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Rückblick auf die Entstehungsgeschichte

Die „Schwitzbadstube“: Das sind die Überbleibsel der einstigen Sauna in Haag

Meist gehen die Freibadbesucher achtlos an den Glasfenstern vorüber, den letzten Zeugen der Sauna.
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Meist gehen die Freibadbesucher achtlos an den Glasfenstern vorüber, den letzten Zeugen der Sauna.

Eine Attraktion war 1943 die Sauna in Haag, die Soldaten des Wehrmachtslazaretts erbauten. Fundstücke aus 1986 und um 2010 erklären und belegen den Betrieb. Ein Rückblick auf die Entstehungsgeschichte der „Schwitzbadstube“ – und welche Überbleibsel es noch gibt.

Haag – Exakt 80 Jahre ist es her, dass die Haager eine Sauna geschenkt bekamen. Nur wenige nutzten sie, also wurde sie wieder abgebaut. Auch heute wissen nicht viele Gäste der Freibadstube, dass sie im einstigen Saunabereich sitzen.

Recht modern hört es sich an, was mit einer originalen Urkunde belegt werden kann: Der Markt Haag besaß bereits vor 80 Jahren eine öffentliche Sauna. Sie bildete 1943 die Attraktion des Freibades, das sich damals erst einige Jahre in Betrieb befand. Die „Vereinbarung“ wurde auf DIN-A3-großem Karton niedergeschrieben. Die Vorderseite zeigt einen jungen Mann, der in Dämpfe eingehüllt auf einer Bank sitzt. Auf der zweiten Seite hängt an der braunen Kordel das Wachssiegel mit Reichsadler und Hakenkreuz. Für die Gemeinde unterzeichnete Bürgermeister Julius Rößler und für das Reserve-Lazarett Haag Chefarzt Dr. Fritz Adam.

Soldaten errichten „Schwitzbadstube“

Dabei dokumentierte die Haager „Heeres-Sanitäts-Staffel, dass „genesende Soldaten“ in 30 Wochen und 4112 Arbeitsstunden auf eigene Kosten eine „Schwitzbadstube“ mit Nebenräumen errichteten, übernahmen und unterhielten. Diese befinde sich auf gemeindeeigenem Grundstück im Schwimmbad. Entsprechende Spenden hätten Verwundete des Lazaretts, das sich im ehemaligen Kloster, der heutigen Realschule, befand, und deren Angehörige aufgewandt.

Die Gemeinde verpflichtete sich, die Sauna und einen Raum im Oberstock des Anbaus dem Lazarett zur kostenlosen Nutzung zu überlassen. Nach Auflösung des Lazaretts werde die Gemeinde die „Schwitzbadstube“ unentgeltlich Wehrmachtsangehörigen zur Verfügung stellen und dafür sorgen, dass sie „in gebrauchsfähigem Zustande“ erhalten bleibt. Die in der Inventarliste aufgeführten Gegenstände blieben Eigentum des Heeres.

Die Materialliste weist Erd- und Betonarbeiten aus und den mit 1500 Ziegelsteinen gemauerten Kamin mit drei „Kamintürl“. Für den darüber liegenden Raum sind Schreiner- und Zimmererarbeiten angeführt. Die Haager durften sich aber nicht lange an ihrem „Schwitzbad“ erfreuen. Während der Neuorientierung und materiellen Not nach dem Zweiten Weltkrieg war ihnen das Bad weniger wichtig. So kümmerte sich niemand mehr um die „Schwitzbadeinrichtung“. Auch die Gemeinde schien ihre vertragliche Verpflichtung vergessen zu haben, da die Haager Sauna plötzlich verschwunden war.

Historische Fundstücke aus der Sauna

43 Jahre nach Errichtung, 1986, fanden Gemeindearbeiter bei Sanierungsarbeiten an der Uferbefestigung der 50-Meter-Bahn merkwürdige, fast fußballgroße Kugeln aus Ton mit je zwei Löchern. Zur Klärung holte man Historiker Rudolf Münch, der die circa 40 Fundgegenstände als „Schwitzbadkugeln“ der einstigen Haager Sauna identifizierte. Er kannte auch den technischen Ablauf: Die Kugeln seien in eine Glut gelegt und auf mehrere 100 Grad erhitzt worden. Dann habe man sie mit Zangen an den beiden Löchern heraus genommen und mit Wasser übergossen. Das habe den Dampf für die Sauna gebracht. Von den Kugeln nahm Münch zehn unversehrte, die im Museum des Haager Geschichtsvereins im Schlossturm zu bewundern waren.

Ein wahrer Glücksfall führte die verschwundenen originalen Fensterbilder nach Haag zurück. Michael Holzner, der zu den freiwilligen Freibadsanierern zählte, wusste von der Einrichtung. Schon unter Bademeister Heinz Kastner aber war die einstige Sauna zu einem unbenutzten Raum verkommen: „Da war nichts mehr zu erkennen.“

In der Nähe von Rott legte der Haager Thomas Lentner geschäftlich unterwegs eine Mittagspause ein. Dort sah er beim Wirt diese „Fenster“ herumliegen. Sie gefielen ihm, er verhandelte kurz und kaufte sie. Zuhause fiel ihm der Schriftzug „Heeres-Sanitäts-Staffel“ Haag auf. Gemeinsam mit Holzner untersuchte er sie genauer und stellte sie dem eben renovierten Freibad als „Beitrag zur Entstehungsgeschichte“ zur Verfügung. 2010 bauten Bauhofmitarbeiter diese ein. In der angebrachten Form sind sie schön anzuschauen, aber nicht jedem verständlich. „Damit kann keiner was anfangen“, so Holzner. Eine erklärende Tafel dazu fehlt immer noch.

xy/MN

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