Dr. Michael Strobelt: 50 Jahre Gymnasium Bad Aibling
„Knallrote Fensterrahmen“ und Weißwürste als Freiheitssymbol: Der erste Abi-Redner erinnert sich
50 Jahre ist es her, dass das Gymnasium Bad Aibling den Unterrichtsbetrieb aufnahm. Michael Strobelt war Schüler der ersten Stunde – und 1980 einer der 28 ersten Abiturienten. Ein Rückblick auf die Abi-Rede, prägende Persönlichkeiten und was Weißwürste mit der großen Freiheit zu tun hatten.
Bad Aibling – Für den damaligen Teenager – heute renommierter Kinder- und Jugendarzt in Bruckmühl – bedeutete die Eröffnung des Gymnasiums Bad Aibling 1974 nicht nur einen deutlich kürzeren Schulweg als bisher ins Rosenheimer Finsterwalder Gymnasium. Plötzlich waren er und seine Kameraden aus den beiden achten Klassen die „Großen“ an der Schule. Und durchlebten eine Zeit, an die er – wie er heute sagt – eine sehr gute und auch lebhafte Erinnerung hat. „Auch weil ich gerne in die Schule gegangen bin.“
Seit er vom jetzigen Direktor Michael Beer für die Jubiläumsfeierlichkeiten zu seinen Erinnerungen befragt wurde, hat der 63-Jährige vieles rekapituliert, seine Abiturrede herausgesucht – die erste, die an diesem Gymnasium je gehalten wurde –, die Abizeitung von damals, alte Zeitungsberichte... Und erinnert sich auch noch gut an die damalige Optik des Gebäudes: „Modern, mit leuchtend-knallrot lackierten Fensterrahmen, über die sich alle – auch unser Kunstlehrer Karbacher – trefflich aufregen konnten, bis sie dann im Rahmen von Baumaßnahmen irgendwann übermalert wurden.“
Herr Dr. Strobelt, wie ist es für Sie, nach einem halben Jahrhundert auf Ihre Zeit am damals neuen Gymnasium Bad Aibling zurückzublicken?
Dr. Michael Strobelt: Vieles wird wieder lebendig. Seit ich mich mit den Vorbereitungen auf das Jubiläum beschäftige, ist mir sehr bewusst, welches Privileg es war, dem ersten Abiturientenjahrgang angehört zu haben, der diesen Prachtbau damals bezogen hat. Alles war neu, alles interessant. Gemeinsam mit dem kleinen Lehrerkollegium, das am Anfang ebenso wie wir bunt zusammengewürfelt war, und Direktor Hans Schröcker, der gerade aus Südamerika zurück nach Deutschland gekommen war, bauten wir diese Schule auf. Wir älteren Schüler wurden in manche Entscheidung mit eingebunden. Zwischen Lehrern und Schülern herrschte ein guter, persönlicher Ton; jeder kannte jeden, die kalte Anonymität großer Schulen war uns fremd.
An welche Menschen erinnern Sie sich besonders aus dieser Zeit?
Dr. Strobelt: Eine sehr prägende Persönlichkeit war sicher Herbert Gornig, der in der den beiden letzten Schuljahren auch unser Kollegstufenleiter war. Aber auch Max Weißhäupl, Hausmeister der Wirtschaftsschule Alpenland, deren Schüler bis zu deren Neubau noch im Gymnasium untergebracht waren. Er und seine Frau haben auch uns Gymnasiasten sehr ins Herz geschlossen, kannten uns alle beim Namen. Leider ist er sehr früh verstorben. Auch die Schulsekretärin Frau Mürter ist mir noch in bester Erinnerung. Dazu noch Lehrernamen wie Wolter-Rössler, Kraus, Wunderlich, Wypukol-Klose, Thum, Seibeck, Weinzierl, Karbacher, Päsold, Vickers...
Es waren nur 28 Schüler, die im Jahr 1980 Abitur machten. Wie sind Ihre Erinnerungen an die Kollegstufe und das Abitur?
Dr. Strobelt: Auch das Abitur war eine Premiere für alle Beteiligten. Die Tatsache, dass die meisten Lehrer mit Kollegstufe und Abitur noch wenig Erfahrung hatten, hat sich aber sehr positiv ausgewirkt. Ebenso die Größe der Leistungskurse – damals mit nur sechs bis zwölf Kollegiaten.
Kommen bei dieser Überschaubarkeit eigentlich überhaupt noch Abi-Treffen zustande? Oder vielleicht gerade deswegen?
Dr. Strobelt: Das schon, und in der Regel alle fünf Jahre, aber diese Runden sind nicht sehr groß. Beim letzten Treffen waren wir vielleicht noch zu sechst oder zu siebt. Da muss man ja auch realistisch sein: Wir bewegen uns alle auf die Rente zu, die Schulzeit liegt sehr weit zurück. Aber wir hatten alle einen guten Draht zueinander und teilen schöne Erinnerungen – und anlässlich des jetzigen Jubiläums hat sich schon fast die Hälfte unseres Jahrgangs für ein anschließendes Klassentreffen gemeldet.
Erinnern Sie sich auch noch an den Abiturientenstreich anno 1980?
Dr. Strobelt: Es gab gar keinen Abiturientenstreich! Niemand hatte uns damals erklärt, wie das geht und wir hatten ja keine älteren Vorbilder.
Aber Ihre Abiturientenrede haben Sie bis heute?
Dr. Strobelt: Ja, die hatte ich handschriftlich bei meinen Unterlagen und habe sie jetzt zum Jubiläum erst einmal abgetippt.
Was geht in Ihnen vor, wenn Sie die Worte nach so vielen Jahren heute wieder lesen?
Dr. Strobelt: Im Mittelpunkt stand damals die Kritik an den Lehrplänen, die ich mit einem ziemlich großen Selbstbewusstsein vorgetragen habe. Darin waren wir Schüler uns im Übrigen auch sehr einig mit unseren Lehrern. Die Lehrpläne waren ungeheuer überfrachtet, in unseren Augen fast schon eine Vorwegnahme eines Studiums. Aber manches kann ich im Rückblick auch relativieren. Gerade der Bio-Leistungskurs hat mir für mein Medizinstudium zum Beispiel sehr viel gebracht.
Gibt es – außerhalb vom Unterricht – noch Begebenheiten, an die Sie gerne zurückdenken?
Dr. Strobelt: Da waren zum einen die großzügigen Räumlichkeiten samt Dachterrasse, die wir als damals einzige elfte Klasse beziehen durften. Und es war natürlich etwas Besonderes, als wir dann in der Oberstufe „rausdurften“, sprich das Schulgelände verlassen durften. Ziel war damals eine Metzgerei an der Münchner Straße, die es schon lange nicht mehr gibt. Dort gab es einmal pro Woche frisch gebrühte Weißwürste und – für die Verwegenen – auch mal ein Radler. Da kam es schon mal vor, dass wir nicht ganz pünktlich zum Unterricht wieder zurück waren.




