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52-Jähriger stirbt bei Zusammenstoß

7. Toter durch Zugunglück: Wann werden Soyens Bahnübergänge endlich sicher?

Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022
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Einsatzkräfte am Bahnübergang Seeburg (Soyen) am frühen Abend des 19. November 2022: Hier war gegen 18 Uhr ein 52-jähriger Opelfahrer von einem Zug gerammt worden. Der Mann wurde tödlich verletzt.

Schon wieder ist es in Soyen zu einem tödlichen Unfall an einem der unbeschrankten Bahnübergänge gekommen. Dieses Mal starb ein 52-Jähriger aus dem Ort. Er ist der siebte Tote seit 2007. Die Gemeinde kämpft engagiert für mehr Sicherheit, wird aber seit Jahrzehnten ausgebremst.

Soyen - Samstagabend, 18 Uhr. Ein 52-Jähriger aus Soyen will mit seinem Opel den Bahnübergang Seeburg (Gemeindegebiet Soyen) überqueren. Der Bahnübergang ist laut Auskunft der Polizei unbeschrankt, aber durch eine Lichtanlage gesichert. Das Fahrzeug des 52-Jährigen wird beim Einfahren auf den Bahnübergang von einem aus Rosenheim kommenden Regionalzug der Südostbayernbahn gerammt.

Die rasch am Unfallort eintreffenden Rettungskräfte, Feuerwehren, THW-ler und Hilfsdienste tun ihr Bestes. Sie können den Mann jedoch nicht mehr retten. Er stirbt noch an der Unfallstelle. Der Lokführer erleidet einen schweren Schock. Den acht Passagieren in der Regionalbahn passiert zum Glück nichts. An Zug und Auto entsteht ein Gesamtschaden von rund 100.000 Euro. Die Zugstrecke muss für die Aufräumarbeiten acht Stunden gesperrt werden.

Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022

Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022
Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022 © jre
Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022
Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022 © jre
Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022
Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022 © jre
Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022
Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022 © jre
Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022
Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022 © jre
Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022
Tödlicher Unfall bei Soyen am 19. November 2022 © jre

Soweit, so nüchtern der Unfallbericht vom Wochenende. Das tragische Unglück wäre möglicherweise zu verhindern gewesen, hätte der Bahnübergang Seeburg schon eine Beschrankung gehabt. Laut der Gemeinde hatte die Bahn von 28. Oktober bis 4. November Bauarbeiten an den zwei der drei bis dahin unbeschrankten Bahnübergängen in Soyen durchführen wollen: Buchsee und Seeburg sollten jeweils mit Halbschranken nachgerüstet werden. In Seeburg scheint das offensichtlich nicht geschehen zu sein. Ein Mitarbeiter der Polizeiinspektion Wasserburg erklärt auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen: „Wenn wir im Polizeibericht von „unbeschrankt“ sprechen, war auch keine Schranke da.“

Der Bahnübergang Seeburg bei Soyen - das Bild wurde am 20. November 2022 aufgenommen. Von einer Schrankenanlage keine Spur.
Der Bahnübergang zwischen Grasweg und Buchsee in Soyen - das Bild wurde am 20. November 2022 aufgenommen. Von einer Schrankenanlage keine Spur.

Schon 2019 hatte am Übergang Seeburg die Trockenrasen-Knotenameise geplante Bauarbeiten an einer Beschrankung im wörtlichen Sinne untergraben. Das maximal fünf Millimeter große Insekt gilt als Wirt des „Hellen Wiesenkopf-Ameisenbläulings“. Dieser Schmetterling steht auf der Roten Liste als „stark gefährdet“. Damit konnte das bei Seeburg gefundene Ameisenvolk nicht einfach weggebaggert werden. Eine Umsiedlung hätte drei Jahre Zeit in Anspruch genommen. Deshalb beschlossen die Planer der Bahn, den Standort des Schalthäuschens für die Schrankenanlage zu verlegen. Soyens damaliger Bürgermeister Karl Fischberger zeigte sich darüber sehr verärgert. Er habe sich seinerzeit intensiv vor Ort umgesehen und sogar in der Erde gegraben: „Ich habe keine Ameise gefunden. Was ist das für ein Naturschutz, der zu derartigen Blockaden führt?“

Das Bild eines Unfalls am 17. Juni 2015: Der 20-jährige Fahrer des Wagens überlebte den Zusammenstoß am Bahnübergang Seeburg in Soyen wie durch ein Wunder. Er wurde jedoch schwer verletzt.

Die Gemeinde Soyen wird von der Bahnlinie Rosenheim - Mühldorf regelrecht durchschnitten. Von acht Übergängen für Fahrzeuge waren im Jahr 2019 nur drei beschrankt. An den Bahnübergängen kam es in den vergangenen zwei Jahrzehnten ungewöhnlich häufig zu schweren Unfällen zwischen Zügen und Autos. Im Jahr 2019 hatte sich die Zahl der Todesopfer an Soyens Bahnübergängen bereits auf sechs summiert.

2007 - schwerer Unfall mit Toten macht Gefahr bewusst

Dass dringend etwas passieren muss in Sachen Sicherheit, war spätestens seit Mai 2007 allen Soyern schmerzlichst bewusst. Damals hatte am frühen Samstagmorgen der 28-jährige Fahrer eines Milchtanklastwagens den Bahnübergang Mühlthal überqueren wollen. Der Übergang war unbeschrankt, aber zumindest mit einer Blinkanlage ausgestattet. Es kam dennoch zum Zusammenstoß zwischen Zug und Lastwagen. Der Lkw-Fahrer starb, 30 Zugfahrgäste, die an diesem sonnigen Maisamstag zu einem Ausflug in die Berge unterwegs waren, erlitten zum Teil schwere Verletzungen. Der Sachschaden betrug eine halbe Million Euro. Der Bahnübergang wurde zerstört und war seitdem gesperrt.

Archivbild des Unfalls im Februar 2016: Der Mercedes eines 34-Jährigen aus Gars wurde am Soyener Bahnübergang Hörgen von einem Zug erfasst und 250 Meter weit mitgeschleift. Der Fahrer starb.

Wenigstens in Mühlthal hat die Gefahr 2020 ein Ende gefunden. Hier wurde 13 Jahre nach dem schweren Unglück eine Brücke eingeweiht. Der unbeschrankte Ersatz-Übergang Hörgen wurde geschlossen, hier war im Februar 2016 ein 34-Jähriger Autofahrer aus Gars nach einem Zusammenstoß mit einem Zug gestorben. Der Mercedes des Mannes wurde damals 250 Meter vom Zug mitgeschleift. 25 Zuginsassen wurden verletzt. Auch hier gab es eine funktionierende Lichtanlage zur Warnung vor nahenden Zügen. Auch hier war diese nicht genug, um den Unfall zu verhindern.

Soyens Bürgermeister Karl Fischbacher sagte damals: „Ein Toter ist immer ein Toter zu viel, aber dieser Unfall hätte verhindert werden können.“ Damals befand sich die Gemeinde schon in einem schier endlosen Papierkrieg mit Bahn und Behörden, um die Bahnübergänge sicherer zu machen. Am fehlenden Geld lag es seinerzeit nicht, obwohl jeder nachgerüstete Bahnübergang mit rund 900.000 Euro Kosten beziffert war, die auf Bahn, Bund und Gemeinde gedrittelt verteilt werden. Es lag damals an einer seit drei Jahren fehlenden Unterschrift aus einer externen Behörde.

Insgesamt haben seit 2007 nun sieben Menschen aus der Region an Soyens unbeschrankten Bahnübergängen ihr Leben verloren.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels stand der Satz „So liegt es im Ermessen des Fahrers, ob er eine Querung als sicher einstuft.“ Wir weisen darauf hin, dass an unbeschrankten Bahnübergängen bei rot bzw. gelb leuchtender oder rot blinkender Lichtanlage von Autofahrern zwingend angehalten werden muss. Erst nach Erlöschen des Warnlichts darf der Bahnübergang gequert werden. Weitere Informationen zum richtigen Verhalten an Bahnübergängen finden Sie hier.

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