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Stabwechsel in der Stadtmitte

Abschied: Warum Jost Deitmar Bad Aibling verlässt und wie es mit dem Hotel Lindner weiter geht

Hotelier Jost Deitmar verlässt das Romantik-Hotel „Das Lindner“ in Bad Aibling.
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Der renommierte Hotelier Jost Deitmar verlässt die Kurstadt. Die Führung des Aiblinger Traditionshauses Romantik-Hotel „Das Lindner“ übernimmt ein in der Stadt nicht Unbekannter.

Stabwechsel im Herzen der Stadt: Hotelier Jost Deitmar verlässt Bad Aibling und das Romantik-Hotel „Das Lindner“. Über seine Beweggründe, die hinter ihm liegenden Jahre und neue Herausforderungen spricht er im Interview.

Bad Aibling – Der Abschied fiel ihm nicht leicht. Doch er weiß „sein“ Hotel „Das Lindner“ in guten Händen und bricht nun auf zu (in Teilen) neuen Ufern: Der deutschlandweit bekannte und mehrfach ausgezeichnete Hotelier Jost Deitmar hat seine Betriebsgesellschaft des Romantik Hotels „Das Lindner“ veräußert und mit dem 1. Oktober das Vier-Sterne-Haus „An der Waage“ in Bad Aibling verlassen.

Vor sechs Jahren kam er aus Hamburg hier an, nachdem er dort zuletzt 20 Jahre lang das namhafte 5-Sterne-Hotel Louis C. Jacob an der Hamburger Elbchaussee geführt hatte. Schnell war der hochgewachsene, stets zuvorkommende gebürtige Münsterländer in der Kurstadt bekannt, in der er das Traditionshaus mit großem Engagement führte und auch durch die Coronakrise steuerte. Jetzt sah er die Zeit gekommen, sich einem neuen Lebensabschnitt zu widmen. Käufer der Betriebsgesellschaft ist der Hoteleigentümer Peter Greither.

Herr Deitmar, nach sechs Jahren verlassen Sie „Das Linder“ und Bad Aibling. Wie schwer fällt Ihnen der Abschied von hier?

Jost Deitmar: Meine großartigen Abteilungsleiter und Mitarbeitenden werden mir fehlen. Genauso wie die vielen herzlichen, mir zugewandten Aiblinger. Aber ich bin nicht aus der Welt. Ich bleibe in München und der Weg ist ja nicht weit.

Was hat Sie überhaupt zu diesem Schritt bewogen?

Deitmar: Nach über 40 Jahren möchte ich mich aus dem operativen Hotelgeschäft zurückziehen. Mit Peter Greither, dem Käufer meiner Betriebsgesellschaft, war ich viele Monate in Kontakt, um einen guten Übergang im Sinne des Hotels und der Mitarbeiter zu gewährleisten.

Das Hotel Lindner

Einst war es ein wahrhaftiges Schloss – „Schloss Prantshausen“. Über 1400 Jahre reicht seine Geschichte laut Angaben der Eigentümer des heutigen Romantik Hotels „Das Lindner“ zurück. Es gilt auch als die Geburtsstätte des Heiligen Ratholdus, nach dem der Steig hinter dem Anwesen benannt ist. Die Grundmauern stammen aus der Zeit der Karolinger (ca. 600 n. Chr.). In der Chronik des Hotels heißt es: „Mit den Jahrhunderten verkommt das Schloss jedoch zunehmend, bis am 1. Mai 1853 Johann Lindner das geschichtsträchtige Anwesen für 200 Gulden erwirbt und mit viel Mut, Fleiß und Arbeit aus der Schlossruine ein stolzes Haus entstehen lässt, in das der Maler Wilhelm Leibl gerne einkehrt. Seit über 150 Jahren befindet sich das Schloss Prantshausen nun in Familienbesitz der Familie Lindner, die das Schloss in das traumhafte Lindners Hotels & Restaurants verwandelte. Seit sieben Generationen ist die Familie bestrebt, im modernst ausgestatteten Hotel jeden erdenklichen Komfort zu bieten, ohne den ursprünglichen Charakter des Schlosses zu verändern.“ Viele Jahrzehnte lang war die im November des vergangenen Jahres im Alter von 96 Jahren verstorbene Erna Linder das unverwechselbare Gesicht des Traditionshauses im Herzen der Stadt, in dem sie bis zuletzt täglich anzutreffen war. Nach dem Weggang von Jost Deitmar liegt die Geschichte des Hotels nun in Händen ihres Schwiegersohns Peter Greither.

Was waren die größten Herausforderungen

Deitmar: Ich habe lernen müssen, meine Ansprüche an den Umfang – nicht an die Qualität – der Dienstleistungen runterzuschrauben. Aus rein wirtschaftlichen Gründen. Die Standards in einem 4-Sterne-Hotel sind nun mal andere als in einem 5*+Hotel, für das ich in Hamburg verantwortlich war. Dafür zahlt der Gast hier ja auch einen deutlich geringeren Zimmerpreis. Nur bei der Herzlichkeit, der Aufmerksamkeit, der Freude an der Dienstleistung und der Professionalität der Mitarbeitenden ist der Anspruch identisch, da darf es keine Unterschiede geben. Ich glaube, das ist uns in den vergangenen sechs Jahren gut gelungen. Die Seele des Lindner sind die tollen Mitarbeiter.

Sie kamen damals aus dem hohen Norden in eine oberbayerische Kleinstadt. Können Sie sich noch an Ihre ersten Eindrücke hier in Bad Aibling erinnern?

Deitmar: Sehr gut sogar! Bei meinem Einstand, zu dem ich unter anderem auch Honoratioren der Stadt geladen hatte, war ich überrascht, mit welcher Herzlichkeit und Offenheit ich hier als Nordlicht aufgenommen wurde. Und ich erinnere mich auch an meine Verwunderung über die Getränkeauswahl: wären in Hamburg zu einem solchen Anlass ausschließlich Wein und Champagner getrunken worden, waren im Lindner die Tabletts ausschließlich mit Bierkrügen gefüllt..

Mitten in Ihre Zeit in Bad Aibling fiel die Corona-Pandemie. Wie würden Sie rückblickend sagen, hat das Hotel diese schwierige Zeit überstanden?

Deitmar: Das waren schwere Jahre. Wir konnten das Unternehmen nur auf Sicht fahren. Die Verunsicherung auch bei den Mitarbeitern hat mich viele schlaflose Nächte gekostet. Betriebswirtschaftliche Planungen waren unmöglich. Und ich hatte ja erst ein volles Geschäftsjahr hinter mir, ohne nennenswerte Rücklagen. Mit Vorsicht, Augenmaß und mithilfe Staatlicher Unterstützung sind wir gut über die Zeit gekommen. Anders hätten wir wirtschaftlich auch kaum überleben können. 

Was hat Ihre Zeit in der Stadt abseits von Corona am meisten geprägt?

Deitmar: In Hamburg habe ich als Geschäftsführender Direktor das Hotel geführt, als wäre es mein eigenes. In Bad Aibling war’s das. Trotz zahlreicher Herausforderungen habe ich die Freiheit und die Unabhängigkeit von Dritten als selbstständiger Unternehmer sehr genossen.

Erinnern Sie sich an ein besonders schönes Erlebnis?

Deitmar: Ganz spontan fällt mir da meine erste Fronleichnamsprozession in Bad Aibling ein. Es hat mich als Nordlicht sehr beeindruckt, die farbenfrohen Trachtengruppen zu sehen, zu erleben, mit welcher Begeisterung und Leidenschaft auch die vielen jungen Menschen ihre Tradition mit Freude und Engagement pflegen und leben.

Und die vielen bekannten Gäste aus Hamburg und aus allen Teilen Deutschlands werden mir in Erinnerung bleiben. Woche für Woche kamen mich Gäste und Mitarbeiter aus meinem ehemaligen Hotel in Hamburg besuchen, die den Kontakt halten und sehen wollten, wo ich geblieben bin. Diese Verbundenheit berührt mich sehr.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen in der Hotelbranche generell und wo sehen Sie Chancen der Digitalisierung in Ihrer Branche?

Deitmar: Der (Fach-)Kräftemangel ist bekanntlich eine der größten Herausforderungen unserer Branche, genauso wie die eklatant gestiegenen Preise für Löhne, Lebensmittel und Energie. Und das Maß ist voll! Weitere Preissteigerungen auf unseren Speisekarten sind aus meiner Sicht nicht durchzusetzen, wenn wir nicht riskieren wollen, dass Gäste ausbleiben, weil sie sich den regelmäßigen Besuch im Wirtshaus nicht mehr leisten können oder wollen oder – genauso arg – weil sich der Umsatz pro Gast bei gleichem Aufwand für den Wirt halbiert.

Als Privathoteliers mit einer Klientel, die genau diese Art Hotels wie das Lindner sucht, müssen wir mitunter den Versuchungen, den Verlockungen der allumfassenden Digitalisierung, wie sie in anonymen Kettenbetrieben zum Teil längst umgesetzt wurde, widerstehen. Vom kontaktlosen Check-in bis Check-out begegnet man dort mitunter keiner Menschenseele. Meine Maxime: alle Prozesse, die der Gast nicht unmittelbar sieht und mitbekommt, sollten digitalisiert werden. In allen anderen Bereichen muss es menscheln! 

Was denken Sie, werden Sie am meisten vermissen?

Deitmar: Meine Abteilungsleiter und die Mitarbeitenden!

Wollen Sie verraten, wohin es Sie jetzt zieht?

Deitmar: Zur Überraschung vieler bleibe ich im Süden, genauer gesagt in meiner schönen Wohnung im Münchner Glockenbachviertel. Beruflich werde ich mich wieder der Hotelberatung widmen. Darüber hinaus haben wir mit zwei Geschäftspartnern eine Gesellschaft gegründet, die sich mit einer digitalen Innovation beschäftigt, die es den Menschen ermöglicht, ein glücklicheres Leben zu führen und ihre Erfüllung zu finden. Und in der restlichen Zeit werde ich LEBEN und mich mit all den Dingen beschäftigen, für die in den letzten 40 Jahren keine Zeit war. Und davon gibt’s so viel…

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