehmigung von Krediten in den folgenden Haushaltsjahren ist aus heutiger Sicht nur möglich, wenn Investitionen nur für unbedingt erforderliche Maßnahmen getätigt werden, die Mindestzuführung nach Paragraph 22 KommHV-Kameralistik erwirtschaftet wird und der Haushaltsausgleich gewährleistet wird.“
Bürgermeister Manfred Reithmeier von den Unabhängigen Wählern Ramerberg (UWR) hatte in der Gemeinderatssitzung im April unter dem Tagesordnungspunkt „Bekanntgaben“ über das Schreiben des Landratsamtes öffentlich informiert. Bernd Stawiarski (parteilos) bemängelte, dass den Gemeinderäten das Schreiben des Landratsamtes nicht zugänglich gemacht worden sei. Er forderte die Verwaltung auf, die Stellungnahme unverzüglich an die Gemeinderäte weiterzuleiten. Eine Diskussion erfolgte in der Sitzung nicht.
Bürgermeister hält sich bedeckt
Unsere Redaktion wollte im Nachgang wissen, wie der Bürgermeister die Einschätzung des Landratsamtes zur Finanzlage beurteilt. „Haben Sie damit gerechnet oder kam die Einschätzung der Behörde für Sie überraschend? Was macht die Finanzlage in Ramerberg so schwierig?“, fragten wir schriftlich nach und wollten vom Gemeindeoberhaupt auch wissen: „Welche Konsequenzen hat die Einschätzung des Landratsamtes für die Gemeinde Ramerberg? Mit dem neuen Fußballplatz und dem neuen Kindergarten sind ja größere Investitionen geplant. Sehen Sie diese nun gefährdet?“
Die Antwort des Bürgermeisters fiel kurz aus. Sie lautet: „In der Gemeinderatssitzung vom 11. April wurde die Thematik des Haushalts der Gemeinde Ramerberg in der öffentlichen Sitzung unter Bekanntgaben vorgestellt. Der Haushalt 2023 der Gemeinde Ramerberg ist vom Landratsamt genehmigt. Nicht nur in der Gemeinde Ramerberg ist die Haushaltslage angespannt.“ Das betreffe auch andere Kommunen. Und weiter: „Alle Ausgaben werden gewissenhaft geprüft und mit dem Gemeinderat gemeinsam diskutiert und entsprechend abgestimmt.“
Ausführlicher äußerte sich dagegen Gemeinderat Konrad Fuchs von der Neuen Ramerberger Liste/Freie Wählergemeinschaft (NRL/FWG) im Gespräch mit unserer Zeitung. Er warnt ausdrücklich vor dem geplanten Grundstückskauf in der Ortsmittel Ramerberg für Sportplatz und Kindergarten. Fuchs kann einfach nicht verstehen, warum der Standort Zellerreit bei der Planung für einen neuen Fußballplatz und den Kindergarten nicht weiter berücksichtigt wird. „Niemand konnte mir bisher stichhaltige Argumente für diese Entscheidung liefern, die ich nicht argumentativ widerlegen konnte“, ist er überzeugt. In Zellerreit gebe es den Fußballplatz für 30 Jahre kostenfrei und für einen neuen Kindergarten würden dort 1200 Euro Pacht pro Jahr anfallen, rechnet er noch einmal vor.
Fußballplatz oder Kindergarten?
Und Fuchs wird noch deutlicher: „Die Gemeinde Ramerberg ist quasi pleite, wenn sie das Grundstück in der Ortsmitte für den Neubau von Kindergarten und Sportplatz kauft“, warnt er und führt weiter aus: „Ich habe ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass der neue Gemeinderat die Gemeinde schon nach drei Jahren finanziell ruiniert. Wenn die Gemeinde das Grundstück für den neuen Kindergarten und den neuen Fußballplatz für 1,5 Millionen Euro erwirbt, dann kann die Gemeinde den Kindergarten nicht mehr bauen, dann sind wir pleite“, betont er immer wieder. Eigentlich habe er damit gerechnet, allein das Tempo überrascht den langjährigen Gemeinderat.
Doch Fuchs will noch einmal nachhaken: Im Nachgang zur April-Sitzung habe er deswegen gemeinsam mit drei weiteren Gemeinderatskollegen, Andreas Ullmann und Florian Baumann (beide NRL/FWG) sowie Bernd Stawiarski, den Antrag gestellt, den Grundstückskauf im Hinblick auf die Haushaltslage noch einmal öffentlich im Gemeinderat zu diskutieren – bevor es zu Entscheidungen komme. Für die nächste Sitzung am Dienstag, 16. Mai, sei dieser Tagesordnungspunkt jedoch nicht auf die Tagesordnung gesetzt worden, bedauert er.

