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Babensham, Eiselfing, Griesstätt, Schnaitsee, Unterreit

Warum gleich fünf Gemeinden im Wasserburger Land heuer ihr 1100-Jahr-Jubiläum feiern

Kreisheimatpflegerin Evelyn Pechinger-Theuerkauf erklärt, was im Jahr 924 genau los war (links: Ausschnitt des Salzburger Urkundenbuches mit Abschrift der Rihini-Tauschurkunde).
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Kreisheimatpflegerin Evelyn Pechinger-Theuerkauf erklärt, was im Jahr 924 genau los war (links: Ausschnitt des Salzburger Urkundenbuches mit Abschrift der Rihini-Tauschurkunde).

Das kann kein Zufall sein: Gleich fünf Gemeinden im Wasserburger Land feiern heuer großes Jubiläum! Was genau vor 1100 Jahren geschehen ist – und was ein „ungleicher Tausch“ damit zu tun hat, erklärt Kreisheimatpflegerin Evelyn Pechinger-Theuerkauf im Interview.

Babensham/Eiselfing/Griesstätt/Schnaitsee/Unterreit – Heuer steht für die fünf Gemeinden im Wasserburger Land ein großes Jubiläum an: Babensham, Eiselfing, Griesstätt, Schnaitsee und Unterreit werden 1100 Jahre alt. Warum diese fünf Kommunen gleichzeitig ihr Bestehen feiern, erklärt uns Evelyn Pechinger-Theuerkauf aus Rott. Sie ist Kreisheimatpflegerin für den nordöstlichen Bereich des Landkreises Rosenheim.

Frau Pechinger-Theuerkauf, warum können gleich mehrere Orte in der Region in diesem Jahr ein 1100-jähriges Jubiläum feiern?

Evely Pechinger-Theuerkauf: Die Jubiläen beziehen sich auf die Ersterwähnung der jeweiligen Gemeinden in historischen Dokumenten. Die erste Nennung erfolgte im Jahr 924 in einer Tauschurkunde zwischen dem damaligen Salzburger Erzbischof Adalbert (Odalbert) und der edlen Frau Rihini. Die genannten Orte, beziehungsweise ihre Besiedlung liegt – wie archäologische Zeugnisse zeigen – deutlich weiter in der Vergangenheit als das Datum ihrer Erstnennung.

Was ereignete sich rund um den Tausch im Jahr 924 genau?

Pechinger-Theuerkauf: Der Erzbischof Adalbert (oder Odalbert) übergab der edlen Frau Rihini 18 Orte mit ihren Kirchen und allem Zubehör aus dem Besitz des Klosters Gars. Darüber hinaus noch ein Drittelzehnt von neun weiteren Pfarrkirchen. Ein Zehnt ist eine zehnprozentige Steuer in Form von Geld oder Naturalien. Im Gegenzug überließ Rihini den Ort Seuuâ (wohl eher Soyen als Seeon) mit Herrenhof, Kirche und allem Zubehör. Ein ungleicher Tausch!

Wie wurde der Tausch dokumentiert?

Pechinger-Theuerkauf: Der Tausch wurde auf der sogenannten Rihini Urkunde im April 924 festgehalten. Solche Urkunden waren äußerst wichtige Dokumente und wurden sorgfältig gehütet. Verluste von solch wichtigem Archivgut konnten nur durch äußere Katastrophen wie Brände, Plünderungen oder Diebstahl eintreten. Das Original der Rihini Urkunde gibt es nicht mehr. Der Wortlaut allerdings ist als Abschrift im Codex Odalberti überliefert, der sich im Wiener Staatsarchiv befindet. Erzbischof Adalbert (Odalbert) ließ gegen Ende seiner Amtszeit die Schriftzeugnisse der unter seiner Regierung geschlossenen Verträge sammeln. Unter der Überschrift „Übereinkunft zwischen Erzbischof Odalbert und der edlen Frau Rihini“ ist der Tausch der Orte in der Region zu finden.

Wer waren die Personen, die ihre Ländereien getauscht haben?

Pechinger-Theuerkauf: Erzbischof Adalbert II. (Odalbert) von Salzburg lebte etwa von 875 bis 935. Er amtierte als Abt-Erzbischof von 923 bis zu seinem Tod und entstammt dem mächtigen Adelsgeschlecht der Aribonen. Vor seiner Wahl zum Erzbischof lebte Adalbert ein weltliches Leben und war mit der Frau Rihini verheiratet. Ihrer Ehe entstammen wohl sechs Kinder. Bei seinem Amtsantritt war Adalbert etwa 50 Jahre alt, ein für die damalige Zeit hohes Alter.

Die edle Frau Rihini gilt als Verwandte des Markgrafen Luitpold aus dem Geschlecht der Luitpoldinger. Die Familie hatte im 10. Jahrhundert unter Luitpolds Sohn, Herzog Arnulf, eine königsgleiche Stellung im Stammesherzogtum Bayern. Rihini gilt als Ahnfrau der Falkensteiner.

Warum wurden die Orte getauscht?

Pechinger-Theuerkauf: Die Geschichtsforschung geht davon aus, dass der Tausch von Herzog Arnulf befohlen wurde. Man kann die Anordnung vor dem Hintergrund der Ungarn-Einfälle im frühen 10. Jahrhundert sehen. Mit einer Ausnahme liegen alle 18 Orte östlich und südlich des Inns. Die Zelle Gars, zu der die getauschten Orte gehörten, besetzte einen wichtigen Flussabschnitt und war der Mittelpunkt einer grundherrschaftlichen Organisation, die an der Ostseite des Inns ausgerichtet war. Jene Ausrichtung diente auch militärischen Zwecken. Das lässt sich aus den früheren Ortsnamen ablesen und zeigt um Schnaitsee ein „militärisches Gewerbezentrum“ unter anderem mit Kolben-, Stangen- und Spießmachern. Im Jahre 927, als Herzog Arnulf mit Ungarn Frieden schloss, wurde der Tausch aus dem Jahr 924 zum Teil wieder rückabgewickelt.

Welche Bedeutung hat das Jubiläum in diesem Jahr?

Pechinger-Theuerkauf: Es ruft unsere weit zurückreichende Herkunft wieder ins Gedächtnis. Das Jubiläum hat in vielen Orten zu einer lebendigen und äußerst produktiven Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte geführt.

Ein Ausschnitt des Salzburger Urkundenbuches mit einer Abschrift der Rihini-Tauschurkunde aus dem Jahr 924.

Die Rihini-Tausch-Urkunde aus dem Jahr 924

Kreisheimatpflegerin Evely Pechinger-Theuerkauf erklärt, dass der Erzbischof Adalbert 18 Orte aus dem Besitz des Klosters Gars mit allem Zubehör an die edle Frau Rihini getauscht habe. Mit Ausnahme von Ornau, liegen alle Orte östlich und südlich des Inns: Flossing, Krems, Thal, Stadl, Wang, Reith, Tötzham, Babensham, Schnaitsee, Schönberg, Stephanskirchen, Eiselfing, Griesstätt, Viehausen, Holzhausen und Schwabering.

Zudem hatten die Kirchen in Söllhuben, Neukirchen, Pletzenkirchen, Prutting, Antwort, Endorf, Schwabering, Söchtenau und Straßkirchen laut Tauschurkunde von 924 ein Drittelzehnt zu entrichten, so Pechinger-Theuerkauf.

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